Coupés von Volvo, Mercedes, Lancia? Heute wäre es ein Vergleich zwischen C70, E-Klasse Coupé und Lancia, ja genau, Lancia. Jene Edelmarke, aus der gerade die Luft heraus chryslert. Denken wir also lieber an früher, erfreuen wir uns am zweitürigen Lancia Gamma, damals in den Siebzigern das schönstes Coupé zwischen Turin, Stuttgart und Göteborg. Es trug ein Sonntagskleid über der Technik der etwas krude gestylten Gamma-Limousine. Das ist doch der Knackpunkt aller Coupés: Wenn schon kleiner und teurer, dann doch mindestens schöner als die Basis! Beim Volvo 262 C und Mercedes 230 CE sind wir uns da nicht so sicher. Die Endsiebziger waren geschmacklich unentschlossen.
Mercedes-Benz 230 CE, Volvo 262 C Bertone, Lancia Gamma Coupé 2500
Nicht Brot mit Butter, sondern Kuchen mit Sahne: Jeder ist auf seine Art zum Anbeißen.
Die Stilisten wussten nicht so recht, ob sie modisch eckig modellieren sollten oder doch sinnvoll abgerundet, weil sich ein Auto schließlich ins Hindernis Luft begibt, das geschmeidig durchdrungen werden will. Volvo war das offensichtlich egal, Hauptsache Kante. Sie bauten das eckigste Coupé zwischen Göteborg, Stuttgart und Turin, und das verwachsenste. Kurzer Hals, aber darunter der bekannte ausladende Körper. Auch der Mercedes 230 CE verleugnet nicht seine Basis, zeigt sich allerdings deutlich rundlicher als Volvo und Lancia. Schöner? Wir haben uns dran gewöhnt. Er ist ein typischer Mercedes, humorlos, aber gut. Reinsetzen und zum Beispiel in Stuttgart Turin anpeilen oder Göteborg? Auch nach 30 Jahren, so scheint’s, sind die paar Kilometer im C 123 ein Klacks. Da können der italienische Schönling und das schwedische Eisen nicht gegenhalten, sagt das Gefühl. Aber sprechen die Fakten auch wirklich das Gleiche? Machen wir uns also auf in die Niederungen der Erbsen, die wir jetzt anfangen zu zählen.
Mercedes-Benz 230 CE
Lancia erhält den Schönheitspreis, Volvo den Sound-Award, Mercedes den Gesamtsieg.
Während der Testrunden mit den drei kurzen Klassikern reift die Erkenntnis: Es muss nicht alles im Leben praktisch sein. Wenn die Kinder aus dem Haus sind, wozu dann vier Türen und dieser ganze Platz? Hinten sitzt der Hund, der wurschtelt sich schon irgendwie rein. Es muss aber auch, mal ehrlich, nicht jedes Auto sportlich sein – in diesen Coupés hat die früher mal junge Wirbelsäule es zum Glück nicht nötig, sich tief hinabzuschrauben wie in echte Sportwagen. Europas 70er-Jahre-Coupés sind ja zum Entspannen da. Dazu trägt auch die Technik bei: Sie kommt aus der Großserie, jedenfalls bei Volvo und Mercedes, da kann nichts anbrennen. Der Lancia mit der edlen Sonderkarosserie fällt ein bisschen aus dem Rahmen, leider auch auf der nach oben offenen Unzuverlässigkeits-Skala. Daher hängen wir nicht dem behäbigen Volvo-Brikett mit seinem schwülen Zarah-Leander-Sound, sondern dem nichtssagend klingenden, aber sonst vorzüglichen Mercedes den Lorbeerkranz um. Die Erbsensumme bestätigt nach der Addition das Gefühl.
Mein Lieblingsauto in diesem Trio? Klar der Lancia Gamma – aber mit dem Volvo-Motor, der Mercedes-Qualität und der Mercedes-Ausgewogenheit. Eigenartig: An der Position der drei Marken hat sich bis heute kaum etwas verändert, allenfalls die neuen Volvo sind ein bisschen an Mercedes herangerückt, Lancia dafür etwas weiter weg. Damit spiegelt dieser Vergleich auch heute die Seelen der drei Marken wider.