Bei allen wechselnden Be­sitzverhältnissen und wirtschaft­lichen Berg-und-Tal-Fahrten war zumindest eines immer gewiss: Auf dem deutschen Markt fiel die Marke Chrysler nur durch Jeep-Modelle und Vans à la Voyager auf. Die anderen, normalen Ty­pen liefen unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Schade, dabei gingen interes­sante Ausreißer verloren. Typen wie das Stratus Cabriolet zum Beispiel. Ein Auto mit uramerikanischen Tugenden: viel Platz, große Ausstattung, kleiner Preis. 15 Jahre nach dem Debüt gilt das mehr denn je. Wo, bitte schön, gibt es schon ein gepflegtes Fünf-Meter-Cabrio mit Platz für vier und V6-Motor für 3500 Euro? Mit Winterpreisen hat das nichts zu tun, beim Chrysler Stratus sind immer Schnäppchen-Wo­chen.
Chrysler Stratus LX 2.5
Sternen-Kreuzer: Der Stratus ist eine stattliche Erscheinung und auch als Cabrio ein echter Viersitzer.
Mehr Ca­brio fürs Geld ist woanders kaum zu bekommen. Und damals wie heute gibt es zu einem Stratus LX 2.5 eigentlich nur eine vernünftige Alternative: das gleiche Auto mit sparsamem Zweiliter-Vierzylinder. Am Charakter des Stratus än­dert der Zweiliter wenig: Der Chrysler will gleiten, nicht we­deln. Seine Abmessungen von über 4,90 Metern – damit ist das Stratus Cabrio länger als die vier­türige Limousine gleichen Na­mens –, das Ge­wicht von fast zwei Tonnen bei voller Beladung und ein Wende­kreis von über 12,5 Metern sprechen gegen jede Eile. Auch mit Fünfgang-Schalt­getriebe wird aus dem Stratus kein 3er-BMW. Der ist ja auch 50 Zentimeter kürzer. 

Klappscheinwerfer-Kult: Chrysler LeBaron

Chrysler Stratus LX 2.5
Jede Menge Platz und weiches Leder sind beim Topmodell LX 2.5 Serie. Miese Materialqualität leider ebenso.
Nein, der Stratus steht zu seiner Herkunft, mehr noch als das kompaktere Vorgängermodell LeBaron mit den seltsamen Klappscheinwer­fern. Trotz moderner Optik und Technik – kein V8, aber Frontan­trieb und Einzelradaufhängung – ist der Stratus ein Ami klassischer Prägung. Es ist ein Cabrio zum mühelosen Genießen, nur wenig verwindungssteif, ohne sport­liche Ambitionen, dafür voll mit Wohlfühl-Accessoires. Lederausstattung, Klimaanla­ge, Automatik, elektrisches Ver­deck und elektrisch einstellbarer Fahrersitz, Tempomat, Nebel­scheinwerfer und Bordcomputer gehörten 1996 beim LX 2.5 zur Serienausstattung. 56.195 D-Mark waren dafür fällig – ein BMW 318i mit ähnlicher Ausstattung und Reihenvierzylinder kostete über 70.000 D-Mark. Trotzdem: 15 Jahre später ist der Bayer vom Typ E 36 beliebt wie eh und je – und der Chrysler selbst unter Freunden amerika­nischer Folklore vergessen.
Da­bei braucht es keine Vorliebe für Country-Musik und Fransenjacke, um den Stratus gut zu finden. Denn die Form im zeittypischen "Cab-Forward"-Design ist ansehnlich geblieben – glatt, ausgewogen, schnörkellos. Rücksitze und Kofferraum sind ernst gemeint, und der ge­botene Komfort des Gesamtpakets schont die Nerven. Ent­täuschend sind nur die Qualität des Plastiks sowie Architektur und Verarbeitung der Armatu­renbrettlandschaft. Das ist billig, nicht günstig. US-Car-Fans kennen das: Irgendwo muss man ja sparen, wenn im Angebot sonst schon alles ent­halten ist.

Historie

Zum Modelljahr 1996 erscheint das Chrysler Stratus (in den USA: Sebring) Cabriolet. Basis ist die Stratus (in den USA: Cirrus) Limousine, Schwestermodell das Sebring Coupé (nicht in Europa erhältlich). Das Cabrio ist länger als die Limousine, der Radstand aber kürzer. Neben dem Topmodell LX 2.5 mit V6-Motor (163 PS) und Automatik wird eine Vierzylinderversion mit zwei Liter Hubraum (131 PS) und Fünfgang-Schaltgetriebe angeboten. Grundmodell ist der Stratus LE 2.0 (Stoffsitze, Vinyldach), darüber rangiert der LX 2.0 (Ledersitze, Stoffdach). Zum Modelljahr 1998 entfällt der LE, 1999 erhält das Stratus Cabrio ein Facelift mit größerem Kühlergrill, 2000 erscheint das Sondermodell "Limited". 2001 läuft die Baureihe aus, Nachfolger ist das Sebring Cabriolet.

Technische Daten Chrysler Stratus LX 2.5

V6, vorn quer • vier Ventile pro Zylinder • eine oben liegende Nockenwelle pro Zylin­derreihe, über Zahnriemen angetrieben • Hubraum 2497 ccm • Leistung 120 kW (163 PS) bei 5850/min • max. Drehmoment 218 Nm bei 4400/min • Vorderradantrieb • Vierstufenautomatik • Einzelradaufhängung an Schraubenfedern mit Querlenkern vorn, mit Längslenkern hinten, Scheibenbremsen (vorn innenbelüftet) rundum • Rei­fen 215/55 R 16 • Radstand 2692 mm • L/B/H 4902/1780/1392 mm • Leergewicht 1660 kg, zulässiges Gesamtgewicht 1965 kg • Kofferraumvolumen 292 l • Spitze 198 km/h • 0–100 km/h 10,5 s • Tankinhalt 60 l • Verbrauch 10 l Normal • Neupreis 1996: 56.195 Mark.

Plus/Minus

Chrysler Stratus LX 2.5
Der V6 mit 2,5 Liter Hubraum ist eine Gemeinschaftsentwicklung mit Mitsubishi und eher ein ruhiger Geselle.
Vier Sitzplätze unter freiem Himmel, gut und komfortabel ausgestattet, für rund 3500 Euro – klingt verführerisch. So ein offener Chrysler Stratus (und auch sein Nachfolger Sebring) bietet unschlagbar viel Cabrio fürs Geld: Er ist groß und günstig, hat ausreichend Platz für Insassen sowie Gepäck und sieht da­bei auch noch manierlich aus. So ein An­gebot könnte also auch Cabrio-Fans überzeugen, die US-Produkte bisher nicht auf der Rechnung hatten. Einzig die Getriebe, Automatik wie Schalter, und der elektrische Verdeckmechanis­mus gelten als Schwachpunkte. Auch nicht so toll: die nachlässige Verarbei­tungsqualität des Innenraums. Das können Europäer einfach besser. Scha­de, dass das Chrysler-Image derart ruiniert am Boden liegt.

Ersatzteile

Ersatzteile können aus verschiedenen Quellen zu unterschiedlichsten Preisen kommen: vom Ex-Vertragshändler, der seine Reste rausramscht, aus dem Zu­behörhandel oder sogar gleich aus den USA. Selbst bei Mitsubishi können Stra­tus-Fahrer fündig werden. Ganz wich­tig: Namen sind Schall und Rauch, ent­scheidend sind die Teilenummern.

Marktlage

Der Stratus-Markt ist gut sortiert, alles da. Vom einfachen LE 2.0 bis zum vollausgestatteten LX 2.5 Limited, vom Vierzylinder mit Stoff über Vierzylinder und V6 mit Leder, als Schalter oder Automatik, mit fünf- oder sechsstelliger Laufleistung, zu Preisen zwischen 2000 und 7000 Euro. Also abwarten, anschauen und das Wunschauto wählen.

Empfehlung

Wo die Preise derart eng beisammen liegen, ist das Topmodell natürlich erste Wahl. Der Stratus LX mit V6-Motor hat Leder und Vierstufenautomatik ab Werk an Bord und entspricht viel eher dem US-Ideal des sämigen Cruisers als ein handgeschalteter Vierzylinder. In jedem Fall gilt: Der nachvollziehbar ge­wartete und gepflegte Wagen ist der bessere Kauf. Eine Rundum-Sanierung lohnt nicht und kostet nur Nerven, ei­ne gute und vertrauenswürdige Werk­statt sollte jedoch vorhanden sein.