Eine bildhübsche Hochschwangere rafft ein wenig die Wohnzimmer-Gardine und blickt nach draußen. Unter dem Bild steht: "Papi kommt". Womit? Natürlich mit einem Volvo. Werbung der 70er-Jahre. Werbung für die sprichwörtliche "Sicherheit aus Schwedenstahl". Sogar in den USA galt die 240er-Baureihe bei den einschlägigen Behörden und Versicherungen noch bis 1991 als sicherstes Auto auf dem US-Markt. Mit Sicherheit wurde der große Volvo so schnell zur 2,8 Millionen mal gebauten Weltanschauung. Er transportierte sie von 1974 bis zum Mai 1993. Der schon 1991 präsentierte 850 schloss dann die Lücke mit moderneren Motoren und vor allem mit Frontantrieb.

Der späte 245 hieß Volvo 240 Kombi   

Womit ein Pluspunkt schwand: Der Neue verlor die bauartbedingt besseren Zugwagen-Eigenschaften hinterradgetriebener Fahrzeuge. Denn unterm Laderaumboden der 240er rumpelte und pumpelte eine starre Achse, die erst dann erträglich komfortabel wurde, wenn mindestens ein Zentner Last auf sie drückte. Derlei Last ist im Alltag beim 245 schnell erreicht. Die letzte Zahl stand übrigens bis 1980 für die Zahl der Türen, hier ist also der Kombi gemeint. Dieser lädt Leute und Last mit Lust wie kein anderer, galt mit seinen 2150 Liter Gesamt-Fassungsvermögen eigentlich schon mehr als Transporter denn als Kombi. Die Vorzüge des Volvo sind seine Antriebe: einfach gebaute Vierzylinder, aber unverwüstlich.

Waldarbeiter mit Sonnenbrand  

Volvo 245 DL
Als Kombi wirkt der 245 dank der großzügige Verglasung nicht wie ein Kleinlastwagen.
Der 245 entwickelt das Temperament nordischer Holzfäller. Wer erstmal(ig) am Steuer sitzt, der pfeift unwillkürlich das Lied von Old McDonalds Farm. Transportiert in Gedanken eine Schafherde im wintergartengroßen Heck, während vorn robuste 107 Pferde rumoren. Die ewig leben, wenn nur ihr Zahnriemen regelmäßig alle 80.000 Kilometer gewechselt wird. So gewartet, stehen problemlos 300.000 km und mehr auf dem Zähler. Was sichtbar zuerst am Interieur Spuren hinterlässt: Stoffbezüge, Lenkräder und Pedale sind blank wie ein rasierter Elch. Und: Werden die Achsaufhängungen nicht gepflegt, dann knackt es heftig im Gebälk. Kommen die begehrten 240er gar aus den Sonnenschein-Staaten der USA, dann müssen Käufer mit Hitzeschäden rechnen: rissige Armaturentafeln, verbrannter Lack – dafür aber intaktes Blech. Das Gegenteil gilt für Autos aus europäischen Gefilden.
Die 240er-Reihe prägte das Volvo-Image wie kaum ein anderes Modell. Natürlich wurde mit den Jahren der Ruf nach mehr Leistung laut. So kam auf Wunsch der sogenannte Europa-Motor von Peugeot-Renault zum Einsatz: V6 mit 140 PS, außerdem Vierzylinder-Turbo mit 155 PS. Nun ließ sich die 200-km/h-Marke knacken, was aber nicht zu seinem Charakter passte. Der 240 ist ein passives Gefährt geblieben. Von dem einst keiner Höchstleistung erwartete, sondern Sicherheit. Für Papi, Mami und Baby.

Technische Daten  

Kombi mit Wintergarten
Die Motoren sind grundsolide. Vierzylinder laufen aber recht rauh.
Volvo 245 DL: Reihenvierzylinder mit G-Kat • Hubraum 2127 ccm • Leistung 71 kW (107 PS) bei 5250/min • max. Drehmoment 170 Nm bei 3000/min • Hinterradantrieb • Vierganggetriebe mit zuschaltbarem Overdrive (auf Wunsch Dreistufenautomatik) • Einzelradaufhängung an McPherson- Federbeinen vorn, Starrachse/Schraubenfedern hinten • Scheibenbremsen rundum • Reifen 185 SR 14 • Radstand 2640 mm • L/B/H 4900/1710/1460 mm • Leergewicht 1325 kg • Zuladung 575 kg • Spitze 160 km/h • Neupreis 1980: 23.100 Mark (GL-Ausstattung)

Historie

Im Herbst 1973 stellte Volvo den 240er vor. Neu waren eigentlich nur Vorderwagen und Motoren, ab der A-Säule stammte alles vom Vorgänger 140. Vorteil: Ab sofort waren Zweitürer, Viertürer, Kombi und Sechszylinder lieferbar, also 242, 244, 245 und 264. Motoren: 82 bis 155 PS, ab 1979 gab es auch einen Sechszylinder-Diesel von VW/Audi mit 82 PS. 1978 kam ein großes Facelift, erkennbar an den nun eckigen Scheinwerfern. 1993 lief die 240er-Baureihe aus.

Plus/Minus

Im Prinzip unverwüstliche Mechanik, haltbare, solide Motoren und Getriebe. Von denen aber keine Raffinesse zu erwarten ist, vor allem die Vierzylinder sind recht raue Gesellen. Wenn dann noch die schaltfaule Borg-Warner-Dreistufenautomatik dazwischengeschaltet ist, geht es phlegmatisch zur Sache. Typisch nordeuropäisch: die sehr kräftige Heizung. Bei guter Pflege ist Rost wenig problematisch. Bei Autos, die im harten Arbeitsalltag genutzt wurden (und das gilt vor allem für die Kombis), gibt es bei den Modellen aus den 70er-Jahren Rost an Kotflügeln, Seitenblechen und Wagenheber-Aufnahmen, späte Modelle rosten vor allem an Heckklappe und Türunterseiten.

Marktlage

Volvo 245 DL
Mit umgelegter Rückbank fasst der Volvo bis zu 2150 Liter – das ist schon Transporter-Klasse.
Marktlage? Volvo-Experte Karsten Schwob antwortet kurz und knapp: "Gut!" Gefragt sind wegen des hohen Nutzwerts vor allem die Kombis, die Limousinen ziehen an, bleiben preislich aber unter den Fünftürern. Für die vermeldet Olditax Preise von bis zu 5200 Euro für gute Modelle, vergleichbare Limousinen liegen bei 4000 Euro. Sehr selten und schon knapp fünfstellig: das Bertone-Coupé 262 C. Ersatzteile Bis vor kurzem hatten die Volvo-Händler noch alles vorrätig. Jetzt wird die Ersatzteillage etwas ernster, vor allem Chromteile und Teile der Innenausstattung für frühe Baujahre werden zusehends knapper. Dafür können Bastler mittlerweile auf viele Gebrauchtteile auf Schrottplätzten und in Internetbörsen zurückgreifen. Diverse Teile werden auch in Nachfertigungs-Aktionen wieder hergestellt.

Empfehlung

Auch hier gilt für geduldige Sucher: Wartet auf ein Exemplar aus langjährigem Rentnerbesitz. Dann braucht nichts restauriert zu werden. Modelle vor 1979 sind dank H-Kennzeichen im Unterhalt natürlich billig, jüngere kosten noch richtig Strafsteuern, wenn sie keinen G-Kat haben. Achtung: Die meisten 240er gingen nach USA, Import kann sich durchaus lohnen.