Schon der einfache Mini Cooper verblüffte die Welt. Als aber 1964 der Cooper 1275 S auf die Straßen rollte, wankte das Sportwagen-Establishment – kein Wunder.
Die Geschichten zum Mini Cooper sind abendfüllend. Diese hier stammt von John Cooper, dem Rennwagenkonstrukteur und Mini-Cooper-Initiator. Cooper, der 1960 probehalber schon mal seinen Formel-Junior-Motor in den neuen Mini gestopft hatte, zu seinem Freund Alec Issigonis, dem Mini-Schöpfer: "Toll, dein Auto, ehrlich. Aber hast du schon mal einen auf der Rennstrecke gefahren?" Issigonis: "Muss ich? Damit sollen die Leute zum Einkaufen fahren oder in den Urlaub – fertig." Darauf Cooper: "Du hast keine Familienkutsche gemacht. Das ist ein verdammtes Rennauto. Gib ihm mehr Leistung und bessere Bremsen und baue das Ding." Das Gespräch war, wie sich zeigen sollte, der Ursprung eines Phänomens: 1961 stellte eine Drei-Meter-Schachtel namens Mini Cooper die Welt der Schnellfahrer auf den Kopf. Sie demokratisierte Geschwindigkeit.
Klein aber oho: "S" ist was wunderbares bei so viel Temperament – auch heute noch."Wir nahmen einen frühen Mini mit nach Monza", erinnerte sich Cooper. "Aurelio Lampredi von Fiat, zuvor Ferrari-Ingenieur, wollte damit fahren. Als er nach einer Ewigkeit endlich zurückkam, sagte er: ,Das Auto der Zukunft. Wenn es nicht so hässlich wäre, würde ich mich umbringen.‘" Ihren Höhepunkt erreichten die vercooperten Mini der ersten Generation 1964 mit dem 1275 S. Mit 78 PS unter dem Häubchen lehrte er das Auto-Establishment das Fürchten. Spätestens jetzt konnten die weniger Begüterten mindestens genauso zügig über Land kacheln wie die Besitzenden in ihren Sportwagen und PS-starken Limousinen. Experten stellten fest, dass so ein Mini je nach Straße bis zu 70 Prozent schneller von A nach B kam als vergleichbare Kleinwagen. Bald zierten provozierende Aufkleber die Heckscheiben: "You’ve just been Mini’d" oder "Don’t try it". Professoren und Polizisten hoben in der Mini-Heimat England mahnend ihre Zeigefinger – das Auto würde einer zügellosen Fahrweise Vorschub leisten. Und auf den Rallyepfaden und Rennpisten räumten die Giftzwerge auf ihren lächerlichen Zehn-Zoll-Rädern die Pokale ab.
Mini-Schöpfer Issigonis war zunächst dagegen
Der Cooper S im zeitgenössischen Rallye-Outfit: Holzlenkrad und Tripmaster für präzise Steckenmessungen.Und heute? Klar, der Schnellste ist er nach so vielen Jahren nicht mehr. Aber die Mundwinkel treibt er nach oben wie kein Zweiter. Immer noch. Als Mark I (bis 1967) besitzt er die magische Reinheit des Originals. So als ob die berühmten Konstruktionsskizzen von Alec Issigonis einen plötzlich umschließen – in 3D und Farbe. Das Regal an Stelle des Armaturenbretts, die gespenstische Weiträumigkeit in diesem winzigen Auto dank extremer Raumökonomie und platzsparender Möblierung. Die mutige Schlichtheit, bis hin zu den außen liegenden Karosseriefalzen und Scharnieren. Ursprünglich glich ein Cooper S optisch ganz bescheiden jedem Allerwelts-Mini, kein sportlicher Heckmeck, nicht einmal ein Drehzahlmesser, stattdessen das stilettodünne Plastiklenkrad, die gleichen spartanischen Sitze ohne Seitenhalt, die Busfahrerposition hinter dem flachen Lenkrad.
Mini Cooper S
AUTOBILD KLASSIK 03-2011, S.36Sein Geheimnis war der Motor, und da speziell dessen Innereien, die ihn von den sonst im Mini gebräuchlichen Vierzylindern der sogenannten A-Serie unterschieden. Ein raues Kerlchen, dieser Langhuber, aber äußerst willig und drehzahlfest. Die Nennleistung war längst nicht das letzte Wort, die Tuner fanden (und finden) locker weitere PS. Muss aber nicht sein. Gib ihm eine kurvenreiche Strecke, und der alte Cooper S fährt auch so Kreise um alles, was kreucht und fleucht. Das immer wieder gern missbrauchte Klischee vom Gokart-Feeling, hier hatte es seinen Ursprung. Kurveneingangs Gasfuß stehen lassen, dann – kurz bevor einem die Straße ausgeht – runter vom Pedal, schon schwenkt er in die gewünschte Richtung: So hatten es uns einst die Mini-Helden gelehrt, und so funktioniert das auch heute noch. Minimales Auto, maximales Vergnügen. Dass der Fahrer mangels Federweg auf dem Sitz herumhopst wie ein Jo-Jo, fällt bei diesem Spektakel kaum auf. Meister Issigonis sagte: "Wer komfortabel sitzt, konzentriert sich weniger." Kann man so sehen.
Historie
Zwei Jahre nach der Markteinführung des revolutionären Mini beglückt die British Motor Corporation (BMC) die Sportfahrer mit dem ersten Mini Cooper. Im September 1961 kommt er als Austin oder Morris zu den entsprechenden Markenhändlern. Aus einem Liter Hubraum holt er 55 PS. Schon im März 1963 legt BMC nach: Der erste Cooper S (1071 ccm, 70 PS) geht an den Start. Im Jahr darauf ersetzt ihn der 1275 S (1275 ccm, 77 PS) sowie eine auf 970 ccm Hubraum verkleinerte Version (64 PS) für die Einliterklasse im Rennsport. Im Herbst 1964 werden die charakteristischen Gummifedern des Mini durch die Flüssigkeitsfederung "Hydrolastic" ersetzt, die dem Cooper S bis zum Produktionsende erhalten bleibt. Oktober 1967: Mk-II-Version mit größerer Heckscheibe, anderem Grill und verbesserter Ausstattung. Herbst 1969: Die Produktion des Mini Cooper wird eingestellt. März 1970: Cooper S nun mit der Mk-III-Karosserie des Mini (Kurbelfenster vorn, integrierte Türscharniere, Wegfall der Markennamen Austin und Morris). Juli 1971: Der letzte Cooper S bis zum Jahr 2002 läuft vom Band.
Technische Daten
Morris Mini Cooper 1275 S: Reihenvierzylinder, vorn quer • unten liegende Nockenwelle, zwei Ventile pro Zylinder, zwei SU-Vergaser • Hubraum 1275 ccm • Leistung 57 kW (77 PS) bei 5900/min • max. Drehmoment 108 Nm bei 3000/min • Vierganggetriebe • Vorderradantrieb • Scheibenbremsen vorn, Trommelbremsen hinten • Einzelradaufhängung, vorn an Querlenkern, hinten an Längslenkern • Flüssigkeitsfederung (Hydrolastic) • Reifen 145 R 10 • Radstand 2030 mm • Länge/Breite/Höhe 3054/1410/1350 mm • Leergewicht 700 kg • 0–100 km/h in 11,5 s • Spitze 157 km/h • Verbrauch 9,7 l/100 km • Preis (1966): 9988 Mark.
Plus/Minus
Der Giftzwerg unter den Kleinwagen: 77 PS reißen an 700 Kilogramm. Das geht ab.Der Mini in seiner Urform war einmalig, ist einmalig und wird es bleiben. Und als Cooper S erhält er jene zusätzliche Dimension, die seine Talente erst richtig zur Geltung bringt. Wobei die Reduzierung auf das absolute Minimum, das die frühen Modelle auszeichnet, den Reiz noch erhöht. Den Alltag möchte damit heute wohl keiner mehr bestreiten, dazu ist diese gedopte Kiste einfach zu hart, zu laut, zu unpraktisch. Aber als Spaßmacher und Pulsbeschleuniger steht er unter den Klassikern in der ersten Startreihe. Restauriert sind die Cooper S inzwischen fast alle, und originale Exemplare können als sichere Bank gelten. Dennoch: viel Geld für wenig Auto. Da kann nur die Tatsache trösten, dass der Unterhalt relativ günstig kommt. Ein alter Mini will aber sorgfältig gepflegt werden. Er neigt zu Rost und zu Leckagen jeder Art, und die Technik ist äußerst verschleißfreudig.
Ersatzteile
Für die Mini vor 1967 und speziell die Cooper-S-Modelle Teile zu finden ist nicht immer ganz einfach und ganz billig. Am schnellsten kommt man in England bei einem der großen Mini-Spezialisten zum Ziel. Letztlich ist das Angebot aber nahezu lückenlos und, was die Verschleißteile betrifft, oft auch sehr preisgünstig. Wer seinen Cooper S zeitgenössisch tunen möchte, dem kann ebenfalls geholfen werden: Das Zubehörsortiment ist ein Traum.
Marktlage
Echte, originale Cooper S der Baujahre bis 1971 sind heute rar. Und besonders selten sind sie in der Urversion Mk I, zumal als Linkslenker. Entsprechend zügig kletterten zuletzt die Preise. Solide Exemplare von astreiner Identität kommen auf 20.000 Euro. Showtaugliche Autos liegen deutlich darüber. Und sollte die Offerte eine nennenswerte Rallye-, Renn- oder Prominenten-Geschichte haben, ist auch schon mal das Doppelte fällig. Die besten Chancen, einen Überlebenden der 14.000 gebauten Mk I zu ergattern, bestehen in Großbritannien.
Empfehlung
Die Zahl der mehr oder weniger gefälschten Cooper S ist erheblich höher als die der echten. Und oft können die Möchtegern-Cooper S selbst Experten in Verlegenheit bringen. Deshalb: Bevor viel Geld über den Tisch geht, beim Mini Cooper Register Chassis- und Motornummer checken. Wer auf absolute Originalität verzichten kann, der kommt auch mit weniger Einsatz zum Zug. Wichtig ist, dass alle Renovierungsarbeiten und Umbauten offen dargelegt und sauber dokumentiert werden. Und natürlich auch, dass sie fachgerecht ausgeführt wurden.