Nicht alle Klischees sind wahr. Zum Beispiel die Ansicht, dass es einem MG B-Besitzer egal ist, ob er zerzaust und durchnässt am Ziel ankommt. Stimmt nicht. Schließlich waren 24 Prozent der rund 500.000 gebauten MG B Coupés. Und die sind ebenso wasser­dicht wie sturmfrei. 1962 präsentierte MG den Roadster, 1965 den GT – zusam­men waren sie ein Erfolgsteam. Denn in den Sechziger- und Siebzigerjahren entwickelte sich der MG B zu einem der meistverkauf­ten Sportwagen der Welt. Und nach dem Produktionsende im Jahr 1981 umgehend zu einem der beliebtesten Klassiker.

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MG B GT
Warum? Weil er genau das bietet, wovon Autoromantiker träumen: viel Vergnügen für relativ wenig Geld. Er ist simpel gebaut, robust und auf seine kernig-bri­tische Art zeitlos schön. Und obendrein pflegeleicht: Was im­mer an Frischzellen benötigt wird, es ist vorrätig. Und zwar meist zu verblüffend günstigen Preisen. Das alles gilt für den GT genauso wie für den Roadster. Gleichwohl be­schränkte sich MG bei der ge­schlossenen Vari­ante keineswegs darauf, dem Roadster ein Hard­top aufzuschweißen. Auch wenn es nicht so aussieht: Außer der Motorhaube und den hinteren Kotflügeln ist bei der GT-Karos­serie alles anders. Und nicht we­nige Betrachter finden, dass sie zudem hübscher aussieht. Sollte sie auch, schließlich ließ MG-Chef John Thornley seinerzeit den Italiener ran. Die Ummodel­lierung zum Coupé durfte Pinin­farina erledigen, eine Arbeit, die Maestro Sergio Farina zu seinen erfolgreichsten zählte. Die Fenster sind höher als beim Roadster, hinten mündet das Dach in ein Schrägheck mit gro­ßer Klappe, ein äußerst nützliches Detail, das in dieser Coupéklasse sonst nur noch der kleinere Triumph GT6 zu bieten hatte.

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MG B GT
Im Fond steht für gelenkige Passa­giere eine Notsitzbank zur Verfügung. Ihre Lehne lässt sich vorklappen, woraufhin das Gepäck­abteil eine beachtliche Größe annimmt. Ziemlich fortschritt­lich, dieses Konzept, besonders für einen Sportwagen, der sich ansonsten eher der alten Schule verpflichtet fühlt. Vorn röhrt ein gusseiserner Vierzylinder von mäßigem Temperament, hinten baumelt an Blattfedern eine Starrachse, und die Stoßdämp­fung übernehmen altmodische Hebelinstrumente. Das Fahrver­gnügen vermag die rustikale Technik freilich nicht zu schmä­lern – wer es rau, aber herzlich mag, wird hier bestens bedient. Dabei bietet der GT aber eine spürbare Extradosis Fahrkultur. Er belastet die Oh­ren deutlich weniger, federt auch etwas besser als der Roadster, was mit dem 55 Kilo höheren Eigengewicht zu tun hat. Dank seiner steiferen Karosserie lenkt er sich zudem eine Spur präziser. Ein MG mithin, in dem der Mensch auch längere Etappen schadlos übersteht – Gran Turis­mo eben. Und soll das Ganze et­was zügiger gehen: Ab 1973 gab es den GT auch mit V8-Power von Rove.

$(LB581302:Porsche 911 Carrera 2)$

Plus/Minus Wie der Roadster, so der GT: Ein MG B ist günstig in Anschaffung und Unter­halt. Er ist leicht zu warten, hält viel aus und erweist sich (speziell als GT) immer noch als alltagstauglich. Ansonsten bietet er alles, was einen britischen Sport­wagen auszeichnet. Und wenn es an PS mangeln sollte, dann hilft der V8 oder ein Besuch beim MG-Spezialisten: Zwei Liter Hubraum und rund 120 PS sind heute zuverlässig und problemlos machbar. Verarbeitung und Detail­qualität ist indessen Glückssache – das dürfte Kenner englischer Autos nicht überraschen. Und auch für technische Finesse ist der MG B nicht zuständig. Endsprechend hemdsärmelig geht es beim Fahren zur Sache.

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Ersatzteile Für den Schrauber ist der MG B ein Traum. Es gibt nichts, was es nicht gibt, ganz gleich welches Baujahr. Und das zu Preisen, bei denen Besitzern aktu­eller Autos Tränen der Rührung kom­men. Eine Auspuffanlage kostet 130 Euro, eine Bremsscheibe 19, ein vorde­rer Kotflügel 500 Euro. Und sollte der Rost dem MG zu sehr zugesetzt haben, dann kauft man zur Not eine komplette Rohkarosserie für 8000 Euro.

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Marktlage In Deutschland wurde der GT relativ sel­ten verkauft, deshalb sind Linkslenker aus heimischem Bestand heute äußerst rar. In Großbritannien herrscht jedoch keinerlei Mangel – im Gegenteil: Selbst frühe MG B GT lassen sich problemlos auftreiben. Dabei liegen die Preise für ordentliche Exemplare im Bereich von umgerechnet 7500 Euro, nur die Besten oder die V8-Version erreichen schon mal 10.000 oder etwas mehr.

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Empfehlung 1974 verschandelten schwarze Kunst­stoffstoßstangen den MG B, und die Modelle für die USA (zum Schluss auch für Kontinentaleuropa) litten unter kastrierten US-Motoren – besser meiden, auch wenn sie ein paar Tausender bil­liger sind. Am stilvollsten sind die Modelle bis 1969. Ansonsten gilt: Oft wurde auf die billige Tour restauriert, also nicht blenden lassen.

Von

Wolfgang König