Die Augen des Mittvierzigers im beigebraunen Karoanzug leuchten. "Ist das Ihrer? Mein Traumauto!", sagt er knapp, aber freundlich, steigt in seinen Toyota Corolla und rollt aus dem Parkhaus. 6er-Fahrer ernten oft Komplimente wie dieses. Und doch fehlt dem Oberklasse-Coupé das Zeug zum Trendsetter der Youngtimerbranche. Da konnte sich Ottfried Fischer noch so oft als "Bulle von Tölz" aus dem BMW 6er wuchten: Als Sammlerstück nimmt ihn nur eine kleine Szene wahr. Nostalgie sieht anders aus, fühlt sich antiker an, fährt sich nicht so gelenkig wie dieser BMW.

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BMW 635 CSi (E24)
Für Barock und Plüsch wa­ren andere zuständig, damals, als die Bayern ihre legendären CS-Coupés (1968-76) ablösten. Schon die galten in den späten 60ern als Automobile für beson­ders feine Geschmacksnerven. Und genauso bestimmte es das Lastenheft auch für den 6er-BMW: Chefdesigner Paul Bracq hatte ein Sportcoupé der betont unaufgeregten und zeitlosen Art zu skizzieren. Das schien den BMW-Managern schon deshalb ange­bracht, weil die Marke kurz zuvor mit knalligen Effekten in Verruf gekommen war. "Batmobile" hatten Renn­sport-Fans die CSL-Modelle mit ihrem extremen Heckspoiler ge­tauft. Und der 2002 Turbo mit Spiegelschrift auf dem Spoiler löste pünktlich zur Ölkrise eine Bundestagsdebatte über Rowdy­tum auf deutschen Straßen aus. Da machte sich der 6er, vorgestellt auf dem Genfer Salon 1976, völlig unverdächtig.

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BMW 635 CSi (E24)
Selbst ein gleich alter Mercedes SLC wirkt angriffslustiger als das BMW-Coupé mit seinen kleinen Dop­pelscheinwerfern, dem gepfeil­ten Kühlergrill im feinen Chrom­rand und dem fragilen Dachpa­villon. Erst später legte er Front­spoiler und Gummilippe auf dem Heckdeckel an, aber selbst diese Gimmicks nahmen ihm nicht sei­nen fast kühlen Charme. Die Kunden verstanden und wählten die passenden Lacktöne. Wer heute einen 6er-BMW sucht, findet ihn nicht in den knalligen Modefarben jener Jahre. Son­dern eher monochrom in Mittel­grau, Graphitgrau, Silbergrau. Wenn es sich um eines der rund 10.000 frühen Stücke handelt, die bis 1977 bei Karmann entstan­den, kommen oft auch noch Einsprengsel in Rostbraun vor. Erst als BMW die Produktion an sich zog, verbesserte sich die Qualität. Aber am farbigsten ist immer noch das Fahrerlebnis, das der alterslose Klassiker bietet: Seinen Fahrer erwarten straffe Sessel mit zupackender Kontur, ein Cockpit im schwarzen Designerstil der 70er-Jahre und Old-School-Reihensechszylinder-Motoren, die säu­selnd zubeißen. Weder Stadtver­kehr im Vierten noch linke Spur bei 6000 Touren verweigern sie. Dauertempo 200? Klar. Nur die orangefarbene Nachtbeleuch­tung der Instrumente verrät doch noch, dass dieses Coupé aus dem Flokati-Zeitalter stammt. Und das Schönste: Wer heute einen 6er will, braucht keinen Sechser im Lotto.

$(LB581327:VW Scirocco II White Cat)$

Plus/Minus Die Reihensechszylinder sind ein Traum – und zudem solide. Die Karosserie des 6er-BMW dagegen neigt zum Rosten: Kotflügel, Stehbleche, Federbeindome, Radläufe, Endspitzen, Türböden und Schiebedach-Ränder sind typische Schwachstellen. Oft leiden die klas­sischen BMW-Coupés auch unter bru­talen Tuningmaßnahmen früherer Besitzer. Selbst gepflegte Exemplare haben Probleme mit der Bordelektro­nik und den elektrischen Fensterhe­bern. Frühe Exemplare fahren mit H-Kennzeichen durch den Alltag, aber einen Kat gab es erst ab 1985 – und an­fangs nur auf Wunsch. Nachrüst-Katalysatoren sind zurzeit nicht am Markt. Das drückt den Preis der Katlosen.

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Ersatzteile Der 6er fordert keine Schrauberkennt­nisse: Jede BMW-Werkstatt repariert ihn noch. Und die Preise für Verschleiß­teile sind moderat: Eine Wasserpumpe kostet 152,32 Euro (Modelljahre 1983 bis 1989), eine Benzinpumpe schlägt mit 241,57 Euro zu Buche. Bremsschei­ben kosten 73,78 Euro pro Stück, Zier­leisten zwischen 58 und 75 Euro pro Ein­heit. Im Prinzip finanzierbar – wenn nicht alles auf einmal kaputtgeht.

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Marktlage Die Suche nach makellosen Exemplaren fordert Geduld und bis zu 20.000 Euro. Das aber sind Ausnahmen. Wer 12.000 Euro in die Hand nimmt, kann einen wenig gefahrenen, sehr gut erhaltenen 6er erstehen. Am seltensten sind die Modelle 630 CS (5766 Einheiten), 628 CSi (5951) und der sehr gesuchte M 635 CSI (5855). Der 635 CSi (45.215 Einheiten) ist am meisten verbreitet – aber leider am häufigsten verbastelt.

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Empfehlung Für Puristen: einen ganz frühen 6er ohne Spoiler, dafür mit H-Kennzeichen. Für Alltagsfahrer: einen späten 635 CSi mit G-Kat und Klima. Für Gourmets: ei­nen perfekten M 635 CSi – teuer (über 25.000 Euro), aber mit weiterem Wert­steigerungs-Potenzial. Und für alle gilt: Keine Bastelbude nehmen, sondern das beste Stück weit und breit. Und Finger weg von Stilblüten der Tuningszene.

Von

Claudius Maintz