So leicht wie ein BMW 3.0 CSi oder Fiat 130 Coupé hatte es der Commodore GS/E im Leben nie. Während die Luxus-Coupés als Klassiker zur Welt kamen, musste der Opel alle Tiefen eines Autolebens durchfahren: im Alltag verschlissen, von Tunern verschlimmbessert und zum Schluss gnadenlos verheizt. Typisch Opel. Schade. Denn der Blick nach links zeigt: Das Commo Coupé trägt elegante, feine Linien, durchaus auf Augenhöhe mit BMW und Fiat. Doch unter dem Blech sind Opels Maschen einfacher gestrickt. Volkstümlicher, irgendwie Rekord-verdächtig. Kein Wunder: Schließlich trägt der Commo die Kleider seines Mittelklasse-Bruders auf.

Commodore B GS/E Coupé: ein Sportwagen für die ganze Familie

Opel Commodore B GS/E
Ein wunderschöner Opel. Seine grazile Coupé-Form hätte auch einem BMW sehr gut gestanden.
Also: Rüsselsheimer Barock statt italienischer Designer-Möbel, Eiche rustikal statt Mahagoni massiv, garniert mit einem Handschuhkastendeckel aus nacktem Blech. Na und? Dafür gibt es breite, bequeme Sitze. Ganz auf Komfort getrimmt. Hier versinkt der Fahrer so tief wie in seinem Lieblingssessel vor dem Kamin. Kuschelig und schwammig umschmeicheln die Schaumpolster ihre Insassen. Seitenhalt? Wozu? Im Grunde seines Herzens ist der wilde Opel ein Freund der Familie. Platz für vier samt reichlich Gepäck im zerklüfteten Kofferraum. Und damit auf den Rücksitzen genug Beinraum bleibt, wurden Fahrer und Beifahrer von den Ingenieuren weit nach vorn gerückt, sitzen mit den Köpfen fast unter der schrägen Frontscheibe. Sitzriesen liegen deshalb fast im Fahrersitz – früher galt das als sportlich.

Der Commo stürmt davon

Und sportlich wollte der Commodore ja auch sein. In den Kleidern des Biedermanns Rekord steckt nämlich ein Brandstifter erster Güte: Sechszylinder in Reihe, 160 PS. Die Fahrleistungen des 1973er Commo: 10,5 Sekunden von null bis 100. Und die kurze Achsübersetzung, von einem der Vorbesitzer eingebaut, verhilft dem Hessen zu spektakulären Zwischensprints. Zwei Nachteile bringt das mit sich: Der Fahrer muss fleißig am ellenlangen Schalthebel arbeiten. Der Sechszylinder erhebt laut seine Stimme, weil er immer zu hoch dreht. Und ein Klangerlebnis à la BMW und Fiat bietet das Commo-Sixpack nicht. Sein Sound wechselt zwischen Winseln, Näseln und Rauschen – typisch für einen 70er-Jahre-Opel.

Rustikales Fahrwerk

Genau wie das hölzerne Fahrwerk, das beim Überrollen von Fahrbahnflicken, Gullydeckeln und Schlaglöchern unbeholfen poltert. Und wehe, wenn die starre Hinterachse in einer Kurve versetzt – dann bekommt der Fahrer beide Hände voll zu tun. Schnell gegenlenken, sonst endet die Fahrt achtern voran. Schließlich kommt der Commodore, genau wie BMW und Fiat, ohne ESP, ABS etc. Elektronische Fahrassistenten waren in den 70ern noch kein Thema. Lustig wird es für die Passagiere auf lang gezogenen Bodenwellen. Hier schaukelt der Oldie-Opel nett in seinen Schraubenfedern. Aber Commo-Fahrer sollten auf jeden Fall einen Hang zur christlichen Seefahrt mitbringen. Sonst fühlen sie sich hinter dem Steuerrad nicht wohl. Gefühl für die Fahrbahn vermittelt die Servolenkung kaum. Die Kosten: Machen wir es kurz: Verbrauch hoch, Steuer und Versicherung niedrig. Wertverlust? Den hat der Commo lange hinter sich.

Fazit zum Opel Commodore B GS/E Coupé

Willkommen im Club. Auch der Opel Commodore GS/E, einst als wilder Kerl verschrien, zeigt eher Talente Richtung Reise-Coupé. Lange Autobahnetappen sind sein Revier, nicht die engen, kurvenreichen Landstraßen. Insgesamt wirkt der Commo viel volkstümicher als die anderen. Er kann seine Abstammung vom Rekord nie verbergen.

Klassik-Test Fiat 130 Coupé

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Von

Andreas Borchmann