Ferrari F40
Wahrscheinlich einzigartig: der Verde-Abertone-farbene Ferrari F40.
Bild: S. Krieger
Für Ferrari-Enthusiasten gibt es nur drei Farben, die auf einen Sportwagen aus Maranello gehören: Rosso Corsa, klar. Schwarz und gelb gehen als Exoten gerade so durch. Jegliche Abweichung von dieser Farbenlehre kommt für viele einem Sakrileg gleich. Doch glücklicherweise gibt es mutige Ferrari-Besitzer, die die ausgefahrenen Wege verlassen. Zu ihnen gehört auch Eugenio Amos, Besitzer des wohl einzigen grünen Ferrari F40. Um aufgebrachte Rot-Anhänger zu beruhigen: Ja, Verde Abertone ist eine Ferrari-Farbe, aber eine nur selten auf der Straße anzutreffende Lackierung. Um so mehr ist es erfreulich, dass gerade ein F40, der nahezu immer in Rot über den Asphalt rollt, diese außergewöhnliche Pigmentierung bekam. Zahlreiche Mängel an der Karosse machten die Lackierung zu einer mehr als aufwendigen Arbeit, da sie teilweise aus Carbon, Aluminium und Kevlar besteht. Das Interieur wurde ebenfalls überarbeitet und aufgefrischt. Cappuccino-farbenes Leder, wahrscheinlich auch ein Novum in einem F40, ziert das Gestühl des schnellen Italieners.

F40 als Antwort auf Demütigung durch Porsche

Die legendäre Geschichte des Ferrari F40 beginnt 1987, als Ferrari die letzten Tests mit dem Sportler im Modeneser Umland fuhr. Damals lief das Projekt noch unter dem Decknamen "Le Mans", und die Scuderia war ein mittelmäßig erfolgreiches Rennteam, dessen große Erfolge auf den welligen Seiten alter Automagazine vergilbten. Ganz vorn fuhren andere, auf den Rennpisten der Welt und ab 1986 auch auf der Straße. Vor allem die Porsche-Männer, die dem internationalen Geldadel gerade den 959 als Objekt der Begierde anbot. Dessen 317 km/h Spitze bedeuteten Weltrekord – und eine Schmach für Ferrari. Der Commendatore höchstpersönlich erteilte den Entwicklungsauftrag, Mamma Fiat stimmte im Sommer 1986 zu, denn das schnellste Serienauto sollte wieder das Cavallino Rampante tragen. Chefentwickler Nicola Materazzi überzeugte Enzo Ferrari vom Leistungsversprechen der Turboaufladung. Und so erweiterten die Ferrari-Ingenieure den Achtzylinder des GTO auf knapp drei Liter und spickten das kurzhubige Triebwerk mit zwei IHI-Ladern, die den 24-Ventiler mit maximal 1,1 bar unter Druck setzen.

Kunststoff-Mix wie in Formel-1-Auto

Ferrari F40
Der F40 ist die Vollendung des Supersportwagens alter Schule. Ohne Traktionskontrolle. Ohne Servolenkung. Ohne ABS.
Bild: S. Krieger
Auch Designer Pininfarina zeichnte den F40 mit. Die gestauchte Zweckform mit dem – aerodynamisch bitter notwendigen – Henkel auf der Motorabdeckung stammte von ihm. Erstmals verwendete Ferrari für den dramatisch gestylten Body einen ultraleichten Kunststoff-Mix wie in Formel-1-Autos. Den Lack in Rot, Gelb, Schwarz oder (in den 80ern nur ein einziges Mal verwendet) Weiß trug Ferrari so dünn auf, dass Betrachter noch die Strukturen des Materialkomposits erkennen können. Im engen Cockpit geht es dagegen beinahe asketisch zu im Fiat Panda. Die klassische, offene Schaltkulisse zeigt mechanische Ästhetik in Reinform, Komfort bringt nur der Filzteppich auf dem Armaturenträger. Seine 478 PS prügeln den Mittelmotor-Renner in rund vier Sekunden auf 100 und – noch viel wichtiger – bis zu 324 km/h. Damit zeigt der F40 Porsche die Rücklichter.

Die Vollendung des Supersportwagens alter Schule

Ferrari F40
Nicht selten stemmt der zwangsbeatmete Dreiliter-V8 des Ferrari F40 auf dem Prüfstand mehr als 500 PS. Das Werk versprach nur 478.
Bild: S. Krieger
Unter 4000 Touren gibt sich der V8-Renner fast schon handzahm, die fünf Vorwärtsgänge lassen sich präzise schalten, akustisch untermalt vom Ferrari-typischen "Klack-klack". Doch wehe dem, der sich vom massiven Leistungsschub überraschen lässt, den der Twinturbo dann auf seine 335er-Hinterwalzen loslässt. Unangemeldet wüten 577 Newtonmeter, die den F40 die Erdkrümmung entlang katapultieren können – oder aber schnurstracks aus der Kurve. An ebendiesem Scheitelpunkt unterscheidet sich der F40 von seinen Erben. Denn er ist die Vollendung des Supersportwagens alter Schule. Ohne Traktionskontrolle. Ohne Servolenkung. Und ohne ABS! Dieses Tier kostete in den 80ern 444.000 Mark, so viel wie 29 VW Golf CL mit Radio Beta. Ferrari gab sogar die ursprünglich geplante Limitierung auf und baut bis 1992 immerhin 1315 Stück. Ein Meilenstein! Weder sein direkter Nachfolger F50 noch der überdesignte Staubsauger namens Enzo begeisterten in den vergangenen zwei Jahrzehnten so sehr wie der puristische F40.

Technische Daten

Ferrari F40
Kinder der frühen 90er träumten davon, einmal hier sitzen zu dürfen, wo Askese und Enge herrschen.
Bild: S. Krieger
Ferrari F40 Motor: V8, Biturbo, Mitte längs • vier obenliegende Nockenwellen, über Zahnriemen angetrieben, vier Ventile pro Zylinder, elektronische Einspritzung • Hubraum 2936 ccm • Leistung 351 kW (478 PS) bei 7000/min • max. Drehmoment 577 Nm bei 4000/min • Antrieb/Fahrwerk: Fünfgang-Schaltgetriebe • Hinterradantrieb • Einzelradaufhängung vorn und hinten, vorn mit doppelten Dreiecksquerlenkern, Federbeinen, hinten mit doppelten Trapezlenkern, Federbeinen, Stabilisator vorn und hinten • vier innenbelüftete Scheibenbremsen • Reifen vorn 245/40 ZR 17, hinten 335/35 ZR 17 • Maße: Radstand 2450 mm • L/B/H 4430/1980/ 1130 mm • Leergewicht 1254 kg Fahrleistungen/Verbrauch: 0–100 km/h in 4,0 s • Spitze 324 km/h • Verbrauch ca. 20 l Super plus pro 100 km • Neupreis: 444.000 Mark (1989).

Historie

Die Geschichte der besonders seltenen Ferrari begann nicht erst in den schrillen 80ern. Serienfertigung gab’s in Maranello erst ab 1960 mit dem 250 GTE 2+2. Davor war jeder Ferrari praktisch einzigartig. 1984 besannen sich die Italiener auf ihre Tradition beim Bau ultraseltener Supermodelle und stellten in Genf den 288 GTO vor: 400 PS stark und 305 km/h schnell. Auf Basis des GTO, von dem nur 272 Exemplare entstanden, fertigte Michelotto in Padua fünf GTO Evoluzione, einen wahrhaftigen Rennwagen für die Straße, der viele Details des F40 vorwegnimmt. Am 21. Juli 1987 präsentierte Ferrari daheim in Maranello den F40. Mit ihm feierte die Sport- und Rennwagenschmiede – der Name verrät’s – ihren 40. Geburtstag. Die Zahl der Vorbestellungen übertraf alle Erwartungen. Als Enzo Ferrari ein Jahr später starb, gingen die Preise durch die Decke. Nicht selten wechselten Autos für astronomische Summen den Besitzer, noch bevor Ferrari sie überhaupt ausgeliefert hatte. Sein wesentlich seltenerer Nachfolger F50 erreichte nie den Hype des F40 – trotz des V12-Motors. Und trotz seines modischen Stylings. Oder gerade deswegen?

Plus/Minus

Das Superauto der späten 80er betört noch immer als Gesamtkunstwerk: sowohl mit seinen Fahrleistungen als auch durch seine brachiale Gestalt – sie hat die Schulterpolster-Ära erstaunlich gut überstanden. Wer es sich also leisten kann (und noch einen neuen Maserati Quattroporte für den Alltag in der klimatisierten Garage stehen hat), macht sicher keinen Fehler, wenn er sich einen F40 zulegt. Nicht zuletzt weil die Preise seit Jahren anziehen – und vermutlich auch nicht mehr sinken werden. Der Vollständigkeit halber: Ein dickes Minus gibt’s für Unterhaltskosten, maue Ersatzteillage und Alltagstauglichkeit.

Ersatzteile

Ein Ferrari kostet nicht nur in der Anschaffung verdammt viel Geld. Das gilt für den F40 in besonderer Weise. So sind einige Teile der Karosserie nicht mehr verfügbar, zum Beispiel die Motorabdeckung. Die gibt’s nur noch als Sonderanfertigung – und kostet dann mindestens 20.000 Euro. Die Gummitanks müssen alle zwölf Jahre getauscht werden, da sind sicher 12.000 Euro fällig. Eine Inspektion muss alle 5000 Kilometer sein und schlägt mit mindestens 2000 Euro zu Buche. Bei F40, die regelmäßig bewegt werden, kann auch öfter mal die Lichtmaschine schlappmachen – moderate 1000 Euro. Ein Zahnriemenwechsel kostet um 2000 Euro, ohne Steuern und Arbeitszeit.

Marktlage

Ferrari baute 1300 F40, es gibt immer wieder mal trennungswillige Besitzer. Die Preise für ein mängelfreies Auto beginnen bei einer Million Euro, die Kurve liegt stabil.

Empfehlung

Die wenigsten F40 haben mehr als 50.000 Kilometer auf der Uhr. Seriöser Vorbesitz, lückenlose Historie und ein gepflegtes Serviceheft sind wichtigste Entscheidungshilfen. Wenn es nicht partout ein F40 sein muss: Der Nachfolger F50 ist viel seltener und gehört zu den Modellen, die Ferrari-Kenner für unterbewertet halten.

Von

Lukas Hambrecht
Christoph Richter