Porsche 911 Turbo (964)
Es liegt was in der Luft

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Schräge Klänge ertönten 1990 aus dem Porsche-Lager: Zuffenhausen zoffte sich, Kunden übten Kritik. Zum Glück war da ja noch der 964 Turbo, die alte neue Spitze der Elfer-Nahrungskette.
Krisenstimmung in Zuffenhausen: Porsche steht 1990 mit dem Rücken zur Wand, ein neuer Chef muss es richten. Durch Fehlinvestitionen in unrealisierbare Autos wie den Panamera-Vorgänger 989, Fehlbesetzungen im Vorstand und Krach zwischen Familie und leitenden Angestellten war Porsche mächtig ins Straucheln geraten. Eine rettende Volkswagen-Mutter stand den Schwaben seinerzeit nicht zur Seite, Porsche musste es allein wuppen. Die Situation war verfahren. Und mitten in die Krise platzt der neue 911 Turbo. Es gab da die wassergekühlten Frontmotor-Autos mit vier und acht Zylindern, die zwar populären, aber nicht mehr taufrischen Typen 924, 944 und 928. Die Kundschaft mochte die sympathischen wie soliden Transaxle-Sportler, aber das große Geld wurde mit der Firmen-Ikone verdient. Es war wie immer: Alles hing am Elfer.
Turbo, der erste: Porsche 911 Turbo (930)

Seit 1990 serienmäßig mit zweifachem Airbag: das klassische Elfer-Cockpit.
70.000 Mark für 20 PS mehr

Der Turbo: 320 PS, in 5,0 Sekunden von Null auf Tempo 100, Spitze 270 km/h, 178.500 Mark.
Porsche-Volltreffer
Und im Rückspiegel klingen solche Rechenbeispiele nach Krämerseele. Heute muss ein 997/2 Turbo alles können, muss Tempo 300 fahren und unter zwölf Liter Super verbrauchen, muss bequem und kompromisslos rennstreckengeeignet sein. 1990 durfte der 911 Turbo den Rocker geben, wild und unvernünftig tun, durfte rauchen und saufen. 20 Liter Super waren schnell mal durch, keiner beklagte sich. So gefährlich wie der Ur-Turbo war der Turbo II natürlich nicht mehr, trotzdem war es wie immer: Der Mythos 911 Turbo verkaufte sich selbsttätig. Innerhalb kürzester Zeit war die Produktion eines Jahres ausverkauft, allen Mondpreisen zum Trotz.
911 Turbo II: noch stärker, noch schneller

Nicht nur Turbo-Merkmal: Den massiven Heckflügel gab es optional auch für den Carrera (Werks-Turbo-Look).
Historie

So fing alles an: 1974 kam der erste 911 Turbo mit 260 PS, den nur Kurven-Künstler bändigen konnten.
Technische Daten
Porsche 911 Turbo (964)
Sechszylinder-Boxermotor, Turbolader, im Heck längs eingebaut • oben liegende Nockenwelle über Duplexkette angetrieben, zwei Ventile pro Zylinder, KE-Jetronic Einspritzung • Hubraum 3299 ccm • Leistung 235 kW (320 PS) bei 5750/min • max. Drehmoment 450 Nm bei 4500/min • Fünfgangschaltgetriebe • Hinterradantrieb • Einzelradaufhängung an McPherson-Federbeinen vorn, an Schräglenkern hinten • Reifen 205/50 ZR 17 vorn, 255/40 ZR 17 hinten • Radstand 2272 mm • Länge/Breite/Höhe 4250/1775/1310 mm • Leergewicht 1470 kg • 0–100 km/h in 5,0 s • Spitze 270 km/h • Verbrauch 13,3 l Super/100 km • Neupreis 1990: 178.500 Mark
Sechszylinder-Boxermotor, Turbolader, im Heck längs eingebaut • oben liegende Nockenwelle über Duplexkette angetrieben, zwei Ventile pro Zylinder, KE-Jetronic Einspritzung • Hubraum 3299 ccm • Leistung 235 kW (320 PS) bei 5750/min • max. Drehmoment 450 Nm bei 4500/min • Fünfgangschaltgetriebe • Hinterradantrieb • Einzelradaufhängung an McPherson-Federbeinen vorn, an Schräglenkern hinten • Reifen 205/50 ZR 17 vorn, 255/40 ZR 17 hinten • Radstand 2272 mm • Länge/Breite/Höhe 4250/1775/1310 mm • Leergewicht 1470 kg • 0–100 km/h in 5,0 s • Spitze 270 km/h • Verbrauch 13,3 l Super/100 km • Neupreis 1990: 178.500 Mark
Plus/Minus
Auch der 911 Turbo II ist ein Porsche im klassischen Sinne: perfekt in Form, sehr solide gemacht und darüber hinaus enorm leistungsstark. Ob es ein Modell mit 3,3 oder 3,6 Litern sein soll, ist letztlich eine Preisfrage – das Angebot ist da, und der Mythos des luftgekühlten Elfers hält die Kurse trotz Krise in der Höhe. Zusätzlich attraktiv macht den 964 Turbo, dass er trotz wilder Veranlagung durchaus über komfortable Züge verfügt und sich dafür nicht mehr schämen muss. Im Gegensatz zu seinen lange Zeit gering geschätzten Sauger-Brüdern war der Turbo II seit jeher ein Liebhaberstück, das in Anschaffung und Wartung viel Geld kostet. Bei 40.000 Euro beginnen heute seriöse Offerten für einen 964 Turbo 3.3, darüber hinaus sollte immer Geld für kostspielige Reparaturen und adäquate Pflege vorhanden sein. Dann kann sich der Käufer allerdings auch ziemlich sicher sein, dass er seine Investitionen beim Verkauf auch wiedersieht.
Marktlage
Obwohl der 911 Turbo II nicht lange auf dem Markt war, ist er heute problemlos zu haben. Das Angebot reicht von ordentlich gepflegten Gebraucht-Elfern bis zu verhätschelten Sammlerstücken. In der Regel dotiert der 964 Turbo 3.6 höher als das frühere Modell. Wichtiger als die reine Laufleistung sind der Allgemein-Zustand und eine nachvollziehbare Vita. Porsche-Anfänger und technisch Unbedarfte seien jedoch gewarnt: Nicht alles, was wie ein Turbo aussieht, ist auch einer. Ab Werk konnten Modelle mit Saugmotor im attraktiven Turbolook geordert werden – da stimmen Aussehen und Fahrwerk, aber der Turbo fehlt.
Ersatzteile
Ein Porsche 911 der frühen 90er-Jahre ist voll verzinkt und von hoher Qualität – das ist die gute Nachricht. Ersatzteile aber sind bei Porsche sehr teuer. Wann immer möglich, sollte der Weg zu freien Händlern oder zum Internet-Auktionshaus führen. Einiges passt von den weiter verbreiteten C2- und C4-Versionen, aber wehe, es kollabieren spezielle Turbo-Teile. Daher: Beim Kauf unbedingt auf Zustand, Vollständigkeit und Funktion aller Komponenten achten.
Empfehlung
Die Preise für gute 964 Turbo ziehen längst wieder an, dennoch bleibt der Spaß halbwegs erreichbar. Nur wie lange noch? Ernsthafte Interessenten sollten deshalb bald zuschlagen. Wer auch ohne die aufgeladene Technik auskommt, der kann mit einem Elfer im Werksturbolook (WTL) glücklich werden. So ein Elfer ist billiger als ein echter Turbo, sieht ebenfalls unverschämt gut aus und ist sogar als Cabrio-Version erhältlich.
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