Ein wenig dekadent war das Fahren im Sportwagen schon immer. Doch im Klassiker rückt es in ein anderes Licht. Warum sollte man nicht einen eher für den großen Auftritt konstruierten Wagen auch im Alltag nutzen? Gerade, wenn auch das Sportmodell echte Alltagsqualitäten mitbringt? Die hier versammelten Autos sind allesamt Sportwagen, die als Teamplayer für den Alltag taugen. Keine Diven, keine Allüren, sondern einig im Drang, nach vorn zu stürmen. Sie spielen zwar bereits in der Altherren-Klasse, kraft ihrer Rasse aber auch in einer eigenen Liga. Es sind Autos fürs schiere Fahrvergnügen, ohne vor lauter Freude dabei abzuheben. Festschnallen, bitte!

Opel GT: Der ewig junge Rock’n’Roller

Mercedes 450 SLC
Die Coke-Bottle-Silhouette macht den Charme des Opel GT aus.
Als Opel in den 60ern oben war, musste ein Sportwagen her: schön und schnell, aber nicht zickig. Gute Idee – sie bewahrt dem Opel GT die ewige Jugend. Ein Sportwagen. Kein sanftes Hardtop-Coupé, sondern ein flacher Rock ’n’ Roller, dessen Colaflaschen-Design sich mit der Corvette messen konnte. So begann sie, die Ära des Opel GT. Er war ein Auto, das sich selbst erklärte. Der Flitzer kam mit 90 oder in der Basis gar nur 60 PS. Aber richtig erschütternd klingt das erst heute. Damals war Großserien-Technik ein starkes GT-Argument: Sie sicherte einen gerade noch bezahlbaren Basispreis  von anfangs 10.780 Mark, und günstige Unterhaltskosten. Wer ein gut gepflegtes Exemplar zu fassen bekommt, hat aufgrund der entspannten Ersatzteillage dank Konzerbasis und der überschaubaren Kosten einen klassischen Sportler für jeden Tag.

Mercedes Coupé 450 SLC: heimliche Sportkanone

Vitamin C für den SL: Als Coupé kam der SL der 70er-Jahre unverhofft zu sportlichen Ehren. Die gewinnträchtige Nummer hieß 450 SLC 5.0. Das 1971 eingeführte Fabrikanten-Coupé hatte mit Alu-Haube, verstärkter Dreistufen- Automatik und neuem Alu-V8 mit 240 statt 217 PS gute Argumente. Der Hammer: Am Heck schockte ein schwarzer Bürzel die Kundschaft. Wie aus dem Zubehörladen. Doch der Zweck heiligte beim 5.0 die Mittel – zusammen mit dem Frontspoiler sank der cW-Wert um zehn Prozent, der Fünflitermotor sparte 42 Kilo Gewicht, und das ganze Auto wog über 100 Kilo weniger. Ansonsten bietet der Sport-Benz dem Coupé-Freund alle Vorzüge seiner Großserienbrüder, unbehelligt von sportlichen Allüren. Er schnurrt geschmeidig des Weges, brilliert als Langstreckengefährt, und da er 35 Zentimeter länger ausfällt als der SL Roadster, können hinten zwei Erwachsene menschenwürdig beherbergt werden. Zumal der längere Radstand des SLC auch in den Kurven für Harmonie sorgt: Ein SL benimmt sich da erheblich zickiger. Auch ein Grund, sich das Coupé mit der Fünf am Heck zu gönnen.

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Citroën SM
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Klassiker mit Problem-Image: Sieben zähmbare Zicken

VW Scirocco II: Der weiße Wirbelwind

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Video: VW Scirocco GT

Trendsetter Scirocco

Bild: AUTO BILD
Was den Italienern der Maserati Ghibli, ist den Deutschen der VW Scirocco. Denn meteorologisch gesehen sind Ghibli (Arabisch) und Scirocco (Italienisch) exakt dieselbe Sache, ein heißer Sahara-Wind, der gerne mal Staub nach Südeuropa exportiert. Den wirbelte auch der VW Scirocco I auf, als er 1974 zwei Monate vor seinem Bruder Golf erschien, beide entworfen vom Italiener Giorgetto Giugiaro. Auch beim Nachfolger hatte der Scirocco die Nase vorn, er erschien im April 1981 sogar zwei Jahre vor dem Golf 2. Allerdings konnte so der Scirocco 2 nicht auf dem zweiten Golf aufbauen. Unter der Haut blieb es beim ersten. Dennoch wuchs er im Vergleich zum Vorgänger, bot mehr Platz, war komfortabler, vor allem jedoch zuverlässiger. Nur schöner wurde er nicht. Der ursprüngliche Giugiaro-Urentwurf wurde in Wolfsburg an allen Ecken und Kanten verrundet, was zwar der Aerodynamik half, nicht aber dem Charakter. Für den Verkaufserfolg war das kein Hindernis, denn rund 300.000 Stück wurden über knapp zwölf Jahre gebaut, übrigens bei Karmann in Osnabrück. Als Sondermodell "White Cat" hat er Kultfaktor, das wie alle übrigen Scirocco 2 sehr alltagstauglich ist.

BMW 6er: altersloser Klassiker

BMW 635 CSI
BMW´s 6er Coupé wirkt trotz des Alters immer noch erstaunlich modern.
Fahrer des BMW 6er-Coupés ernten auf der Straße oft Komplimente. Und doch fehlt dem Oberklasse-Coupé das Zeug zum Trendsetter der Youngtimerbranche. Als Sammlerstück nimmt ihn nur eine kleine Szene wahr. Nostalgie sieht anders aus, fühlt sich antiker an, fährt sich nicht so gelenkig wie dieser BMW. Für Barock und Plüsch waren andere zuständig, damals, als die Bayern ihre legendären CS-Coupés (1968-76) ablösten. Den Fahrer erwarten straffe Sessel mit zupackender Kontur, ein Cockpit im schwarzen Designerstil der 70er-Jahre und Old-School-Reihensechszylinder-Motoren, die säuselnd zubeißen. Weder Stadtverkehr im Vierten noch linke Spur bei 6000 Touren verweigern sie. Dauertempo 200? Klar. Nur die orangefarbene Nachtbeleuchtung der Instrumente verrät, dass dieses Coupé aus dem Flokati-Zeitalter stammt. Und das Schönste: Wer heute einen 6er will, braucht keinen Sechser im Lotto.

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Youngtimer-Spezial: Coole Klassiker für alle Fälle
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Youngtimer-Spezial: Coole Klassiker für alle Fälle

Porsche 911 (Typ 964): Ein Milder unter Wilden

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Video: Porsche 911 S

Die Sportwagen-Ikone

Bild: AUTO BILD
Spätsommer 1988, Porsche stellt den rundum renovierten 911 Carrera vor, die erste konstruktive Neuinterpretation des Themas seit dem Debüt 1963. Sofort nimmt das Verhängnis seinen Lauf: Kaum steht ein neuer Elfer im Laden, sehen dessen gusseiserne Anhänger das Ende des Abendlandes heraufziehen. Zu beklagen gibt es für Traditionalisten einiges: Der 911 trägt Stoßfänger in Plastik-Optik. Hinzu kommen Beliebigkeiten wie ein Schraubenfeder-Fahrwerk, Servolenkung und ABS. Alles längst verziehen, auch die Probleme der ersten Jahre, als Kinderkrankheiten den intern Typ 964 genannten Elfer begleiteten. Lange haben ihn die Auskenner und Schlaumeier der 911-Szene gering geachtet und den Vorgänger Carrera 3.2 zum letzten echten 911 stilisiert. Jetzt ist der 964 durch. Seit Jahren ziehen die Preise von Carrera 2 und 4 an. Einer seiner wenige Nachteile.

Corvette C4: Die Maus, die brüllte

Die Corvette C4 ist ein wildes Ding, und kommt trotzdem sehr solide daher. Das kam so: Nach 16 Jahren mit dem Coke-Bottle-Modell C3 kommt 1984 die wesentlich modernere vierte Generation auf den Markt, die C4. Mit der machten ausgerechnet die Ame­rikaner vor, wie Downsizing funktioniert. Vom Big Block mit 7,4 Liter Hubraum (genannt Rat-Motor) wechselte GM in der Cor­vette nämlich endgültig auf den Small Block – Spitzname Mouse-Motor. Der Mäuse-V8 ist für US-Ver­hältnisse bescheiden: nur 5,7 Liter Hubraum. Und GM voll­brachte dabei das Kunst­stück, dem immer noch stattlichen Triebwerk lediglich 205 PS zu entlocken, das entspricht ei­ner spezifischen Leistung von sanften 36 PS/Liter. Saufen kann die Vette trotzdem, schluckt 17 Liter auf 100 Kilometern. 1989 lässt GM die ZR-1 aus dem Zwinger. Deren Vollalu-Mo­tor mit oben liegenden Nocken­wellen hat Lotus entwickelt, er leistet erst 375 PS, später so­gar 405. Diese Modelle sind begehrt, aber teuer.

Audi Coupé: Die letzte echte Kante

Audi Coupé
Das Audi Coupé war die letzte echte Kante, danach wurden Autos zu Rundstücken.
Mit dem Coupé (Typ B2) öffneten die Audianer eine wahre Breitensport-Bibel, aus der Fans noch heute lesen und die übernächste Techniker-Generation gern zitiert. An ihm ist der Wertewandel der Nation abzulesen. Das Audi Coupé hatte serienmäßig nicht mal einen Heckwischer, ging 1980 mit 115 PS und Vergaser an den Start, war schlank und leicht. In den acht Jahren seiner Karriere pendelte das Leergewicht zwischen 950 und 1300 Kilo. Kein Gramm Fett zu viel, ein Auto wie ein teures Bio-Steak. Und die letzte echte Kante, danach wurden Autos zu Rundstücken. Neben einem neuen TT wirkt der alte Audi wie ein ausgeschlachteter Teileträger. Wie überstand das Audi Coupé die letzten 36 Jahre? Ein wesentlicher Teil des Bestands wurde Opfer mäßig begabter Tuner. Gute Autos ohne Tuning-Vergangenheit sind selten und deshalb den entschlossenen Kauf wert. Und bürgen für Spaß im Alltag.

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VW T3 Camper im Vergleich
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VW T3 Camper: Welcher ist der richtige?

Subaru SVX: Der Subaru von Giugiaro

An einzigartigen Merkmalen mangelt es diesem Coupé wirklich nicht: elektronisch geregelter Allradantrieb, Sechszylinder-Boxer mit Vierventiltechnik, Gewächshaus-Verglasung und ein Preisschild, das Mut bezeugte. Das alles von einer japanischen Nischenmarke, die bis dahin nur bei Förstern, Landwirten und Jägern hatte punkten können. Und dann kam ein Gran Turismo. Doch wem der neue SVX gefallen sollte, war wohl nicht mal den Subaru-Managern richtig klar. Das Ergebnis fiel deshalb nicht völlig überraschend aus. Um die 25.000 SVX bauten die Japaner in sieben Jahren, auf die dreifache Menge hatten sie gehofft. Selbst in den Subaru-Hochburgen USA und Schweiz kam er nicht an – und nur ganze 854 Autos wurden in Deutschland verkauft. Trotzdem verdient der SVX Respekt: Mutig war Subarus Aufbruch in die Oberklasse, nicht erfolgreich, aber charakterstark. Und der Japaner ist verfügbar, bezahlbar und auf jeden Fall anders.

Lancia Kappa Coupé: Ein Klassiker der Moderne

Lancia Kappa Coupé
Leistungssport beherrschen andere besser. Das Lancia Kappa Coupé ist ein schneller, subtiler GT.
Der letzte echte Lancia. Der Kappa hat alles, was Lancisti glücklich macht. Drei Motoren gibt es, keiner wie der andere. Ein Reihenfünfzylinder markiert mit 2,4 Liter Hubraum und 175 PS den Einstieg. Darüber wirkt der rauchige Dreiliter-V6 der Konzernschwester Alfa Romeo, den Lancia aber nur mit Automatik verkauft, wodurch das Potenzial seiner 204 PS verkümmert. Kurz vor Schluss kommt noch ein Zweiliter-Turbo mit vier Zylindern und 220 PS, ein Ergebnis der italienischen Luxussteuer auf hubraumstarke Motoren. Am Wesen eines Kappa Coupé ändern sie alle nichts. Es ist kein Asphaltbrenner, sondern ein klassischer Gran Turismo, der seine Limousinen-Gene erfolgreich verschleiert. Vorn schnüffelt das Kappa Coupé tief am Boden, um die Taille pummelt es, und unten schauen die Räder wie zu kurz geratene Beine heraus. Keine Frage, die Carrozzeria Maggiora aus Turin hat schon bessere Entwürfe abgeliefert. Egal: Wer den Charakter des Kappa Coupé nicht verstehen will, soll halt wieder einen BMW nehmen. Architekten und Kulturmenschen mit Faible für italienisches Design greifen hingegen gern zu.

Toyota Supra 3.0i Turbo: Die solide Super-Supra

Die Supra machte Ernst. Sie war Toyotas erster echter Sportwagen, der auch so schnell war, wie er aussah, aber robust blieb wie ein Toyota. Bei der Supra Mk III von 1986 passten die inneren Werte und das knackige Äußere zusammen: Zum dohc-Sechszylinder mit Turbo kamen schmucke Coupé-Linien, und dank Targa-Konstruktion war immer ein bisschen Cabrio-Gefühl dabei. Der 944 Turbo war schneller, war mehr Sportwagen. Doch die Supra war stramme 22.000 Mark billiger und trotz Fahrwerksabstimmung durch Lotus eher ein Gran Turismo. Ein japantypisch fast komplett ausgestatteter: Klimaautomatik, ABS (ab 1987), Katalysator und Targadach zählten beim 235 PS starken Topmodell Supra 3.0i Turbo zur Serie. Die Supra deshalb als Sportwagen nicht ernst zu nehmen, wäre ein Fehler. Sie räuberte dort, wo der Preis wichtiger war als das Image und der solide Ruf der Technik nicht als Mangel an Ehrgeiz gedeutet wurde. Mit diesem Rezept fuhren sich die Japaner in die Herzen der europäischen Autokäufer: erst mit Langlebigkeit, dann mit Leidenschaft.

MG B GT: Der günstige Engländer

MG B GT
1962 präsentierte MG den Roadster, 1965 den GT – zusammen waren sie ein Erfolgsteam.
Eigentlich sollte er GB heißen. Wie gut und billig. Denn als Coupé ist der MG B ein Schnäppchen unter den Alltags-Sportwagen. Dabei ist nur ein Klischee, dass es einem MG B-Besitzer egal ist, ob er zerzaust und durchnässt am Ziel ankommt. Immerhin waren 24 Prozent der rund 500.000 gebauten MG B geschlossene Coupés, da wasserdicht wie sturmfrei. 1962 präsentierte MG den Roadster, 1965 den GT – zusammen waren sie ein Erfolgsteam. Denn in den Sechziger- und Siebzigerjahren entwickelte sich der MG B zu einem der meistverkauften Sportwagen der Welt. Und nach dem Produktionsende im Jahr 1981 umgehend zu einem der beliebtesten Klassiker. Warum? Weil er genau das bietet, wovon Autoromantiker träumen: viel Vergnügen für relativ wenig Geld. Er ist simpel gebaut, robust und auf seine kernig-britische Art zeitlos schön. Und obendrein pflegeleicht dank voller Ersatzteilregale. Vorn röhrt ein gusseiserner Vierzylinder von mäßigem Temperament, hinten baumelt an Blattfedern eine Starrachse, und die Stoßdämpfung übernehmen altmodische Hebelinstrumente. Das Fahrvergnügen vermag die rustikale Technik freilich nicht zu schmälern – wer es rau, aber herzlich mag, wird hier bestens bedient.

Von

Christian Steiger
Nikolaus Eickmann
Wolfgang König
Stephan Bähnisch
Claudius Maintz