(dpa) Mit einem Auto über Jahrzehnte Geld verdienen – ein Traum für jeden Hersteller. Aber machbar: Oldtimer sind ein echter Wirtschaftsfaktor, mit den historischen Automobilen werden Milliardenumsätze erzielt. Vor allem aber setzen die deutschen Autobauer zur Imagepflege auf die alten Autos. Deren Zahl steigt in Deutschland fast unaufhörlich. Selbst als Geldanlage kann sich ein Oldtimer lohnen – für Liebhaber, meint die Commerzbank. Allerdings sollten es Autos sein, die das Zeug zum Klassiker haben. Denn die werden immer wertvoller. Auch wenn das Geschäft mit Ersatzteilen für die Oldtimerszene blüht, die Autoindustrie versuche sich vor allem in Imagepflege, sagt Oldtimerexperte Stefan Röhrig vom Verband der Automobilindustrie (VDA). Und richtig: "Primär geht es ums Image", erläutert Michael Bock, Leiter des Mercedes-Benz-Museums und der Klassiksparte des ältesten Autobauers der Welt.
Citroën 2 CV
Vom Protest- zum Profilmobil: Top erhaltene Citroën 2 CV erzielen mittlerweile das Doppelte ihres einstigen Neupreises.
Karl Baumer, Leiter BMW Group Classic und BMW Welt, sagt, warum: "Eine Premiummarke lebt von der Bewunderung derjenigen, die sich die Produkte nicht leisten können." Aber sehen können sie die alten Karossen, was schon zu einer "gewissen Art von Prägung" führe. Denn besser das eigene als andere Logos sehen. Im Vergleich zum Gesamtgeschäft von BMW sei der Umsatz mit den alten Autos aber zu vernachlässigen. "Was wir damit verdienen, entspricht sicher noch nicht dem, was wir an Marketingwirkung haben", sagt Baumer. Ein "schönes Zubrot" sei es aber immerhin. Und doch: "Der Markt ist da, gar keine Frage", sagt Bock. Wie groß dieser Markt aber ist, bleibt umstritten: Eine Studie der Oldtimer-Weltorganisation "Fédération Internationale des Véhicules Anciens" (FIVA) ging 2006 von 4,6 Milliarden Euro aus, EU-weit sollten es 19,2 Milliarden Euro sein. Diese Studie war allerdings nach Einschätzungvon VDA-Mann Röhrig wenig belastbar, weil sie auf vielen Schätzungen beruhte.
Mercedes 300 SL
Rar, begehrt und mittlerweile unbezahlbar: Mercedes 300 SL der Baujahre 1954 bis 1963.
Eine vom Bundesverband für Clubs klassischer Fahrzeuge (DEUVET) aktualisierte Studie kam auf 5,5 Milliarden Euro in Deutschland, einschließlich Erlösen aus Übernachtungen oder Reisekosten sollen es über 6 Milliarden Euro sein. Vor allem alte Sport- und Luxusautos sind immer gefragter, wie Fachhändler nach VDA-Angaben melden. Die Preise für Oldtimer könnten also zulegen, nachdem es im ersten Halbjahr 2010 einen leichten Preisrückgang gab. Der Deutsche Oldtimer-Index des VDA sank um 1,9 Prozent auf 1699 Punkte - nachdem er seit 1999 jährlich im Schnitt um 5,7 Prozent zugelegt hatte. Wohl überraschend: Mit dem stärksten Wertzuwachs und damit dem Spitzenplatz im Index glänzte keineswegs ein Klassiker wie der Flügeltürer von Mercedes, der 300 SL, sondern der Citroën 2 CV – die gute, alte "Ente".
Nach einer Studie geben die Besitzer von Oldtimern 1,6 Milliarden Euro jährlich für Reparaturen der kostbaren Karossen aus. Davon profitieren laut Verband des Deutschen Kraftfahrzeuggewerbes (ZDK) zwischen 1500 und 2000 Werkstätten mit im Schnitt acht Mitarbeitern pro Betrieb. "Die Tendenz ist auf jeden Fall steigend", sagt Andrea Zeus vom ZDK. Das macht die alten Autos auch für Zulieferer interessant – etwa Bosch. Zwar mache der "vermutlich älteste Ausrüster im Autogeschäft" auf anderen Gebieten sehr viel mehr Umsatz, dennoch sei das Geschäft mit alten Autos wichtig für den Markenwert, sagt Fritz Cirener, Leiter Automotive Tradition bei Bosch. "Fans und Hersteller legen großen Wert auf Originalteile."
Mercedes SL R 107
Längst in fester Liebhaberhand: Youngtimer der 70er-Jahre wie der Mercedes SL (R 107).
Was vielen Menschen nicht klar ist: auch die Autos der 1970er sind jetzt Oldtimer, beispielsweise der Mercedes SL aus der Zeit habe das Zeug zum Klassiker, meint Bock. 15 Jahre nach dem Auslaufen einer Baureihe gehe die Verantwortung für die Ersatzteile an die Daimler-Klassiksparte über. Teile werden auch nachproduziert – solange sie gefragt sind. Sicherlich werden viele Oldtimer eher stehen als fahren. Der Teilebedarf wird aber vermutlich schon deshalb wachsen, weil die Zahl der Oldtimer, also der Wagen, die älter als 30 Jahre sind und daher das H-Kennzeichen für historische Autos tragen dürfen, steigt. Fast 210.000 Autos mit H-Kennzeichen waren 2010 nach VDA-Angaben auf Deutschlands Straßen unterwegs. Das bedeute ein Plus von 158 Prozent seit dem Jahr 2000. Und den Triumphzug der Oldtimer wird nicht einmal die Abwrackprämie aufhalten können. Und das, obwohl der Bestand der Autos im Alter bis 15 Jahre nach der Neuzulassung bis Anfang 2010 auf 4,6 (Anfang 2009: 5,8) Millionen nachgab. Ralf Geisler vom Verband DEUVET sagt dazu: "Die Abwrackprämie hat die natürliche Auslese beschleunigt, aber keinen Einbruch gebracht."