Der Entwicklungsauftrag W116 erging im Herbst 1966 an die Ingenieure, das Ziel war klar umrissen: Die neue S-Klasse musste größer, repräsentativer, komfortabler, fortschrittlicher, sicherer, kurz: rundum besser als die damals noch frische alte S-Klasse W108 sein. Hilfe bekamen die Ingenieure erstmals vom Computer, dem Mercedes-Rechensystem ESEM. Auftrag ausgeführt: Der neue große Wagen aus Stuttgart galt vom Start 1972 an schlicht als das beste Auto der Welt. Was heute noch zu spüren ist. Unser 280 SE, ein spätes Exemplar vom August 1979, liegt so satt auf der Straße, dass man sich fragt: Gab es nach diesem Auto noch einen technischen Fortschritt? Antwort: Jein. Wer stillen Genuss sucht, ruhig über Landstraßen gleiten will, wird noch heute kaum Besseres finden. Majestätisch und leise setzt sich der schwere Wagen über Schlaglöcher hinweg.
Mercedes 280 SE W116
Der 116er: In den 70ern staatstragend, machtvoll, beinah arrogant. Heute cool, hip und zeitlos.
Allenfalls Fugen und Flicken gibt das neu entwickelte Fahrwerk ein wenig unsanft weiter. Typisch Mercedes – bis heute. Wer dagegen aktiven Fahrspaß sucht, wird vom besten Auto der Welt enttäuscht. Es ist eben ein schwerer Klotz, gutmütig, aber doch vom Sport befreit. Der Reihensechser M110 mit zwei oben liegenden Nockenwellen – erstmals im Strichachter eingesetzt – passt in die gediegene S-Klasse wie ein Ferrari-Motor in einen Raupenschlepper. Unter 4500 Touren ist das Triebwerk zwar laufruhig, beißt aber nicht wirklich herzhaft zu. Erst darüber wird der Motor wach, treibt die schwere Fuhre standesgemäß voran und macht akustisch Appetit auf mehr: Er wechselt von dumpfem Brabbeln zu metallischem Kreischen. Doch die schaltfaule Vierstufenautomatik bremst den Tatendrang des M110 zusätzlich ein. Egal. Wir wollen ja auch reisen, nicht rasen.

Fazit

von

Andreas Borchmann
Wer das gemütliche Cruisen liebt, das Fahrgefühl des schweren Wagens eher schätzt als wilde Kurvenhatz, wird im Mercedes W116 seinen Traumpartner finden. Noch heute macht der große Mercedes richtig viel her. Mit üppigen Maßen und viel Chromglanz.

Von

Andreas Borchmann