Dreiunddreißgtausendzweiunddreißig Kilometer. So viel ist der taubenblaue VW Käfer gefahren. Seit 1962. Oder vielmehr: so wenig. "Nimm Du ihn!", hatte Mutter Miete zu ihrem Sohn Hans-Jürgen gesagt, als ihr Mann 1996 verstarb. Ein klarer Fall dominanter automobiler Erbfolge, schließlich war der Käfer bereits vom Erstbesitzer Friedrich Miete, Jahrgang 1898, an dessen Sohn Hans Jürgen (Senior, ohne Bindestrich) vererbt worden. Großvater, Vater, Sohn: eigentlich eine normale Familien-Geschichte von beharrlicher Konstanz selbst beim Namen. Ungewöhnlich an dieser Geschichte ist etwas anderes: Alle drei Mitglieder der Familie Miete haben ihren Käfer überwiegend von außen gesehen.

Weitere Erbstücke: $(LB530774:Renault Alpine A 310)$ und Ford Taunus 17 M P3

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Und das kam so: Großvater Miete, einst Betriebsrat bei den Klöckner-Stahlwerken in Osnabrück, hatte sich den Volkswagen 1962 auf Drängen seiner Frau gekauft, die "endlich mal ins Grüne" fahren wollte. Opa gehorchte und die beiden Enkel erlebten vom Rücksitz aus das Stehzeug gelegentlich als Fahrzeug. "Meist fuhren wir über beschauliche Landstraßen, mit gefühlten 50 km/h", erinnert sich Hans-Jürgen Miete, während er das Faltdach des Autos öffnet und den spindeldürren abgenutzten (wovon eigentlich?) VW-Schlüssel ins Zündschloss fädelt.

Weitere Erbstücke: $(LB530625:Mercedes 190 SL W 121)$ und Mercedes 280 SLC C 107

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Als Junge hat er nach Großvaters Tod den Vater begleitet, der in regelmäßigen Abständen den abgemeldeten Käfer aus seiner Garage schob, Luftdruck und Ölstand kontrollierte, das Blech wienerte und die Wolfsburger Kugel wieder sorgfältig verschloss. Einen Verkauf des Garagen-Schatzes hat sich der Vater niemals vorstellen können, zu tief war die Bindung zum Auto des Großvaters. Und Hans-Jürgen Junior? Der ließ den Käfer ebenfalls stehen – abgesehen von Klein-Touren um den Pudding oder zum TÜV. Aber pünktlich zum Fototermin mit AUTO BILD KLASSIK rollt der Käfer mit frischem H-Kennzeichen aus der Osnabrücker VW-Werkstatt. Geht doch. Genau 116 Kilometer ist der Käfer seit 1996 bewegt worden. Doch zumindest diese Tradition der Familie wird wohl enden: Xenia Miete, bald 17, macht demnächst ihren Führerschein.