Mercedes-Benz 300 SL
Ich trage einen großen Namen

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Die Baureihe R 107 ist nicht unsterblich. Aber für die Ewigkeit gebaut. Als 300 SL vereint dieser SL beste Benz-Tugenden mit hohem Reifegrad. Für jetzt und alle Zeiten.
"Sie haben ein Auto gekauft, bei dessen Konstruktion und Produktion wir uns viel Mühe gegeben haben. Denn wir stehen auf dem Standpunkt: Qualität ist kein Zufall." Es sind Sätze wie diese, die Mercedes-Kunden damals in den Siebzigern blind unterschrieben. In Gedanken und auf unzähligen Blankokaufverträgen. Eherne Sätze. Credo einer Marke, deren Glaubwürdigkeit tief verwurzelt war. Wenn Mercedes das sagte, war das kein Marketing-Blabla. Dann war das auch so. Punkt. Es sind die ersten Sätze der Bedienungsanleitung für den Mercedes R 107 . Höfliche Zeilen, die ein Auto erklären, das zwar nicht unsterblich war, aber offenbar für die Ewigkeit gebaut.
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Aber es war wohl gerade diese unaufgeregte Eleganz, die dem Roadster eine Karriere ohne Skandale bescherte und den Lebensherbst gleich mal übersprang. Gegen Ende seiner Tage zeigte die Temperaturkurve des SL sogar deutlich erhöhte Werte. Denn nach fast 25 Jahren Pause kehrte im September 1985 eine legendäre Ziffern-Buchstaben-Kombination zurück an ein Mercedes-Heck: 300 SL. Schon allein mit der Ankündigung dieses Schriftzuges schnellte der Verkauf des alten Herrn in die Höhe wie einst das HB-Männchen. Schnell sprach sich rum, dass man sich einen sichern sollte, in die Garage stellen, beste Wertanlage, hieß es.
Souverän gleiten statt hetzen
Dabei passierte rein muskelmäßig wahrlich nichts Weltbewegendes. Gerade mal drei Gäule mehr packten im Vergleich zum alten Zwoachter-Doppelnocker an. 188 PS (mit Kat 180 PS) mussten nun über 1,5 Tonnen Schwermetall in Wallung bringen – damit ließ sich gegen die junge Garde kaum noch ein Blumentopf gewinnen. Doch der neue Reihensechszylinder – mit jetzt nur noch einer oben liegenden Nockenwelle – hatte andere Vorzüge. Er war leichter, nochmals laufruhiger, natürlich sauberer und günstiger zu produzieren. Ja, das böse Wort Kostenmanagement hatte sich still und leise auch Zugang in die Denkstuben von Daimler verschafft.
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Ein Schlitten für Sammlers Stolz
Und sie prophezeit: "Der 300 SL wird mal zum begehrten Sammlerobjekt." Was – mit etwas Zeitversatz – natürlich auch so kam. Heute gilt gerade der SL mit dem großen Namen als Ikone in der langen R 107-Historie. Zum Marktstart war der Evergreen 300 SL ausgereift wie ein guter Bordeaux. Seine Rostjahre hatte er hinter sich. Kurz: Er war eine sichere Bank. Die sich überwiegend Herrschaften mit grauen Schläfen und eher bedächtiger Fahrweise leisteten. Zum deftigen Grundpreis von 63.500 D-Mark (im September 1985) – ein 300 SE mit dem gleichen Motor war 5900 Mark billiger. Dass da trotzdem noch reichlich Luft nach oben war, bedarf kaum der Erwähnung.
Die Liste der Sonderausstattungen war beim SL ebenso lang wie dreist. Neuzeitliches Zeug wie Fahrerairbag (2280 D-Mark) und Reiserechner (1106 D-Mark) tauchten darin auf, aber auch eine Klimatisierungsautomatik für schlanke 4845 D-Mark, eine Telefonvorbereitung (2736 D-Mark) oder eine Fondbank für Kinder (ab 1020 D-Mark). Doch das viele Geld war ja gut angelegt: Heute erzielen makellose, wenig gefahrene 300 SL aus Ersthand Preise jenseits der 40.000 Euro und liegen damit deutlich über ihrem Neupreis. Qualität ist eben kein Zufall.
Historie

Technische Daten
Mercedes 300 SL Reihensechszylinder vorn längs • zwei Ventile pro Zylinder • obenliegende Nockenwelle • mechanische Benzineinspritzung Bosch KE-Jetronic • Hubraum 2962 ccm • Leistung 132 kW (188 PS) bei 5700/min • max. Drehmoment 260 Nm bei 4400/min • Fünfganggetriebe (auf Wunsch Vierstufenautomatik) • Hinterradantrieb • Einzelradaufhängung an Doppelquerlenkern vorn, an Schräglenkern hinten • Reifen 205/65 VR 15 • Radstand 2460 mm • L/B/H 4390/1790/1305 mm • Leergewicht 1530 kg • 0–100 km/h 10 s • Verbrauch 14,5 l Super/100 km • Spitze 200 km/h • Neupreis 1985: 63.500 D-Mark
Plus/Minus

Marktlage
Das Angebot an R 107 ist üppig. Vor allem Heimkehrer aus den USA finden sich reichlich in den einschlägigen Börsen. Entsprechend gibt es ein Überangebot an Achtzylinder-Modellen, seltener sind die Sechszylinder-Versionen. Gefragt bei Sammlern sind vor allem die korrosionsbeständigeren Facelift-Modelle ab September 1985, hier speziell der 300 SL. Sie erreichen den höchsten Reifegrad, und viele haben schon moderne Errungenschaften wie ABS oder Airbag an Bord.
Ersatzteile
Für wenig andere klassische Modelle ist die Ersatzteillage so gut wie für den R 107. Mercedes-Originalqualität zu Mercedes-Originalpreisen gibt es bei jeder Niederlassung. Günstigere Teile finden Sie im Internet oder bei Klubs. Engpässe kann es – wenn überhaupt – bei seltenen Innenraumteilen früher Modelle geben. Deutlich angezogen haben die Preise für Chromteile und die originalen Alu-Räder.
Empfehlung
Hände weg von verbastelten, breiter gemachten Tieffliegern mit vielen Vorbesitzern und dubiosem Lebenslauf. Gepflegte Original-Typen aus rüstiger Ersthand sind zwar selten, aber es gibt sie. Da die Achtzylinder heftige Trinker sind, geht die Empfehlung klar zum Sechszylinder – am besten gleich zum 300 SL, dessen Namen Mercedes mit dem Facelift 1985 wiederbelebte. Ein harmonisches Auto, das ab September 1986 bereits mit serienmäßigem G-Kat ausgeliefert wurde. Leistungsmäßig völlig ausreichend, aber beim Unterhalt spürbar günstiger als die fetten V8.
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