Test und Tipps: Citroën SM kaufen?
Franzosen-Diva mit Schreckens-Image

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Majestätischer Sensationssportwagen oder Malheur? Der Citroën SM lebt in einem Spannungsfeld: Form und Technik faszinieren, die Kosten machen Angst. Doch korrekt gewartet ist der SM solider als sein Ruf.

Die Hydropneumatik, seit 1955 bei Citroën im Einsatz, sorgte für ein erlesenes Fahrverhalten.
Ungeahnte Schwächen
Doch als die französische Presse 1970 dem neuen großen Citroën den Ehrentitel "La reine de la route" verlieh und selbst nüchterne Tester mit deutscher Ingenieur-Ausbildung im Citroën SM die Zukunft des Automobils zu sehen glaubten, ahnten sie alle noch nichts von dessen Schwächen. Vom überempfindlichen Maserati-Motor und den überforderten Mechanikern, die im Zusammenspiel erst den Ruf und dann die Technik ruinierten. Heute wissen wir: Nur der Plan, nach dem der SM entworfen wurde, war perfekt, die Ausführung wies Mängel auf. Dabei schien er narrensicher. Die Traumfabrik Maserati, deren Aktienmehrheit Citroën Ende der 60er-Jahre übernommen hatte, würde den Motor entwickeln, die überlegene Hydropneumatik und eine revolutionäre Form kämen aus Frankreich. Das musste doch grandios werden. Und alles geschah mit großer Attitüde. Citroën wollte den Glanz seines wegweisenden Typs Tracion Avant 15 CV "le Six" mit Sechszylindermotor wiederbeleben und damit dem Land einen würdigen Grand Roleur, einen zeitgemäßen Luxuswagen bescheren.
Deutsche Tester vergleichen SM mit Mercedes 600 (W 100)

Ovales Lenkrad und kommode Klubsessel waren Serie, der ebenso der luxuriöse Lounge-Charakter des SM.
Den Alltagstest vergeigt

Die Form sorgte für Aufsehen und die ausgereifte Hydropneumatik für überlegene Fahrwerkqualitäten.
Bewundert, aber unverstanden
Es half nichts, dass zum Modelljahr 1972 von Weber-Vergasern auf Bosch-Einspritzung umgestellt und noch ein Jahr später eine Dreiliter-Version mit 180 PS und Vollautomatik ins Programm gehoben wurde. Es ging nicht um ein paar PS mehr, sondern um Verlässlichkeit. Ölkrise, Tempolimit, der neue Besitzer Peugeot: Am Ende waren alle gegen den SM, die letzten etwas über 100 Exemplare des Jahres 1975 ließen sich kaum noch verkaufen. Die Frage nach dem "Was bin ich?" konnte zu keiner Zeit beantwortet werden: Sportwagen oder fliegender Teppich? Und wer sollte ihn kaufen? Im Grunde genommen ist es ein halbes Jahrhundert später nicht anders: Viele bewundern den SM, doch nur wenige verstehen ihn. Obwohl er noch immer in der Preis- und Leistungsklasse von Porsche und Mercedes-Benz-Coupés spielt, blieb er ein GT für Genießer und Ästheten, die nicht nach einem Alltags-Klassiker, sondern einem Gesamtkunstwerk suchen. Einfach nur fahren? Welch ein bezaubernder Irrtum.
Historie des Citroën SM

Der schwer zugänglich montierte V6 von Maserati litt an sorglosen Fahrern und schlecht geschulten Monteuren.
Technische Daten
Citroën SM: V6, vorn längs • vier oben liegende, kettengetriebene Nockenwellen, zwei Ventile pro Zylinder, drei Weber-Doppelvergaser bzw. elektrische Einspritzung Bosch-D-Jetronic • Hubraum 2670 ccm • Leistung 125 kW (170 PS) bei 5500/min • max. Drehmoment 230 Nm bei 4000/min • Fünfgangschaltgetriebe (auf Wunsch Dreistufenautomatik) • Vorderradantrieb • Einzelradaufhängung, vorne Querlenker, hinten Schräglenker, hydropneumatische Federung • Reifen 195/70 VR 15 • Radstand 2950 mm • Länge/Breite/Höhe 4895/1840/1325 mm • Leergewicht 1450 kg • 0-100 km/h in 9 s • Spitze 220 km/h • Verbrauch 16 Liter Super • Neupreis 1971: 31.000 Mark.
Plus/Minus

Heute weiß man: Korrekt gewartet ist der SM solider als sein Ruf.
Marktlage
Der gemessen an der geringen Verbreitung erstaunlich gut sortierte SM-Markt mahnt zur Vorsicht: Verführerisch niedrige Nice-Price-Angebote benötigen immer eine teure Restaurierung, einen guten SM gibt es nicht für 20.000 Euro. Mindestens das Doppelte wird für ordentliche Exemplare aufgerufen, Zustand 2 kostet 42.800 Euro (Stand: Mai 2018), ab 45.000 Euro bekommt man schon vorzügliche. Ob Vergaser oder Einspritzer ist dabei weniger preisrelevant als eine nachvollziehbare Wartung und belegbare Arbeiten am Auto, die vom Fachmann ausgeführt sein sollten. Frankreich ist ein Markt für den SM, es lohnt sich aber auch ein Blick nach Italien: Dort besteht die Chance, ein rostarmes Exemplar zu finden.
Empfehlung
Niemals ein Auto kaufen, dessen Service-Geschichte vage und lückenhaft ist oder dessen Technik und Karosserie offensichtliche Mängel aufweisen – es sei denn, Zeit und Geld spielen keine Rolle. Sichtbare und unsichtbare Fallen bietet der SM reichlich, Laien tun sich in der Beurteilung schwer. Interessenten sollten deshalb den Rat eines Experten einholen und/oder den Klub kontaktieren.
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