BMW 5er mögen sportlich und komfortabel sein, aber ein Alpina ist immer noch sportlicher und noch komfortabler. Unterwegs mit drei Fahrzeugen eines sehr speziellen Herstellers.
Sieht aus wie ein gewöhnlicher BMW, kostet aber das Doppelte und trägt eine Kurbelwelle und zwei Ansaugtrichter im Wappen? Das ist ein Alpina. Seit 57 Jahren verwandelt Alpina Großserienautos per Handarbeit in Leckerbissen für automobile Feinschmecker, die Dynamik, Fahrkultur und Understatement zu schätzen wissen. Am besten eignet sich für einen Vergleich die mittlere 5er-Baureihe, die schon komfortabel, aber noch dynamisch genug für den Alpina-Charakter ist.
BMW Alpina B7 Turbo (E12 und E28) – diskreter Porsche-Killer
Alpina wurde früh von BMW unterstützt und vom Tuner zum offiziellen Automobilhersteller (hier der B7 auf Basis des E28).
1978 präsentierte Alpina den B7 Turbo auf BMW 5er-Basis (Baureihe E12) mit 300 PS. "Wir können nun den schnellsten Viertürer der Welt anbieten", verkündete seinerzeit Alpina Chef Burkard Bovensiepen – und völlig zurecht: Das Auto lief gestoppte 250,2 km/h. "Zugunsten optimaler techischer Lösungen hatten wir die Absicht, auf die Kosten wenig Rücksicht zu nehmen." Folglich kostete der B7 60.000 Mark, doppelt so viel wie ein Durchschnitts-5er. Den Motor baute damals Fritz Indra. Aus seiner Trickkiste holte er neben dem KKK-Turbolader Schwingrohre auf der Einlassseite, welche die Aufladung noch verstärken, sowie – erstmals in Deutschland – eine computergesteuerte Zündung. Die 300 Turbo-PS fühlen sich an wie ein gigantischer Muskel, der selbst jenseits von Tempo 200 nicht abschlafft. Auch das Fahrwerk behält die Contenance: Der B7 pfeilt auf der Autobahn unerschütterlich geradeaus, in Kurven sagt er mit seiner gefühlvollen Lenkung alles, was der Fahrer wissen muss. Der sitzt hoch, genießt die tolle Übersicht, und selbst der Federungskomfort ist gut. Noch besser lief der B7, der auf dem 5er-Nachfolger E28 basierte (wie das Fotoauto).
BMW Alpina B10 V8 (E34): Für das Design war Claus Luthe verantwortlich, Schöpfer des NSU Ro 80.
Im gepflegten Auftritt folgt der B10 auf Basis der 5er-Baureihe E34 zwar der Alpina-Philosophie: keine breiten Backen, kein Brülleisen unter dem Heck, nur eine leichte Bespoilerung (fahrdynamisch hilfreich) sowie – wenn gewünscht – die markentypischen Nadelstreifen. Von anderem Kaliber ist indessen die Motorisierung: 1992 bekam der 5er erstmals einen V8-Motor und dem widmete sich dann Alpina. Hubraum statt Turbo lautet die Devise beim B10 von 1994. Der Hubraum wurde von vier auf 4,6 Liter vergrößert, dadurch leistet die Maschine 340 PS. In Sachen Drehmoment erreicht er den aufgeladenen Vorgänger nicht ganz. Feuer entwickelt er erst oben herum, so ab 4000/ min. Dann reagiert er aber spontaner aufs Gas als der Turbo und dreht freudig bis auf 6500. Dezenten, hochkarätigen V8-Sound liefert er als Begleitmusik. Auch technischer Fortschritt hinterlässt Spuren: Die E34 Karosserie ist fülliger, aber erheblich steifer, das Fahrverhalten weniger leichtfüßig, aber straffer und sicherer, der Komfort ausgewogener.
BMW Alpina B10 V8 S - kultivierte Alternative zum M5
Auch ein Kombi kann Alpina sein: B10 V8 S auf BMW-E39-Basis mit dem praktischen Vollheck.
Der B10 V8S stammt von 2003 und basiert auf dem BMW E39, unter Kennern wegen seines Komforts, seiner modernen Technik und seines fahrdynamischen Talents von Haus aus ein besonderer 5er. Wieder liefert in der Alpina-Version ein saugender V8 die PS (hier 375), diesmal im 4,8 Liter-Format und gekoppelt mit einer Automatik. Den Charakter prägt hier die Aufgabe, einen Gegenpol zum betont sportlichen M5 der Baureihe zu entwickeln. Das gelingt – wo der M5 unaufhörlich Adrenalin pumpt, bleibt der Alpina völlig unaufgeregt und sehr kultiviert, ohne in Sachen Fahrleistung den Anschluss zu verlieren. Zwar fehlen ihm zum Platzhirschen 25 PS, aber dafür verfügt er über ein Drehmomentplus von 10 Nm und begnügt sich auch mit niedrigeren Drehzahlen. Diese Mischung ist sehr, zumal auch das Fahrwerk perfekt mitspielt. Beim schnellen Fahren zeigt sich zwar, dass die hier genutzte Kombikarosse nicht ganz so steif ist wie die der Limousine. Aber es wird auch deutlich, dass dieses Auto für die Straße und nicht für den Nürburgring abgestimmt wurde. Das macht den Alpina nur besser.
Fazit
von
Wolfgang König
Selbst für den PS-verwöhnten Menschen von heute sind diese Autos eine Offenbarung. Sie zeigen, dass es keine Leistungsexzesse braucht und keine irren Beschleunigungswerte. Autos, die alles regeln, können schnell langweilen. Diese Gefahr droht hier nicht, am wenigsten beim B7 Turbo. Er bietet Fahrdynamik unplugged, aber eben auf die gekonnte Art. Er hat genau das, was souveränes und zugleich lustvolles Schnellfahren zum Vergnügen macht, gute Übersichtlichkeit und eine Prise Komfort inklusive. Deshalb ist er mein Favorit in diesem Trio.