Mitte der 2000er-Jahre stellte Mercedes der bekannten und überaus ertragreichen E-Klasse einen technischen Zwillingsbruder zur Seite, der Käufer in aller Welt ansprechen sollte. Denn so hochwertig die Businesslimousine der Baureihe W 211 im Vergleich zu seinem Vorgänger W 210 auch war – sie erschien einigen als gähnend langweilig. Daimler wollte bei den emotionaleren Konkurrenten Audi und BMW räubern, vielleicht auch bei der ein oder anderen Marke aus Italien oder England. Geboren war der Mercedes CLS (2004-2010).

Der CLS wurde als "viertüriges Coupé" verkauft

Mercedes CLS
Die Studie unterschied sich, abgesehen von Details, nicht vom späteren Serienmodell.
Bild: Daimler AG
Der CLS wurde in einem satten Rotmetallic erstmals als Visionsmodell auf dem Genfer Salon 2003 gezeigt und war mit seinem mutigen Look, dem hellen Leder-Innenraum und einem mächtigen Panoramadach einer der großen Stars der Schweizer Autoshow. Die Studie unterschied sich, abgesehen von Details, nicht vom späteren Serienmodell, das 2004 vorgestellt wurde: bogenförmige Karosserie, schmale Fensterlinie, ungewöhnliche Frontscheinwerfer in L-Form und ein keckes Heck. Doch es ging nicht nur um das elegante Äußere, sondern auch um das vergleichsweise kompromisslose Innere. Mutiger als bisher, hat der Mercedes CLS vier und keine fünf Sitzplätze.Zwei kleine Kopfstützen, die sich wie bei der E-Klasse auf Knopfdruck wegklappen ließen, unterstrichen den viersitzigen Ansatz des 4,91 Meter langen CLS, der als viertüriges Coupé verkauft wurde. Die Mischung aus Coupé und Viertürer, bisher zumeist aus italienischer Fertigung bekannt und von Engländern mal mehr, mal weniger erfolgreich, nachempfunden, war nun erstmals mit deutscher Ingenieurstechnik kombiniert.

CLS-Cockpit ganz anders als in der E-Klasse

Mercedes CLS
Cockpit: Auf Wunsch gab es Xenonscheinwerfer, klimatisierte Massagesitze und offenporige Hölzer.
Bild: Daimler AG
Neben dem Außendesign machte der CLS insbesondere durch das luxuriöse Innere mit einer entsprechenden Serienausstattung von sich reden. So bot bereits die Basisvariante Details wie Teillederausstattung, Edelholz, Alufelgen oder Klimaautomatik. Auf Wunsch gab es Xenonscheinwerfer, klimatisierte Massagesitze, Xenonlicht und offenporige Hölzer, die das abweichend von der E-Klasse gestylte Armaturenbrett völlig anders aussehen ließen. Die besonders beliebten Achtzylinder hatten die zweifelhafte Hightech-Bremse SBC und eine serienmäßige Luftfederung als nennenswertes Komfort-Plus. Daimler machte nicht den Fehler, den CLS für alle Kundengruppen erreichbar zu machen. Die schmächtigen Vierzylinder, bis heute in Sachen Image für viele Kunden ein No-Go, blieben weg, Handschalter blieben ebenfalls ein Tabu. Der schwächste CLS war der Mercedes CLS 320 CDI (später CLS 350 CDI) mit 224 Diesel-PS, sparsamem Realverbrauch und jeder Menge Drehmoment (540 Nm) – und damit für viele Kunden das beste Paket. Wer mehr auf Benziner stand, der konnte sich zwischen CLS 350 (zunächst ohne Benzindirekteinspritzung) und CLS 500 entscheiden, die leistungsmäßig allzu nah beieinander lagen.

Beste Motorwahl: 476-PS-Benziner im CLS 55 AMG

Mercedes CLS
Klares Design: bogenförmige Karosserie mit schmaler Fensterlinie und keckem Heck.
Bild: Daimler AG
Der 3,5 Liter große V6-Saugmotor leistete 200 kW/272 PS, während der 500er-Achtzylinder es auf 225 kW/306 PS brachte. Wer noch mehr wollte, träumte sich in den CLS 55 AMG mit seinem wild wummernden V8-Kompressor. Das M 113-Triebwerk leistete stattliche 350 kW/476 PS und ist bis heute wohl die perfekte Wahl für den knapp zwei Tonnen schweren CLS. Er ist bei vielen beliebter als der ab 2006 gebaute CLS 63 AMG mit seinem 6,2 Liter großen V8-Sauger, der mit 378 kW/514 PS zwar mehr Leistung entwickelte, jedoch in Sachen Drehmoment (630 zu 700 Nm) deutlich das Nachsehen hatte, weil der Maximalwert erst bei 5200 U/min anlag. Der Vorgänger tönte bollernder und warf seine 700 Nm bereits ab 2600 U/min ins Feuer. Der Mercedes CLS 55 AMG war wegen seines hohen Drehmoments der einzige CLS, der während seiner rund zweieinhalbjährigen Produktionszeit mit einer Fünfgangautomatik vom Band lief. Alle anderen Versionen hatten die modernere Siebengang-Variante. Keine großen Veränderungen gab es bei einer dünnen CLS-Modellpflege im Jahr 2008, als Lampendesign, Schürzen, Innenraumdetails und Motoren nur leicht geändert wurden. 

Gute CLS gibt's bereits unter 15.000 Euro

Mercedes CLS
Auffälliges Designmerkmal der ersten CLS-Generation: die Frontscheinwerfer in L-Form.
Bild: Daimler AG
Heutzutage ist der Mercedes CLS als zukünftiger Klassiker noch allemal günstig – insbesondere in Anbetracht der Qualität, die er bietet. Da die Diesel wegen etwaiger lokaler Fahrverbote ins Hintertreffen geraten sind, ist der Kauftipp der Mercedes CLS 500. Mit einer Laufleistung von unter 120.000 Kilometern, nachvollziehbarer Historie und üppiger Ausstattung sind gute Fahrzeuge bereits unter 15.000 Euro zu bekommen. Viel günstiger wird es nicht werden, und das Angebot ist nach wie vor groß. Wer mehr Exklusivität will, kommt um den CLS 55 AMG nicht umhin – der startet bei rund 20.000 Euro und ist zumeist beliebter als sein Nachfolger Mercedes CLS 63 AMG. Es lohnt sich, noch kann man auf den CLS-Eilzug aufspringen. Versicherung (zum Kfz-Versicherungsvergleich) und Spritkosten sind bei so einem Luxussportler natürlich nicht gerade günstig.

Von

Stefan Grundhoff