Jaguar E-Type: kaufen, gebraucht, Leistung, Preis, 60 Jahre
60 Jahre Jaguar E-Type - was sind seine Schwächen und Stärken?

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Der Jaguar E-Type feiert 60-jähriges Jubiläum, das Designerstück zieht immer noch viele Blicke auf sich, gilt als das vielleicht schönste Auto aller Zeiten. Das sind die Schwächen und Stärken der Raubkatze.
Bild: RM Sotheby's Auktionen Photo Credit: Patrick Ernzen
Am 15. März 2021 liegt die Premiere des Jaguar E-Type (1961-1975) genau 60 Jahre zurück. Der E-Type ist eine echte Ikone des Automobildesigns und wurde zum Symbol der turbulenten 60er-Jahre. Als zweites Auto schaffte es in die Designausstellung des Museum of Modern Art in New York. Jaguar begeht das Jubiläum mit der Neuauflage zweier Exemplare, die eine ganz besondere Geschichte haben. AUTO BILD blickt auf die Geschichte des E-Type zurück und geht auf Schwächen und Stärken, sowie aktuelle Preise der englischen Raubkatze ein.

Der E-Type ist ein Jahrhundertentwurf, der bis heute nichts von seiner visuellen Kraft eingebüßt hat.
Bild: Toni Bader
Der Aerodynamiker Malcolm Sayer (1916-1970) hatte bei seiner Arbeit für die Bristol Aircraft Company während des zweiten Weltkriegs gelernt, Luftwiderstände akkurat zu berechnen. Mit einem cw-Wert von 0,44 liegt der E-Type zwar auf einem für die 60er-Jahre guten Niveau. Der zwei Jahre nach ihm vorgestellte Porsche 911 schlüpft mit 0,36 jedoch erheblich leichter durch den Fahrtwind. Konstruktiv folgte der im März 1961 als Coupé und Open Two Seater (OTS) präsentierte Sportwagen mit Monocoque und vorderem Hilfsrahmen für Motor- und Radaufhängung dem Vorbild des Le-Mans-Renners D-Type. Technisch bediente er sich aus dem Serienregal: Motor und Getriebe stammten vom Vorgänger XK 150, das komplexe Hinterachsmodul spendete die Limousine Mk X. Im September 1964 zogen mit einer leistungsgleichen, aber drehmomentstärkeren 4,2-Liter-Maschine ein voll synchronisiertes Getriebe und bessere Bremsen ein; der ab 1966 parallel zum normalen Coupé angebotene 2+2 war auch mit Automatik erhältlich und bildete nach Einführung des Zwölfzylindermotors 1971 in der letzten E-Type-Evolutionsstufe (Serie 3) die einzige geschlossene Karosserievariante. Die Coupé-Produktion endete bereits 1973, der letzte Roadster lief im Juni 1974 vom Band. Insgesamt wurde der E-Type in 14 Jahren 72.529-mal gebaut.

Jaguar-Chef Sir William Lyons (1901-1985) inspiziert beim Genfer Autosalon den E-Type "9600 HP".
Bild: Jaguar
Ein Coupé in Opalescent Gunmetal Grey mit dem Kennzeichen "9600 HP" stand im März 1961 auf dem Genfer Autosalon. Jaguars PR-Manager Bob Berry war mit dem Sportwagen erst in der Nacht vor der Enthüllung losgefahren und hetzte in elf Stunden von Coventry nach Genf. Die Resonanz war so überragend, dass Jaguar-Boss Sir William Lyons einen weiteren E-Type in Genf sehen wollte. Daraufhin wurde Testfahrer Norman Dewis (1920-2019) in England losgeschickt: mit einem Roadster in British Racing Green und dem Kennzeichen "77 RW". Über Nacht schaffte er die 1200 Kilometer ebenfalls in rund elf Stunden. Jaguar legt den "9600 HP" und "77RW" als Continuation-Modelle neu auf. Von den Autos wird es jeweils nur sechs Exemplare geben, die nur als Duo zu haben sind. Nachdem Jaguar schon den E-Type Lightweight, den XKSS und den D-Type wieder aufgeleht hat, bauen die Briten jetzt auch acht Exemplare des C-Type von 1953 nach.

Die Zylinderköpfe waren bis Oktober 1961 im Farbton "Pumpkin" (Kürbisorange) lackiert.
Bild: Charlie Magee
Die Reihensechszylinder vom Jaguar E-Type 3.8 OTS hat eine vom Werk angegebene Leistung von 265 PS, tatsächlich liegt sie aber eher bei 210 PS. Die großspurig mit "über 240 km/h" angegebene Spitze erreichen nur getunte Exemplare, mit denen Jaguar bei Testern großer Automagazine Eindruck schinden wollte. Der Sechszylinder zündet auf Knopfdruck. Er brüllt nicht los, sondern grollt nur gedämpft. Das schon zu Lebzeiten antiquierte Moss-Getriebe mit dem unsynchronisiertem Ersten verlangt Kraft und Fingerspitzengefühl. Bei bedächtiger Bedienung rasten die vier Vorwärtsgänge präzise klackend ein. Viel schalten muss man nicht, denn der prächtige Doppelnocker, mit dem Jaguar in den Fünfzigern mehrfach in Folge das 24-Stunden-Rennen von Le Mans gewann, lebt nicht von hochtouriger Leistung, sondern von breitschultrigem Keller-Drehmoment. Der bullige, ab Leerlauf einsetzende Schub verleiht dem E-Type Spurtkraft, macht ihn aber auch zu einem lässigen Tourensportwagen, und selbst die Federung erweist sich als barmherzig – ein Verdienst der komplexen Hinterachse mit Hilfsrahmen, doppelten Schraubenfedern und innen liegenden (und daher nicht zum Mitfedern gezwungenen) Bremsscheiben, wie sie später auch die XJ -Limousine erbte. Die geniale Konstruktion blieb dem E-Type in allen drei Generationen erhalten.

E-Type 3.8 Litre OTS: Mit kurzem Radstand, flachen Bodenblechen ("flat floor") und Sitzschalen fängt alles an.
Bild: Charlie Magee
Die Sechszylindermotoren sind robust und schrauberfreundlich, vertragen wegen ihres langen Kolbenhubs (106 Millimeter) aber keine hohen Dauerdrehzahlen – Vorsicht besonders bei US-Importen mit kürzerer Achsübersetzung! Ein paar Öltröpfchen unter dem Auto sind normal, ebenso ein Schmierstoffverbrauch von bis zu 1,5 Litern pro 1000 Kilometer. Der V12 gilt als vollgasfester, fällt aber durch zügellose Trinksitten auf und stellt höhere Anforderungen an den betreuenden Mechaniker. Dank seinem aufwendigen Fahrwerk ist der E-Type selbst in der Urversion kein beinharter Roadster, sondern ein Tourensportwagen mit bekömmlichem Federungskomfort. Das Moss-Getriebe der bis September 1964 gebauten 3,8-Liter-Modelle lässt sich allerdings schwer schalten; Abhilfe schuf erst die mit dem 4,2-Liter eingeführte, Jaguar-eigene, voll synchronisierte Viergangbox. In den frühen Flat Floor-Varianten können Fahrer ab 1,80 Metern nicht vernünftig sitzen, zudem erfordert das Ein- und Aussteigen noch größere Gelenkigkeit als bei späteren E-Type. Entspanntere Platzverhältnisse brachte ab Februar 1962 eine Mulde im Fahrzeugboden und ab Mai 1962 zusätzlich eine Einbuchtung der hinteren Querwand, die den Sitzverstellbereich vergrößerte. Rost ist bei allen E-Type ein Thema. Da die meisten eine mehr oder minder gründliche Restaurierung hinter sich haben, lohnt es sich, die klassischen Korrosionsherde (Schweller, Bodenbleche, Türkanten, hintere Innenkotflügel) auf kosmetischen Pfusch zu untersuchen.
Technische Daten Jaguar E-Type 3.8 Litre OTS
Der Motor
Reihensechszylinder, vorn längs, zwei oben liegende Nockenwellen, Antrieb über Kette, zwei Ventile pro Zylinder, drei SU-Vergaser Typ HD8, Hubraum 3781 ccm, ca. 154 kW (210 PS) bei 5500/min, max. Drehmoment 378 Nm bei 4000/min.
Antrieb/Fahrwerk
Viergang-Schaltgetriebe (3.8 Litre: 1. Gang unsynchronisiert), Hinterradantrieb, Einzelradaufhängung, vorn an doppelten Dreiecksquerlenkern, Drehstabfederung, hinten an Halbwellen, Längs- und Querlenkern, doppelte Schraubenfedern, Teleskopstoßdämpfer
Reifendimension
6.40 x 15 RS 5
Radstand
2438 mm
Länge/Breite/Höhe
4458/1657/1194 mm
Leergewicht
ca. 1250 kg
Beschleunigung 0–100 km/h
7,1 s
Spitze/Vmax
230 km/h
Verbrauch
14 bis 16 l S pro 100 km
Neupreis
25.000 Mark (1961)

E-Type V12 Roadster: Mit breiter Spur, Servolenkung und 5,3-Liter-Motor beendet der E-Type 1974 seine Karriere.
Bild: Werk
Schrauber und Restaurierer können auf eine nahezu lückenlose Versorgung zählen. Technik- und Verschleißteile sind dank der Konkurrenz unter den Anbietern oft überraschend preiswert zu haben, nur Karosserie-Ersatz kommt teuer. Bei Nachfertigungen gibt es erhebliche Qualitätsunterschiede. Neulinge finden diesbezüglich Rat in Clubs oder Internetforen. Die Zeit der Schnäppchen ist vorbei, selbst in England. Allgemein lässt sich festhalten, dass die Cabrioversionen immer gut 20.000 Euro über den Coupé-Varianten liegen. Die frühen Flatfloor-Varianten (bis Januar 1962) waren Sammlern vor drei Jahren noch über 200.000 Euro wert. Seither sind die Preise um gut 30 Prozent abgesackt und fast wieder auf dem Niveau von 2015 angekommen. Laut Classic Data liegt der aktuelle Marktpreis für einen E-Type 3.8 Litre (1961-62) bei 148.000 Euro im Zustand 2. Auch die Serie-2-Modelle sind nicht gerade günstig. Für ein E-Type Serie 2 Cabrio (1968-70) liegt der Marktpreis bei 89.300 im Zustand 2 und 59.900 Euro im Zustand 3. Die Serie 3 bildet das Gros des Angebots und verzeichnet trotz ihres Weichspüler-Images großes Interesse. Der Marktpreis eines E-Type 5.3 Serie 3 (1971-73) beträgt 85.500 Euro im Zustand 2 und 58.200 Euro im Zustand 3.
Technische Daten Jaguar E-Type V12 Roadster
Der Motor
V12, vorn längs, eine oben liegende Nockenwelle pro Zylinderbank, Antrieb über Kette, zwei Ventile pro Zylinder, vier Zenith-Vergaser Typ 175 CDSE, Hubraum 5343 ccm, 200 kW (272 PS) bei 5850/min, max. Drehmoment 412 Nm bei 3600/min.
Antrieb/Fahrwerk
Viergang-Schaltgetriebe, Hinterradantrieb, Einzelradaufhängung, vorn an doppelten Dreiecksquerlenkern, Drehstabfederung, hinten an Halbwellen, Längs- und Querlenkern, doppelte Schraubenfedern, Teleskopstoßdämpfer
Reifendimension
Dunlop SP Sport E70 VR15
Radstand
2667 mm
Länge/Breite/Höhe
4684/1678/1226 mm
Leergewicht
1515 kg
Beschleunigung 0–100 km/h
7,0 s
Spitze/Vmax
230 km/h
Verbrauch
19 l S pro 100 km
Neupreis
36.050 Mark (1974)
Der grundverschiedene, in vielen Punkten geradezu gegensätzliche Charakter der Früh- und Spätversion macht die Fahrzeugwahl zu einer Sache der persönlichen Vorlieben. Sowenig für Puristen die gezähmte Serie 3 infrage kommt, werden sich Fahrer mit einem gewissen Anspruch an Komfort und Alltagsnutzen für den (unsinnigerweise oft zum "einzig wahren" E-Type verklärten) 3,8-Liter-Flat Floor erwärmen können. Der 4,2-Liter gibt sich dank zahlreicher Verbesserungen (drehmomentstärkerer Motor, leichter schaltbares Getriebe, bessere Sitze und Bremsen) zivilisierter, behält aber noch genug vom wilden Charme der Anfangsjahre. Für den Sechszylinder sprechen generell die deutlich größere Wartungsfreundlichkeit und die damit verbundenen niedrigeren Unterhaltskosten (zum Kfz-Versicherungsvergleich).
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