Breite Backen, Gewichtsreduktion und Leistung – das erfolgreiche Konzept der AMG-Black-Series-Modelle steuert auf einen neuen Höhepunkt zu. Nach SLK 55 AMG und CLK 63 AMG kommt nun der luxuriöse Zwölfender SL 65 AMG in den Genuss der Sport-Kur. Für 309.000 Euro fährt er ab November 2008 vor. Dachmechanik weg und viel Carbon am Körper steht auf dem Diätplan. 250 Kilogramm werden so gegenüber der Serie eingespart. Dazu gibt es ein vielfach verstellbares Gewindefahrwerk und die Umstellung der SBC-Bremse auf konventionelle Hydraulik. Letzteres soll zusammen mit den monströsen Verbundscheiben auch bei härtestem Renneinsatz beste Verzögerung garantieren. Das macht Sinn, verbirgt sich doch unter der Leichtbauhaube eine Urgewalt. Optimierte Turbolader, veränderte Ansaugluftführung und eine Abgasanlage mit weniger Gegendruck entlocken dem zwangsbeatmeten Monster-Motor statt 612 nunmehr 670 PS.

Der neue Über-SL erinnert akustisch an selige Rennsport-Zeiten

Mercedes-Benz SL 65 AMG Black Series
Auch akustisch ein Genuss: Der Über-SL begeistert mit seinem V12-Fauchen.
Gekoppelt wird das Kraftpaket an die bewährte Fünfstufen-Automatik – denn nur sie kann den bärigen 1000 Newtonmetern standhalten. Zwischengasfunktion beim Zurückschalten sowie das manuelle Schaltprogramm M2, welches 20 Prozent schneller die Gänge wechselt als der M1-Modus, machen den Selbstschalter pistentauglich. Auf abgesperrter Strecke bekommen wir eine erste Kostprobe. Noch dürfen wir nur zuschauen, doch allein schon das beeindruckt. Mit leicht wedelndem Heck und quietschenden 20-Zoll Rädern schießt der Mercedes SL 65 AMG Black Series aus der Boxengasse, knallt bollernd den zweiten Gang rein und taucht in die erste Kurve – um kurz darauf mit atemberaubendem Tempo auf der Geraden an uns vorbeizuschießen. Was bleibt, ist eine von Turbopfeifen, V12-Fauchen und Reifenquietschen angereicherte Akustik, die Erinnerung an früher weckt.

Vor 30 Jahren reichten noch 375 PS aus einem Achtzylinder

Mercedes-Benz AMG 450 SLC Mampe Mercedes-Benz SL 65 AMG Black Series
Dickes Ding: Gegen den 450 SLC wirkt der SL 65 fast schmal – der Eindruck täuscht.
Damals, Ende der 70er-Jahre, als ein ähnlich breitbackiger Sternenträger die Rennszene aufmischte. Vom Berliner Likör-Hersteller Mampe (Lufthansa-Cocktail) gesponsert, reifte der 375 PS starke AMG 450 SLC 1980 zum Nordschleifen-Sieger heran. Den Innenraum des Alten beherrscht blankes Blech. Ungefiltert brabbelt der leistungsgesteigerte V8 ins Ohr. Statt LED-Schaltlampen und alltagstauglicher Behaglichkeit wie im neuen AMG-SL zittern hier viele Chronometer-Zeiger, statt kühlen Klimas wird der Fahrer fast gegrillt. Und doch eint die beiden Über-SL das Streben nach größtmöglicher Längs- und Querbeschleunigung – ein deutliches Zeichen dafür, dass der rennsportinspirierte Ansporn von einst bei AMG nicht vergessen ist.
Das Fazit: Der erste Eindruck vom SL 65 Black Series ist gewaltig. AMG hat einen hochkarätigen Sportwagen geschaffen, der mit dem Serien-SL nur die Türen gemeinsam hat – die Form, denn das Material ist Alu-Magnesium. Mit dem 670-PS-V12 dürfte der Mega-SL für einige Nervosität bei den Supersportlern sorgen. Das Thema CO2 klammern wir hier mal aus: Denn Boliden wie dieser dienen auch der Forschung für geringeren Verbrauch in der Großserie.

Von

Frank Wiesmann