Mercedes Benz 560 SEC (C 126): So viel Benzin brauchen Klassiker
So viel verbrauchen Oldies wirklich

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Legenden ranken sich um den Verbrauch von Oldtimern. Wie viel Sprit schlucken Klassiker wirklich? Der Klassiker-Verbrauchstest zeigt Autos mit geringem Verbrauch und enttarnt spritsaufende Oldies.
Bild: Roman Raetzke / AUTO BILD
Um den Spritverbrauch von Klassikern ranken sich Legenden. Die offiziellen Verbrauchswerte der Hersteller sind schon Jahrzehnte alt. Wie sie einst gemessen wurden, ist heute nicht immer nachvollziehbar.
Wer die Oldiebesitzer fragt, bekommt oft eine geschönte Antwort, denn am Stammtisch sitzen die Tiefstapler. Doch trotz überschaubarer Genusskilometer ist der Verbrauch auch bei Klassikern ein Thema. Weiter unten finden Sie einige Beispiele.

Volvo 850 R (Bj. 1996): Testverbrauch 9,9 Liter.
Bild: Christian Bittmann / AUTO BILD
Volvo 850 R: Sanfter Gasfuß wird belohnt
Böse Zungen behaupten, der Volvo 850 R (1995-96) sei die Rache altgedienter Volvo-Ingenieure für die Umstellung auf Frontantrieb gewesen. Tatsächlich zeigt der Göteborger Kombi-Kracher mit seinem provokanten Leistungsüberschuss die Grenzen dieser Bauart auf: Wenn im Overboost-Modus kurzzeitig das volle Drehmoment über die Vorderachse herfällt, ist an Traktion genauso wenig zu denken wie an einstellige Verbrauchswerte.
Für den rauchig röhrenden Fünfzylinder, in der Automatikversion von 250 auf 226 PS gedrosselt, gilt die Formel "Turbo läuft, Turbo säuft". Wie viel feines Super er sich reinzieht, hängt in starkem Maß vom Gasfuß ab. Der moderate Testverbrauch von 9,9 Liter/100 km kam bei zahmer Fahrweise im norddeutschen Flachland zustande. Wer das Pedal mit Thors Hammer verwechselt, hat ihn rasch verdoppelt.

VW Scirocco GL (Bj. 1979): Testverbrauch 7,5 Liter.
Bild: Kai-Uwe Knoth
Seit Frühjahr 2019 spult der kolibrigrüne Scirocco bei AUTO BILD KLASSIK Dauertest-Kilometer ab. Dienstreisen führen ihn oft über die Autobahn, wo der 85 PS starke 1,6-Liter-Vierzylinder schon bei 120 km/h 4500-mal pro Minute dreht. Ein fünfter Gang fehlt, das erklärt den relativ hohen Schnitt von 8,9 Litern/100 km über die bisher gefahrene Distanz.
Im gemischten Betrieb wird dieser Wert problemlos unterboten. Auf unserer "Normrunde" gab sich das 807 Kilo leichte Coupé mit nur 7,5 Litern zufrieden, angesichts der flotten Fahrleistungen ein vorzeigbarer Wert. Ein Handicap beim Spritverbrauch bleibt jedoch der Vergaser, wie der Vergleich mit der Einspritzversion GLi zeigt, die wir zu einem früheren Zeitpunkt getestet haben. Der 110 PS starke 1600er mit K-Jetronic verbrauchte seinerzeit 6,2 Liter – nochmals 1,3 Liter weniger!

Mercedes 560 SEC (Bj. 1988): Testverbrauch 13,7 Liter.
Bild: Roman Raetzke / AUTO BILD
Mercedes 560 SEC (C 126): Aus dem Vollen schöpfen kostet
Kollege Lars, dem der 560er gehört, dämpft vor der Testfahrt unsere Erwartungen: 16 bis 18 Liter Verbrauch seien zu erwarten, weniger als 15 hält er für utopisch. Sein Mercedes-Coupé war schließlich nicht als Spritsparmodell konzipiert, sondern das Flaggschiff des Hauses und einst Deutschlands teuerster Serien-Pkw. Zudem ist es kein Leichtgewicht: Die Waage zeigt fast 1800 Kilo, und ein 5,6-Liter-V8 läuft nicht mit Luft und Liebe.
Wie in der 126-Limousine arbeitet der Hubraumriese M 117 mit einer vierstufigen Automatik zusammen. Im Vergleich zum 500er wurde auch hier die Achsübersetzung kürzer gewählt (2,65 statt 2,24). Das bringt bissigere Beschleunigung, ist Drehzahlniveau und Verbrauch aber nicht förderlich; entsprechend deutlich weichen auch die Werksangaben (14,4 bzw. 12,4 Liter/100 km) voneinander ab. Aber wer 1988 inklusive Extras 154.447,20 Mark für ein Auto übrig hatte, war an der Zapfsäule sicher kein Pfennigfuchser. Zu Lars’ Überraschung kommen wir tatsächlich unter 15 Liter/100 km. 13,7 sind, wenngleich für einen solchen Luxusliner angemessen, aber auch nicht gerade wenig. Aus dem Vollen schöpfen kostet nun mal, und der zweitürige 126 gilt nicht umsonst als der Champagner unter den Coupés der 80er. Vielleicht sagen Liebhaber auch deshalb "Sseck" zu ihm.
So haben wir getestet
Die AUTO BILD KLASSIK-Testrunde enttarnt auch angeblich sparsame Hubraumriesen. Jedes Auto musste die gut 155 Kilometer langen Normrunde nordöstlich von Hamburg absolvieren, das sind reproduzierbare Bedingungen. Die Testrunde besteht zu etwa gleichen Anteilen aus Stadtverkehr, Landstraße und Autobahn. Vor und nach der Testfahrt wurde der Tank akribisch bis zum Rand gefüllt und dann aus der verfahrenen Spritmenge der Schnitt errechnet.
Mit Rücksicht auf das Alter der Oldies ersparten wir ihnen auf Autobahnabschnitten ohne Tempolimit das Vollgas: Nur 70 Prozent der möglichen Höchstgeschwindigkeit wurde abgefordert. Das schont die Technik und entspricht auch der Art und Weise, wie Old- und Youngtimer in der Praxis bewegt werden. Um sicherzustellen, dass technisch alles okay ist, wurden die Probanden vor der Testfahrt gründlich durchgecheckt: Kompression, Vergasereinstellung, Ventilspiel, Reifendruck. Nach dem Okay der Werkstatt ging's auf die Piste – mit teils überraschenden Ergebnissen! In der Galerie zeigt AUTO BILD die sparsamsten und die durstigsten Klassiker!
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