Opel setzte in den 60ern auf Autobau nach Ami-Art. Der Erfolg war einmalig: In vier Jahren bauten die Rüsselsheimer den sechszylindrigen Kapitän 145.000-mal – sensationell für eine Oberklasse-Limousine.
Bild: T. Bader
Natürlich erreichten Opels große Modelle nie den Nimbus eines Mercedes, waren entfernt von der Exklusivität eines Borgward oder der Eleganz eines Fiat. Ja, lästert doch über die Neureichen der Nachkriegsjahre, die Metzger oder Handelsvertreter, die Opel Kapitän fuhren. Aber Adams 1862 gegründete Nähmaschinen-, spätere Fahrrad-, Kühlschrank- und Auto-Fabrik Opel hatte eines: Erfolg! Und zwar in allen Klassen. Und in allen Ländern.
Innovationsfreie Lösungen wie die hintere Starrachse an Blattfedern waren gut genug für den Opel Kapitän P.
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Unser Testwagen etwa erlebte seine Jugend in Dänemark, die lustigen Blinkerwarzen an den Kotflügeln erinnern daran. Autos waren teuer dort, deshalb war Schmalhans Zahlmeister. Sitzbank: starre Lehne und nur im Ganzen verschiebbar (wie im Mercedes 220 b auch). Die Lenkung: furchtbar indirekt mit vier Umdrehungen, Servohilfe gab es auf Wunsch erst ab 1962. Der suchende Blick bemerkt weiter: keine Haltegriffe am Dach, nur zwei Kleiderhaken. Der Blick auf den Kofferdeckel erklärt: Kein großes L prangt dort, wie bei uns meist üblich. Doch so sparte der Käufer des Standard-Kapitän 700 Mark. Ist das bei einem alten Opel wichtig? Beim Griff zum Schlüssel zündet sie in jeder Hinsicht, die viel wichtigere, legendäre Zuverlässigkeit: Der lahme Sechs-Volt-Anlasser schafft es schabend, die sechs Zylinder zu wecken.
Was braucht der Käpt’n eines Kapitän mehr: klarer Bandtacho, eine Uhr sowie Tank- und Temperaturanzeige.
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Natürlich ist Opels Großer kein Sportwagen, er braucht den ersten seiner drei Gänge gerade mal zum Anfahren. Den Zweiten kann man sich sparen, denn schon ab Tacho 30 zieht der elastische Motor den Kapitän im Dritten wie am Gummiband auf 150 Spitze. Eine riesige Leistung für ein riesiges Auto, mit 4,83 Meter Länge ist der Kapitän der Zweitgrößte in unserem Vergleichstest. Die ab 1960 angebotene Hydramatic als Option für Schaltfaule hätte sich Opel sparen können. Zum Charme des Kapitän gehört die weich wogende Gemütlichkeit, die er noch immer kultiviert. Der große Opel cruist, wo andere fahren. Er säuselt, wo andere röhren. Und er protzt ein wenig mit der Wucht des Designs, wo andere tiefstapeln. So waren die Amerikaner, deren Lebensart und Fahrkultur die Hessen unter GM-Regie kopierten. Damals zeitgemäß und erfolgreich, dann wurde die Leine immer kürzer, der Erfolg ließ nach. Doch 1960 war die Welt der Kapitäne noch in Ordnung: Opel bot viel Auto fürs Geld, einen Sechszylinder für nicht einmal 10.000 Mark. Ohne L, aber mit einem Hauch von L.A., selbst wenn er nur durch Laasphe oder Landshut fuhr.