Hugo Stockfisch-Engels wechselte seine Autos wie Hemden. Es kam vor, dass er Hütterscheid in der Eifel morgens mit einem weißen Auto verließ und mit einem beigefarbenen zurückkam. "Hugo war ein Autonarr, er hatte laufend andere Wagen", erinnert sich Anneliese Stockfisch-Engels (76) an ihren verstorbenen Mann. 1976 parkte plötzlich ein auffälliges, giftgrünes Käfer Cabrio vor dem Haus. Beim Abendbrot klärte Hugo Engels auf: "Gehörte mal Jupp Heynckes, hab ich vorhin seinem Schwiegervater abgekauft." Der offene 1303 LS brachte etwas Ruhe ins bewegte Autoleben des Schneiders. Er mochte den cliffgrünen Wagen mit der mattschwarzen Haube, behielt ihn sechs Jahre.
VW Käfer Cabrio Sondermodell "World Cup '74"
Anneliese Stockfisch-Engels am Käfer "World Cup '74" von Jupp Heynckes. Den Wagen kaufte ihr Mann einst von Heynckes' Schwiegervater.
Schließlich hatte er eine Rarität erstanden: Das Cabrio-Sondermodell "World Cup ’74", ein rollender Pokal, die Siegprämie für jeden deutschen Nationalspieler nach dem WM-Titel vor 40 Jahren. Ein Dank der Nation für all die Strapazen sollte das 50-PS-Cabrio sein, gestiftet vom größten Autobauer des stolzen Landes. Fürs Volk hatte VW eine geschlossene Variante des Sondermodells im Angebot. Auflage: 300 Stück. Anneliese Stockfisch-Engels fuhr das Cabrio, taufte den Weltmeisterwagen "Jupp", kam mit ihm meist zur Arbeit in ein Hotel bei Bitburg. 1982 wurde Hugo Engels wieder wechselwillig, tauscht den Käfer gegen ein Golf Cabrio. Aus dem Preis-Boxer von einst wurde ein Wanderpokal, zwei weitere Eigner fahren ihn.Der letzte zerlegte das Auto, fand aber nie die Zeit zum Restaurieren. 2006 landete das WM-Puzzle bei Ebay. Bernd Finger, ein Käfer-Enthusiast aus Solingen, schlägt zu, baut den Wagen wieder auf. Zur WM 2014 in Brasilien (12. Juni bis 13. Juli) ist "Jupp" wieder in weltmeisterlicher Form, der 50-PS-Motor zeigt beim Fototermin im Stadion von Borussia Mönchengladbach viel Laufbereitschaft.

Ein Käfer im Borussia-Park

VW Käfer Cabrio Sondermodell "World Cup '74" Dieter Herzog Rainer Bonhof
Dieter Herzog (vorn) und Rainer Bonhof trafen im Borussia Park auf einen WM-Käfer, wie sie ihn 1974 geschenkt bekamen.
Jupp Heynckes ist an diesem Tag aus Zeitmangel nicht im Aufgebot, dafür aber Borussia-Legende Rainer Bonhof und ein fast vergessener Held von 1974: Dieter Herzog. Nach der Fußballkarriere eröffnete der Stürmer in Oberhausen einen Lotto-Laden, bei großen Turnieren dekoriert seine Frau noch heute das Schaufenster mit alten Fotos und einem nachgemachten WM-Pokal. "In Oberhausen kennt man den Namen Herzog", sagt der Angreifer stolz und zieht eine Augenbraue hoch. Ein wenig ärgert sich der 67-Jährige heute darüber, dass er seinen Preis wie die meisten seiner Teamkollegen nie gefahren ist. "Meine Frau und ich hatten uns gerade einen geschlossenen Käfer gekauft, da kam das Cabrio ein wenig ungelegen", erinnert sich der fünffache Nationalspieler. Während Herzog das sagt, macht Bonhof sich am Heckmotor zu schaffen. Mit wenigen Handgriffen entfernt der gelernte Kfz-Mechaniker den Ventildeckel. "Wenn Jupp den Wagen auf sich zugelassen hätte, wäre der heute ein Vermögen wert", sagt Bonhof. Für Käfer-Retter Finger gehen beim Stadion-Termin gleich zwei Träume in Erfüllung. "Der WM-Käfer auf dem Rasen meines Lieblingsvereins, wow!", sagt der Solinger.
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Beruf: Käfer-Detektiv

VW Käfer Cabrio Sondermodell "World Cup '74" Jan Walter
Jetzt besitzt Jan Walter das cliffgrüne Käfer-Cabrio namens Jupp.
Weltweit sucht der 52-Jährige nach den 25 rollenden Prämien für Spieler und Trainerstab. Acht Autos hat der "Detektiv Beetle" schon gefunden, darunter das Auto von Horst-Dieter Höttges – im Originalzustand! Der Boxer des Bombers der Nation (Gerd Müller) wartet in Fingers eigener Garage auf die Wiederauferstehung. Dieter Herzogs Prämie wurde vor zwölf Jahren geschätzt, seitdem fehlen Lebenszeichen. Rainer Bonhof verkaufte seinen Käfer damals an den Besitzer einer Lackfabrik. Hans-Georg ("Katsche") Schwarzenbecks Sohn fuhr den 1303 noch bis 1994, verkaufte das Auto an eine Werkstatt in Regensburg, die es noch heute hat. Und Wolfgang Overath vom 1. FC Köln? "Wir haben den Käfer gleich abgegeben. Meine Frau und ich hatten damals schon zwei Autos, was sollten wir dann mit einem dritten? Das war damals nicht so wie heute, man musste nicht jeden Tag ein anderes Auto fahren." Und der Rest der Flotte? Verschollen. Aber Käfer-Detektiv Bernd Finger wird weiter suchen. Bis die Mannschaft wieder komplett ist.

Von

Claudius Maintz