Opel Monza 3.0 E: Die große Dauertest-Bilanz
—Monza, wir werden Dich vermissen!
Rund 50.000 Kilometer legte der weiße Opel Monza im Dienst von AUTO BILD KLASSIK zurück. Hier die große Bilanz eines Dauertests der besonderen Art. Mit Videos!
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So klingt der Monza
Das stimmt, auch neue Scheiben und Beläge konnten das Problem nicht lösen. Das Torfsack-Pedalgefühl ist wohl so original 1980 wie die schwachen H4-Hauptscheinwerfer des Monza und das wirkungsarme Gerubbel seiner Scheibenwischer. Auch Papas Stereo-Kassettenradio wirkt im heutigen Gebrauch nicht nur gestrig, sondern richtig antik, zumal die anfällige Scheibenantenne die Nutzung des Radios größten-teils vereitelte. Und die Tankuhr konnte Langstreckentouren verdüstern, wenn mal wieder Nachfüllen mit dem Kanister nötig war: Eine Reserve-Warnleuchte wäre auch vor 34 Jahren nicht zu viel verlangt gewesen. Der Verbrauch dagegen geht für ein 70er-Jahre-Sportcoupé mit Gusseisen-Motortechnik aus den 60ern in Ordnung: Nur 11,2 Liter hat der Monza im Schnitt durch die L-Jetronic rauschen lassen – und das, obwohl er häufig durch die Hamburger Rushhour fuhr und nur selten bedächtig auf der Auto-bahn unterwegs war.
Manches konnte der alte Opel sogar besser als viele moderne Testwagen: Gleichzeitig schnell und komfortabel sein, ein Verdienst der hochschultrigen Reifen im selten gewordenen Format 195/70-14 und der soft abgestimmten Federung, wie sie in den 70ern gute Sitte war. Auch Sitzkomfort und Raumgefühl erschienen manchem Neuwagen-Umsteiger als Gewinn. Nicht wenige Monza-Benutzer erschauderten erst vor dem durchdringenden Grün der Velourspolster, freuten sich dann aber über die Helligkeit des Innenraums, die großen Fensterflächen und die grandiose Übersichtlichkeit der kantigen Coupé-Karosserie.
Monza mit nur 3000 Euro bewertet
Und alle fragten sich nach einer Tour im Monza, warum so ein cooles Auto nicht langsam teurer wird. Rund 3000 Euro hätte der Monza – Zustand 3 laut Classic-Data-Liste – bei Testbeginn im Frühjahr 2013 auf dem freien Markt gekostet, ungefähr das Gleiche würde er nach dem Dauertest wieder bringen – und immerhin beweisen, wie günstig der Einstieg ins Oldtimer-Hobby noch immer ist. Doch auch sonst war das Vergnügen im Plüsch-Coupé der Travolta-Ära kein exklusives: Neben dem Benzinverbrauch blieb der Ölkonsum mit 0,2 Litern auf 1000 Kilometer im Rahmen. Fahrzeugsteuer (191 Euro) und Oldtimerversicherung (Vollkasko bei OCC, 251 Euro) spielen im Budget fast keine Rolle. Unterm Strich hat jeder Kilometer nur 17 Cent gekostet: Sportcoupé-Fahren auf Motorroller-Niveau.
Zugegeben, die Reparaturen am Monza haben sich auf einen stattlichen Betrag zusammengeläppert: 8454 Euro hat es gekostet, den Dauertest-Klassiker am Laufen zu halten – womit sich die Kilometerkosten auf 33 Cent erhöhen. Ganz fair ist die Rechnung aber nicht, wie ein Blick in die detaillierte Aufstellung zeigt: Der größte Teil floss in substanzerhaltende Maßnahmen, rentiert sich also erst in den kommenden Jahren. Bevor der Monza in die Redaktion kam, hatte er jahrelang in der Opel-Sammlung gestanden und war nur gelegentlich mit roten Nummern bewegt worden. Der Zustand bei Testbeginn war typisch für jüngere Klassiker: 159.000 Kilometer auf dem Zähler, zwei Vorbesitzer, die ihn gut pflegten, aber nicht verhätschelten und bis zuletzt im Alltag fuhren. Es waren noch die ersten Stoßdämpfer, die wir nach 34 Jahren austauschten, auch die Schwingungsdämpfer der Hinterachse und die Anschlagdämpfer der Vorderachse waren gleich zu Anfang fällig – macht 1140 Euro. Auch danach summierten sich die kleineren Werkstatt- Rechnungen im dreistelligen Euro-Bereich, wobei die Ersatzteile günstig und schnell lieferbar waren. Als der Monza bei Kilometerstand 173.323 ei¬ne neue Lichtmaschine brauchte, kam innerhalb weniger Tage ein Neuteil ins Haus, Gesamtrechnung 276,06 Euro (inklusive Einbau).
Teuer wird das Monza-Fahren erst, wenn Karosseriearbeiten fällig werden – und zwar nicht nur das Beseitigen von Rostschäden. So blieb ausgerechnet im Sommer das Stahlkurbeldach des Monza über längere Zeit geschlossen – denn wenn es hakt, müssen nicht nur Teile her, die es nicht an jeder Ecke gibt, sondern auch ein Experte, der sich noch mit der Reparatur historischer Schiebedächer auskennt. Natürlich liefert Opel nach 34 Jahren auch keine originalen Ronal-Aluräder für den Monza mehr: Also suchte die AUTO BILD KLASSIK-Redaktion nach gebrauchten Alus, die sich für schmale 51 Euro auf eBay fanden. Einfach so draufstecken, die alten, noch ganz ordentlich aussehenden Räder, oder doch erst mal auf versteckte Schäden checken und hübsch machen? Wir mochten kein Risiko eingehen und zahlten 750 Euro fürs professionelle Aufarbeiten.
Beide Kotflügel saniert
Natürlich hatte der Monza auch Rost. Die braunen Bläschen bildeten sich, wo alle Opel dieser Ära irgendwann porös werden, nämlich an der Hinterkante der vorderen Kotflügel und den A-Säulen. Den rechten Flügel konnte der Rüsselsheimer Alt-Opel-Restaurator Peter Eberhard mit einem selbst angefertigen Reparaturblech retten, den linken gab es noch als Neuteil – für 450 Euro und viel gutes Zureden, weil Opel-Fans solche Preziosen nicht ohne Not auf den Markt werfen. Am Ende überwiesen wir – inklusive Teillackierung – über 2000 Euro und beschlossen, das sanfte Aufblühen einiger Schweißpunkte über der Heckschürze bis zum Ende des Dauertests zu übersehen: Da hat der Monza in jungen Jahren wohl einen Unfallschaden gehabt, der damals eher lässig repariert wurde.
Sehnsucht nach dem "Krk"
Auch das lehrt einen ein altes Auto im Alltag: cool bleiben. Wäre der Perfektionismus mit uns durchgegangen, dann hätte Monza-Fahren nicht 33 Cent pro Kilometer gekostet, sondern 50 oder 60. Doch auch eine andere Rechenweise ist okay, viele Selbstschrauber kennen sie genau: Wer seinen Klassiker selbst repariert und die Arbeitszeit nicht rechnen muss, fährt billiger als jeder Sparkommissar im neuen Dacia Sandero ohne Extras. Vor allem: Er fährt immer. Ein einziges Mal mussten wir den Monza anschieben, es gab Probleme mit dem Zündschloss. Aber stets kam der Opel von 1980 an, jaulte dabei leise mit seinem Getriebe und brauchte ein wenig Feingefühl beim Wechsel vom Ersten in den Zweiten. Am Anfang hat das noch gestört. Jetzt wird es uns fehlen.
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