Sport? Den Chefs von Mercedes erschien die Beteiligung an Wagenrennen seinerzeit so sinn­voll wie ein Aschenbecher am Fahrrad. Deshalb wurstelte Erich Waxenberger lieber im Verbor­genen. "Ich fragte mich: Wo ha­ben wir Chancen?", erinnert sich der Entwicklungsingenieur, der Jahre zuvor heimlich einen 6.3 zusammengebastelt und anschließend als 300 SEL in die Serie durchgeboxt hatte. Antwort: Wenn, dann kamen mit den Mercedes-Panzern der Siebziger höchstens Langstreckenwettbewerbe infrage. Am besten mit dem 450 SLC, aber abgespeckt.

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Mercedes 450 SLC 5.0
Das Glanzstück: der Fünfliter-V8 aus Leichtmetall.
"Waxl", der bayerische Hinlan­ger, bekam einmal mehr, was er wollte. Mercedes legte 1978 in kleiner Stückzahl den 450 SLC 5.0 auf: das 1971 eingeführte Fa­brikanten-Coupé, aber mit Alu-Hauben, verstärkter Dreistufen-Automatik und neuem Alu-V8 mit 240 statt 217 PS. Der Ham­mer: Am Heck schockte ein schwarzer Bürzel die Kundschaft. Wie aus dem Zubehörladen. Doch der Zweck heiligte beim 5.0 die Mittel – zu­sammen mit dem Frontspoiler sank der cW-Wert um zehn Prozent, der Fünflitermotor sparte 42 Kilo Ge­wicht, und das ganze Auto wog über 100 Kilo weniger. Na bitte. Und gelohnt hat sich die Sache auch: In den kommenden Jahren sackte der SLC (Werkscode: C107) zahlreiche Lorbeeren ein, unter anderem bei der fast 30.000 Kilometer langen Mammut-Ral­lye Vuelta à la America del Sud. Nur 1615 Exemplare wurden gebaut, 1980 löste der 500 SLC. den 5.0 ab (weitgehend identisch, aber mit Vierstufenautomatik und 52 cm³ weniger Hubraum).

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Mercedes 450 SLC 5.0
Mehr Radstand verwandelt den SL in ein echtes Viersitzer-Coupé mit passendem Kofferraum.
Das garantiert einen soliden Sammlerwert, zumal Rost und jahrzehntelanges Durchreichen den Bestand drastisch dezimiert haben. Ansonsten bietet der Sport-Benz dem Coupé-Freund alle Vorzüge seiner Großserienbrü­der, unbehelligt von sportlichen Allüren. Er schnurrt geschmeidig des Weges, brilliert als Langstre­ckengefährt, und da er 35 Zenti­meter länger ausfällt als der SL Roadster, können hinten zwei Er­wachsene menschenwürdig be­herbergt werden. Außerdem steht ein urlaubstauglicher Kofferraum zur Verfügung (300 Liter). Wer eine raketengleiche Be­schleunigung erwartet, ist frei­lich auf dem falschen Dampfer: Mit seiner langen Übersetzung setzt sich der 5.0 zunächst kaum rasanter in Bewegung als ein ge­wöhnlicher 450, legt dann aber im oberen Bereich ordentlich zu und erreicht gute 230 km/h. Und das ist schneller als der zeitge­nössische Porsche 928 (225 km/h). Derweil gleitet die Wandlerautoma­tik sanft durch die Gänge, und der V8 murmelt leise wie eine Betschwester. Ein Wunder, dass die Rallye-Helden bei diesem Kuschelkomfort da­mals Morpheus’ Armen entflie­hen konnten. Zumal der längere Radstand des SLC auch in den Kurven für Harmonie sorgt: Ein SL benimmt sich da erheblich zi­ckiger. Auch ein Grund, sich das Coupé mit der Fünf am Heck zu gönnen.
Plus/Minus Vorausgesetzt, der SLC ist rostfrei und wurde fachgerecht gewartet, winken Wellness und Wonne. Vergessen Sie die Rallye-Vergangenheit des 5.0: Das Auto ist nicht zum Rasen geboren, son­dern zum Reisen. Das kann er bestens. Dass er dabei auch von seinen 30 Jah­re jüngeren Markengeschwistern nicht ohne Weiteres abgehängt wird, ist die angenehme Zugabe. Das Design mit den Sichtblenden in den Fondfenstern ist Geschmackssache, zugegeben, aber da­für ist ein SLC auch individueller als ein SL. Und praktischer. Größter Nachteil: der Durst. Selbst bei verhaltener Fahrweise ist der 90-Liter-Tank spätestens nach 600 Kilometern leer. Das muss man aushalten können.

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Ersatzteile Nicht alle originalen Mercedes-Teile sind teuer, und immerhin gibt es fast alle Teile bei Mercedes-Benz Classic. So findet sich ein neuer Auspuff (ohne Krümmer) schon für rund 380 Euro, auch andere Verschleißteile, wie etwa an den Bremsen, sind erschwinglich. Der Einbau eines G-Kats (Euro 2) kommt auf 3500 Euro. Teuer wird es jedoch im Bereich der Karosserie. Und vor allem der Innen- und Komfortausstattung.

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Marktlage Erst mal einen finden. Echte SLC 5.0 sind rar wie weiße Krähen. Und der nur ein Jahr lang gebaute Nachfolger 500 SLC ist noch seltener. Hinzu kommt, dass der Marktwert aller SLC, also auch der Topmodelle, eine lange Talfahrt hinter sich hat. Entsprechend wenig wurde in die Coupés investiert. Inzwischen scheint die Talsohle indessen durchfahren: Ein wirklich guter 5.0 kostet heute um die 25.000 Euro.

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Empfehlung Die Modellpflege, die der SL (R107) nach 1981 mitbekam, fehlt dem SLC (C 107) logischerweise. Folglich korrodiert er bereitwilliger als spätere SL-Modelle, und sein Alu-V8 neigt zu Verschleiß an Nockenwellen und Steuerketten. Des­halb besonders wichtig: lückenloser Wartungsnachweis von der Fachwerk­statt, guter Pflegezustand. Und echt muss der 5.0 natürlich auch sein.

Von

Wolfgang König