Der VW T3 erreichte den Gipfel der eigenen Artenvielfalt als Reisemobil. Sowohl das Werk als auch unabhängige Anbieter lieferten eine breite, bunte Palette an Aufbauformen bei nahezu identischen Abmessungen. Seinen Vorgängern T1 und T2 hat der T3 einiges voraus: Er ist gut verfügbar und noch fast immer bezahlbar, flexibel bei der Frage nach dem idealen Aufbau und vielfältig in der Motorenauswahl. AUTO BILD KLASSIK hat sieben Typen beim T3-Camper-Vergleich getestet, vom luftgekühlten Westfalia über den individuellen Dehler bis zum großformatigen Karmann Gipsy.

Westfalia Joker: Klassiker mit Luftkühlung

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Video: Porsche B32

Der T3-Bulli von Porsche

Fachleute erkennen die luftgekühlte Urversion des T3-Campers am fehlenden zweiten Kühlergrill. Dem bewährten, heute gesuchten Zweiliter-Boxer im Heck verdankt der selten gewordene "Lufti" einen Großteil seines Charmes. Er klingt und fährt sich wie ein alter VW. Leider versickert viel Kraft in der dreistufigen Automatik. Schon ab 100 km/h wird es zäh. Um zügig zu beschleunigen, fehlt irgendwie immer der passende Gang. Der schöne, mittelbraune Lack heißt "Gazelle". Die Möbel in Eiche-Dekor und die grün-beigen Stoffe sind original, nicht retro. Passend dazu: das karge Schwarzplastik im Führerstand und die dünn unterfütterten Türverkleidungen. Natürlich kann der Joker auch praktisch. Hersteller Westfalia wählte als Basis die Kombiversion mit Seitenfenstern. Das Hubdach mit Segeltuchwänden macht aufrechtes Stehen am Zweiflammen-Herd möglich. Oben gibt es eine zweite Liegefläche, damit können vier Leute im Westfalia schlafen. Dieser T3 von 1980 passt dank zwei Metern Höhe in eine normale Garage. Er wäre für Familien der ideale Reisebegleiter. Doch leider lassen sich wegen fehlender Dreipunktgurte auf der Rückbank keine Kindersitze montieren.

Tischer Doka: Doppelkabine mit Rucksack

VW Tischer Doppelkabine
Die Tischer-Doka ist flexibel. Basisfahrzeug und Aufbau können getrennt genutzt werden.
Bild: Roman Raetzke
Das "Huckepack"-System der Firma Tischer hat seinen Reiz und eignet sich für Doppelkabinen. Küche, Dusche und Toilette sind an Bord, dank des großen Alkovens gibt es vier Schlafplätze. Bei Bedarf kann die Aufsatz-Kabine abgehoben werden – großer Auftritt. Während der 450 Kilo leichte Pfahlbau auf dem Campingplatz stehen bleibt, geht es mit der Familie in der Doppelkabine zum Sightseeing oder an den Strand. In den Kofferraum unter der Ladefläche passen Klapprad oder Gummiboot. Kein Wunder, dass die Doka zu den begehrten Bulli-Varianten gehört. Das liegt auch daran, dass es Raum für Änderungen gibt: TDI-Triebwerke von Audi oder Subaru-Boxer gehören zu den gängigen Umbauten, auch Porsche- und V8-Motoren passen rein. Mit dem überforderten 50-PS-Saugdiesel schleppt sich der Tischer T3 mit Tempo 70 durchs Land. Die eingetragene Spitze (87 km/h) wird nur erreicht, wenn die Topografie mitmacht und Gegenwind ausbleibt. Die Beschleunigung lässt sich mit dem Kalender messen, jede Steigung wird zur Geduldsprobe. Dafür wohnt es sich gut. Kein Bücken beim Einsteigen, viel Platz in der Küche, eine gut nutzbare Sitzecke und das immer einsatzbereite Doppelbett im ersten Stock sprechen für diese heute seltene Camper-Spielart.

Reimo T3: Alternative mit Hochdach

VW Reimo
Design und Qualität der Innenausstattung beim Reimo-Hochdach erinnern an das Vorbild Westfalia.
Bild: Christian Bittmann
Scharf kalkulieren und dabei auf nichts verzichten: Wer so denkt, der kann sich bis heute seinen T3-Camper aus dem Reimo-Katalog zusammenstellen. Möbel für den Innenausbau und Dächer gehören nach wie vor zum Sortiment der Firma aus der Nähe von Darmstadt. Das ist ein einmaliger Vorteil! Dass dem Erstbesitzer vor 30 Jahren ein Transporter in Kommunal-Orange als Basis diente, ist heute allenfalls am leichten Rost rund um die nachträglich eingesetzten Fenster zu erkennen. Der Rest ist Profi-Arbeit. Die Innenarchitektur ist durchdacht und solide und könnte auch im Joker stehen. Das nützliche Hochdach ermöglicht aufrechtes Stehen, und der zeitgenössische Paulchen-Fahrradträger beweist, dass hier jemand mit Erfahrung am Werk war. Der Reimo ist praktisch, aber nicht reizlos. Hinten nagelt gedämpft der aufgeladene 1,6-Liter-Diesel. Mit 70 PS fährt er sich ähnlich wie der gleich starke Zweiliter-Sauger. Die Leistung genügt für maßvolle Beschleunigung, das ideale Marschtempo liegt bei knapp über 100 km/h. Alles darüber verursacht unnötigen Stress. Gangwechsel machen mit dem nur vage auf langen Wegen durch die Kulisse irrenden Schaltmast zwar keinen besonderen Spaß. Aber sie lohnen sich: Bei vorausschauender Gangart begnügt sich der Turbodiesel mit 8,5 Litern auf 100 Kilometer. Ein Hochdach-Bulli mit 70-PS-Turbodiesel ist hier die goldene Mitte!

Karmann Gipsy: Familienfreund mit Alkoven

VW Karmann Gipsy
Rollender Zweitwohnsitz: Dank Alkoven und XL-Aufbau bietet der Gipsy am meisten Platz.
Bild: Roman Raetzke
Der Karmann Gipsy macht was her. Die Front mit den eckigen Leuchten und "Projekt Zwo"-Nebelscheinwerfern unterstreicht den erwachsenen Auftritt. Er spielt seine Größe gegenüber der Konkurrenz souverän aus. Obwohl in alle Richtungen nur wenige Zentimeter hinzugekommen sind, wirkt er innen doppelt so groß wie ein herkömmlicher Reise-T3. Der größte Vorteil des Karmann ist kaum messbar: ankommen, parken, Markise rauskurbeln, und der Urlaub beginnt. Die anderen müssen da noch Gepäck umschichten, Vorzelt aufbauen oder Betten beziehen. Zum Auftritt trägt die originale Einrichtung aus Echtholz, "Qualitätspolstern in Chesterfield-Rautenverarbeitung", Fransen und Vorhängen bei. Das kostete Ende der 80er fast 70.000 Mark und erinnert an Omas Wohnzimmer. Dank der vielen Schränke und des großen Dachgepäckträgers ist der Gipsy für langes Herumreisen ideal. Weil die Maße die eines normalen T3 übersteigen, braucht es für enge Altstadtstraßen aber etwas Training. Der Turbodiesel hat an dem Kasten ordentlich zu schleppen. Das Leergewicht beträgt trotz hohen Alu-Anteils über zwei Tonnen, die Aerodynamik ist verheerend. Im Gegensatz zum identisch motorisierten Reimo liegt das ideale Reisetempo beim Karmann unter 100 km/h, und so wendig wie die kleinere Verwandtschaft ist er auch nicht.

California Atlantic: High-End-Bulli mit Allrad

Atlantic Hochdach Syncro
So ein Atlantic Syncro mit Vollausstattung ist ein Auto für jeden Einsatzzweck – und eine Wertanlage.
Bild: Roman Raetzke
Dieser T3 hat alles und kann alles: Er ist ein California Atlantic mit Allrad, Differenzialsperren, ABS, Servolenkung, Klimaanlage, Tempomat, elektrischen Fenstern und Spiegeln und einer Innenausstattung, die auch nach mehr als 200.000 Kilometern noch wie neu aussieht. Und, und, und. Zum Grundpreis von rund 54.000 Mark addierten sich seinerzeit fast 20.000 Mark an Extras. Mehr Geld war bei VW nicht loszuwerden. Es gibt feste, gut passende Sitze in der ersten Reihe, Kopfstützen für die Rücksitze, einen dritten Dreipunktgurt ab Werk und drollige kleine Vorhänge im Panoramafenster des Hochdachs. Dazu Möbel, die vielleicht an Billy und Pax erinnern, aber auch nach fast 30 Jahren weder klappern noch knarzen. Hier steckt noch der "Syncro"-Antrieb drin, dessen Visco-Kupplung die Antriebskräfte je nach Bedarf auf die Vorder- und Hinterachse verteilt. Im Geländegang und mit eingelegten Sperren wühlt sich der Atlantic auch durch den Matsch. Abseits davon gibt er sich komfortabel und verbindlich, er kann Offroad und Langstrecke. Gegen die rund 140 Extra-Kilo des Allradantriebs und das Hochdach hat der 112 PS starke Motor ab 120 km/h spürbar zu kämpfen, er bleibt aber leise. Nachteil: Vielen ist dieser Premium-Camper zu kostbar, um ihn im Urlaubsalltag ranzunehmen.

Dehler 2+2: Designerware mit Wasserboxer

VW Dehler 2+2
Jachtbauer Dehler machte den T3 zum Freestyle-Camper. Basis des 2+2 ist ein Multivan.
Bild: Roman Raetzke
Der Dehler 2+2 ist spannend und fesch! Er trägt ein nach aerodynamischen Gesichtspunkten gestyltes Hochdach. Innen kommt dadurch eine Stehhöhe von 1,86 Metern zustande. Doch oben ist nur Gepäckraum. Platz zum Schlafen gibt es unten, auf der umklappbaren Rücksitzbank. Der laufruhige 92-PS-Motor hinterlässt den besten Eindruck im Vergleich. Kein anderer T3 fährt sich so agil wie der 2+2. Außerdem ist er, gemessen bei jeweils 80 km/h im höchsten Gang, der Leiseste. Die knappe Camping-Ausrüstung und die geschmeidige Motorisierung machen den Dehler zum Charakterdarsteller. Wo andere einen fest montierten Holzschrank haben, baumelt beim 2+2 hinten ein übergroßer Kleidersack an der Stange. Über den Köpfen der ersten Reihe hängt eine nützliche Ablage. Aus dem Hochschrank im Rücken des Fahrers lassen sich Duschwanne, Brause, Spiegel und Zahnputzbecher-Halter ausklappen. Das klingt alles nützlich, doch im Detail hakt es: Die Kühlbox ist klein, die Nasszelle ein Styling-Gag, und die Einrichtung zeigt Alterserscheinungen. Für kurze Zwischenstopps auf dem Weg zum Ferienhaus ist der Dehler ideal. Camping können andere besser.

Redstar T3: Fahrerauto mit Turbodiesel

Der vielseitige Redstar genießt zudem den Status, zu den wirklich allerletzten T3 zu gehören. Nachdem die "Limited Last Edition" (LLE, 2500 Stück) im Frühjahr 1992 ruck, zuck ausverkauft war, schob VW rund 500 Redstar für Mitarbeiter nach: alle in Graz bei Steyr-Puch gebaut, tornadorot lackiert und ausnahmslos mit Turbodiesel ausgerüstet. Der 70-PS-Motor passt prima zu den Anforderungen des Alltags. Der Redstar ist mit seinen lackierten Außenspiegeln und breiten Alus modern, mehr Pkw als Nutzfahrzeug. Darin liegt sein Geheimnis: Er bietet auf 4,57 Meter Außenlänge Platz für alles Mögliche. Auch mit sieben Sitzplätzen und vier Dreipunktgurten hält der Multivan ausreichend Kofferraum bereit. Familien lieben ihn dafür. Bleiben die beiden gegen die Fahrtrichtung montierten Einzelsitze daheim, gibt er den Transporter. Fürs Camping heißt es Rückbank umlegen und zur Verdunkelung mühsam die aufpreispflichtigen Gardinen befestigen. Ankleiden fällt schwer, weil aufrechtes Stehen unmöglich ist. Einziges Möbelstück ist der Klapptisch in der Seitenwand, an dem zwei Leute Platz finden. Heißt: Zu den vielen Talenten des Multivan gehört auch Camping ein bisschen dazu. Sein eigentliches Können liegt aber darin, alles andere zu beherrschen.

Bildergalerie

VW T3 Camper im Vergleich
VW T3 Camper im Vergleich
VW T3 Camper im Vergleich
Kamera
VW T3 Camper: Welcher ist der richtige?
Camper kaufen – und ab in den Urlaub? So einfach ist das Modethema T3 nicht zu behandeln. Die sieben Bullis sind Multitalente, jeder auf seine Weise. Doch viel Platz bedeutet nicht zwangsläufig hoher Nutzwert. Auch Motorleistung, Verfügbarkeit, Preis und Unterhaltskosten spielen eine Rolle bei der Bewertung des Gesamtpakets. Und der eigene Geschmack natürlich. Im Vergleich liegt am Ende liegt der Reimo vorn, weil er das beste Gesamtpaket bietet: Er ist bezahlbar, schnell genug, wirtschaftlich. Und er kann noch mit Neuteilen bestückt werden. Mit Wasserboxer wäre er perfekt.