1964, Großer Preis von Belgien in Spa: Bruce McLaren sitzt mit blutverschmiertem Gesicht im Cockpit – und grinst zufrieden: Ja, ein Stein hat ihn links unterhalb der Nase erwischt, aber er ist gerade Zweiter geworden. Und das, obwohl seinem Cooper kurz vorm Zieleinlauf das Benzin ausgegangen ist. 1965, Großer Preis von Frankreich in Clermont-Ferrand: Dan Gurney hat nichts daraus gelernt. Er schneidet mit seinem Brabham so die Kurve, dass Schottersteine aufwirbeln, dabei schützen nur eine Brille und ein gepunktetes Stofftuch Gurneys Gesicht. 1968, Großer Preis von Frankreich in Rouen: Graham Hill steht neben der Strecke auf dem Rasen – sein Lotus ist ausgefallen. Während alle anderen Formel 1-Wagen auf regennasser Strecke bei miserabler Sicht durch die Gischt donnern, hält Lotus-Teamkollege Jo Siffert bei Hill an und leiht sich dessen Helmvisier. Kleine Momente eines großen Sports und einer war immer dabei: Rainer Schlegelmilch mit seinen Kameras.

Exklusiv: In der Bildergalerie sehen Sie die Fotos von Rainer Schlegelmilch! 

Jack Brabham
Kaum 1,65 Meter lang, darf er aber als einer der ganz großen Motorsportfotografen gelten. Jetzt, mehr als 60 Jahre nach der Geburt der Formel 1, zeigt Schlegelmilch seine besten Bilder von kleinen und von großen Momenten in einem Bildband und einer Ausstellung. Das Buch, 216 Seiten stark und schwer wie ein Weltmeister-Pokal, beschränkt sich auf die 1960er-Jahre. "The Golden Age of Formula 1" heißt der 65-Euro-Schmöker aus dem Verlag teNeues. Die großformatigen Schwarzweißbilder sind genau das Richtige für einen ruhigen Samstagnachmittag auf dem Sofa: Schlegelmilch war ganz nah dran an Jack Brabham und Phil Hill, an John Surtees und Denis Hulme, an Jacky Ickx und Jochen Rindt – und der Leser ist es auch.

Klassiker der Sixties: Die Autos der 1960er-Jahre

BRM P57
Er wird Zeuge, wie Jim Clark 1963 in Monte Carlo führt, aber in der 78. Runde das Getriebe seines Lotus verreckt. Streckenposten helfen, den Wagen von der Strecke zu rollen – einer lässig mit Zigarette im Mundwinkel, an die Feuergefahr denkt keiner. Der Leser sieht ausgebrannte Boliden, liest von tödlichen Unfällen (einem bis zwei pro Saison). Und muss schmunzeln über Jackie Stewart und Graham Hill: 1965, beim 1000-Kilometer-Rennen auf dem Nürburgring, hockt der dreimalige Formel-1-Weltmeister Stewart hinter dem zweimaligen Weltmeister Hill – und näht ein Loch in dessen Hosenboden zu.
Während Graham Hill sich mit einer feschen Dame in modischen Steghosen unterhält. Die Ausstellung "60 Jahre Formel 1" im Museum Prototyp in Hamburg führt seine Besucher durch die gesamte Geschichte der Königsklasse im Motorsport. Auch hier sind Rainer W. Schlegelmilchs Fotos allgegenwärtig, könnten sogar als Kunstdrucke gekauft werden. Aber das Museum Prototyp bietet nicht nur Geschichte zum Anschauen, sondern auch zum Anfassen. Der Maserati 250F und die Alfetta von Alfa Romeo aus den 1950er Jahren stehen in den liebevoll restaurierten Hallen in der HafenCity, daneben der Porsche 718/2 von 1960 und Michael Schumachers erstes Formel 1-Auto, sein Jordan 191 von 1991. Auf Flachbildschirmen laufen dazu faszinierende Rennszenen. Die Ausstellung läuft vom 28. November 2010 bis zum 27. März 2011, immer dienstags bis sonntags 10 bis 18 Uhr, Eintritt 10 Euro.