Auf der Techno Classica Essen 2015 zeigen sich erstaunlich wenig Pagoden, dafür sind viele offene Audi zu sehen – und jede Menge schamlos teure 911er. Ein Messerundgang.
Borgward links, BMW rechts, und über allem schwebt der ein Golf.
Die Techno Classica Essen (15. - 19. April) ruft – und alles kommt, was in der Oldtimerszene Rang und Namen hat. Wie jedes Jahr. Denn auch 2015 grüßt wieder das Murmeltier: 190.000 Besucher laufen sich auf 120.000 Quadratmetern die Füße platt und suchen unter 1250 Ausstellern nach den Klassikern ihrer Träume. Überraschend selten zu sehen diesmal: der Mercedes 300 SL Flügeltürer, die mittlerweile rund eine Million Euro teure Legende. Auch die Pagode macht sich rar. Außerdem sieht es ganz danach aus, dass beim SL der 1960er-Jahre das unlängst weit über die 100.000 Euro-Marke hochgejazzte Preisniveau von der Realität eingeholt wurde: Die meisten Autos bleiben mittlerweile, wenn auch knapp, unter der Schamgrenze zum sechsstelligen Bereich – im Gegensatz zum Porsche 911, der ungebremst teurer zu werden scheint.
Verhalten mischen sich unter das Dauerrauschen aus Chromglanz und Edelrost ein paar bodenständige Jubiläen: ein wenig 60 Jahre DS hier, ein Quäntchen 40 Jahre VW Polo da. Daneben zeigen die Hersteller Auszüge aus ihren bunten Sammlungen: Bei Audi gibt es vom NSU Wankel Spider über den Karmann-Prototyp eines Audi 100 Cabrios bis zum TT Roadster viel Offenes zu sehen. Etwas konstruiert wirkt, wie Mercedes-Benz die hauseigene Entwicklung von Aerodynamik und Design nachzeichnet, Stichwort Stromlinien-Kultur. Die beginnt mit dem 200-PS-Blitzen-Benz von 1909 und reicht über den 2,5-Liter-Stromlinienrennwagen W 196 R von 1954 zum Mercedes-Benz E 500 (W 124). Der bisherige Schlusspunkt: der aktuellen CLA 45 AMG Shooting Brake. Ja, Neuwagen gibt es in Essen auch zu sehen, aber erfreulich wenige.
Himmlisches Gefährt: Papamobil auf Seat Marbella-Basis Pabst-Besuch in Spanien 1982.
Bei den Clubs stehen die essenziellen Fragen des Klassikerlebens auf dem Programm – und manchmal sogar auf der Stand-Dekoration: "Restaurieren oder im Originalzustand belassen?", lautet hier die Frage. An einem welken VW Bulli hängen Frage und Stift nebeneinander, Abstimmung per Strichliste durch die Besucher. Ergebnis nach dem ersten Messetag: so lassen. Wie wohl das Endergebnis ausfallen wird?
Auf dem Opel-Stand wartet ein besonderes Auto: Die Studie CD von 1969. Nur 1,11m flach.
Auch dieses Jahr werden einige Jubiläen begangen. Die Autostadt in Wolfsburg feiert ihr 15-jähriges Bestehen und zeigt interessante Auto-Paarungen zum Thema "Beziehungskisten". Der Porsche-Stand steht unter dem Motto "30 Jahre Porsche 959". Bei Opel wird 50 Jahre Konzeptfahrzeug gefeiert: besonderes Fahrzeug auf dem Stand ist der Opel Experimental GT aus dem Jahr 1965. Gleich daneben ein spacige Studie von 1969: Der Opel CD, voll verglast und nur 1,11 m flach.
Preise drängen nach oben
Dieser 959 sucht einen neuen Besitzer – für 1,2 Mio. Euro
Bei den meisten Händlern gilt: business as usual. Die Preise kennen meist nur eine Richtung: Immer schön nach oben. Während an manch überteuertem Jaguar E-Type schon nach wenigen Stunden ein "Verkauft"-Schild prangte, sind auch wieder ein paar alte Bekannte da, die sich im letzten Jahr offenbar als Ladenhüter erwiesen. Neu am Start: ein Porsche 959, Baujahr 1988, belegbare Historie, nur 7500 Kilometer auf dem Zähler. Er soll für 1,2 Millionen Euro den Besitzer wechseln. Auf den Geschmack gekommen? Bis zum Sonntag können Sie auf der 27. Techno Classica in Essen noch schauen, träumen und Ihre großen Scheine zählen.