Mit dem Ford Taunus 17M P3 auf der Bäderstraße
Pack die Badewanne ein

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Für die Strecke zwischen Rügen und Rheinsberg gibt es das perfekte Auto: die "Badewanne". So taufte der Volksmund einst den Taunus 17 M P3. Ein nostalgischer Trip in Fords legendärer Reiselimousine der 60er.
Wind treibt Segelboote über die Ostsee und frierende Urlauber über den Strand. Im Gehen reiben sie sich kaltes Wasser von der Haut, waschen und streifen so Alltagsärger und Sorgen ab. Dann sinken sie entspannt in einen der zahlreichen Strandkörbe. Wenn Deutschland ein Haus ist, dann ist Rügen sein kühles, erfrischendes Badezimmer. Zum Badezimmer führt eine Art Flur, die Bäderstraße. Heute ist sie der nördlichste Teil der Deutschen Alleenstraße zwischen Rügen und der Strelitzer Seenplatte bei Rheinsberg (Brandenburg). Vor allem an ihren Enden macht die Strecke ihrem Namen alle Ehre, denn es gibt vor allem eins: Wasser. Dazwischen liegen gut 250 Kilometer, an denen sich allenfalls kurze Stopps lohnen. Die Tour ist ideal für den Ford Taunus 17 M P3, eine der beliebtesten Reiselimousinen der 60er-Jahre. Bequeme Sitzplätze, vier Türen sowie ein riesiger Kofferraum mit reichlich Platz für Gepäck und Liegestühle. Wind findet am ebenen Blech wenig Angriffsfläche, Heck und Front sind rundlich. Verglichen mit den klobig-wuchtigen Karosserieformen seiner Zeit, wirkte der schlanke Taunus damals wie eine langgezogene Badewanne.
"Badewanne" alias "Liebesschaukel"

Mit dem Kapitalismus kam auch ein wenig Kleinkariertheit

Wer Leucht- und Schinkel-Turm sehen will, muss kilometerweit laufen oder eine kitschige Bimmelbahn nehmen und zur Strafe über einen Ramschmarkt laufen. Zu Zeiten der Ford-Badewanne war das sicher anders. Auf der Bäderstraße aber ist der Weg das Ziel: Durch die geöffneten Fenster strömt frische Luft, die nach Raps und Sommer riecht. Reiseeindrücke, die heute jede Klimaanlage kaputtfiltert. Appetit auf Fisch? Den gibt es im Norden und Süden der Bäderstraße reichlich. Rund um Rheinsberg empfehlenswert: Plötze. Der grätenreiche, aber leckere Fisch war zu DDR-Zeiten kaum zu bekommen, erlebte aber nach der Wende eine Renaissance. Grund: Den nötigen Grätenschneider gab es nur im Westen.
Der Ford 17 M "Badewanne"
Der Ford Taunus 17M P3 lief von 1960 bis 1964. Seine Technik stammte vom Vorgänger 17 M P2, die Form dagegen war revolutionär. Die ovalen Scheinwerfer waren eine Weltneuheit, die weit hochgezogene Windschutzscheibe galt damals als Fortschritt. Ford wollte mit der Badewanne beweisen, dass seine Designer nicht nur die barocke Formensprache des US-Mutterhauses beherrschten. Die progressive "Linie der Vernunft" sorgte für viel Platz in Innen- und Kofferraum und wenig Luftwiderstand. Technische Daten: Vierzylinder-Reihenmotor • Fallstromvergaser (Solex) • Hubraum 1498 cm3 • Leistung 40 kW (55 PS) bei 4250/Umin • Heckantrieb • Drei- oder Viergang-Lenkradschaltung • Länge/Breite/ Höhe 4452/1670/1450 mm • Radstand 2630 mm • Reifen 5,90–13 • Radgröße 4 J x 13” • Leergewicht 960 kg • Höchstgeschwindigkeit 136 km/h • Verbrauch 9,5 Liter/ 100 km (Werksangabe) • Preis: 7235 Mark (1964).
Das ist die Bäderstraße

Infos und Adressen
Besichtigen Eisenbahn- und Technikmuseum Rügen: Mehr als 30 Oldtimer, außerdem eine Modelleisenbahn, gelegen am Bahnhof Prora. Telefon 038393-2366. Rasender Roland: Bäderbahn auf Rügen zwischen den Orten Lauterbach, Putbus, Binz, Sellin, Baabe und Göhren. Dampflokbetrieb. Prora: 4,5 Kilometer langer, zusammenhängender Ferienkomplex aus der Nazizeit. Nur wenige Teile der nie vollendeten Anlage sind noch halbwegs intakt. Übernachten Hotel Vier Jahreszeiten Binz: Einzelzimmer ab 100 Euro, Doppelzimmer ab 130 Euro (jeweils Hauptsaison). Last-Minute-Angebote erhältlich. Romantik-Hotel Borchards Rookhus, Wesenberg: Einzelzimmer ab 95 Euro, Doppelzimmer ab 120 Euro (Hauptsaison). Abendessen auf dem Romantik-Floß.
Deutsche Strecken entdecken: mit dem Mercedes 450 SEL 6.9 über die Burgenstraße.
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