Drei Achtzylinder aus drei Epochen
Tschüss, V8!

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Sie waren Stars, Sportler und Säufer. Achtzylinder rangierten mit ihrem Glanz und Glamour immer ganz oben, doch ihre Zeit soll ablaufen. Wir blicken zurück auf eine Ära, in der Klang noch wichtiger war als Verbrauch.
Ein klassischer V8 ist so etwas wie der Tsunami des Motorenbaus. Man spürt ihn, bevor er wirklich da ist – sogar am großen Lenkrad eines 50-jährigen Chevrolet Bel Air. Wenn sich der Zündschlüssel in seinem Schloss dreht, drückt die unsichtbare Faust eines Riesen den Vorderwagen nach unten. Als Gegenmoment zur schweren Kurbelwelle. Der Gigant im Motorraum räkelt sich, zündet, hustet einmal tief aus den Endrohren und fällt in sein tiefes, gelassenes Grollen. Und diese Stimme Amerikas soll bald verstummen? Kein anderer als Mister Car Guy persönlich, Bob Lutz, stimmt den Abschied vom V8 an. "Die Achtzylinder haben keine Zukunft", sagte der anerkannte PS-Fanatiker im GM-Vorstand, als Cadillac bekannt gab, kein neues V8-Motorenwerk zu bauen. Auch Audi ersetzt den Achtender im S4 durch einen Sechszylinder mit Kompressor. Und bei Mercedes-Benz wird der V8-Diesel eingestellt. Bye-bye V8? Auf der Elbe tuckert ein alter Dampfschlepper vorbei, als sich am Ufer drei Achtzylinder aus drei Epochen zum wehmütigen Rückblick versammeln: der aktuelle BMW M3, ein Mercedes 450 SEL 6.9 von 1976 und der Chevrolet Bel Air, der vor 50 Jahren den Siegeszug des neuen Big Block einläutete.
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Der Mercedes wirkte wie ein Blaulicht: Bahn frei!

Damals hatte der Mercedes eine Wirkung wie das aufgesetzte Blaulicht einer Politiker-Eskorte: Seinen 286 PS machten sie links alle Platz. Alle, auch die Porsche-Treter, die dann zuerst den Heckdeckel checkten. Größtes Vergnügen vieler Mercedes-Käufer war der Ausstattungs-Code 261. Mit ihm entfiel die Modellbezeichnung wie bei unserem 6.9er von Mercedes Leseberg. Seine Sitze tragen Veloursbezüge, kein Leder. Die Außenspiegel werden per Hand verstellt. Die Türen sagen "Klonk" – ein Mercedes aus der Tresor-Ära. Sein V8 galt als Krone der Laufruhe, weil 90 Grad Zylinderwinkel die Massenkräfte erster und zweiter Ordnung perfekt ausgleichen. Die Außenwelt verschwimmt zum entfernten Rauschen, das auf der linken Spur höchstens zum Brausen anschwillt – aber die leuchtenden Augen von Zeitgenossen, die vom "Sechs-Neun" schwärmen, sind heute kaum zu verstehen. 7,4 Sekunden bis Tempo 100, gemessene 234 km/h Spitze – längst ist ein Golf GTI flotter. Erst der Ölpreis, der 1979 wieder explodierte, holte den 6.9 ein: zu teuer, zu durstig (20 Liter im Schnitt), das Abgas zu schmutzig. Stattdessen schob Mercedes den 300 SD auf den Exportmarkt, die erste Spar-S-Klasse mit Dieselmotor. Wie sich die Zeiten gleichen ...

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