Retro-Modelle
Im Spiegel der Zeit

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Highlife auf dem Highway im Camaro, Fummeln im Fiat 500, mit dem Beetle über den Brenner: Autohersteller greifen tief in die Nostalgiekiste und bauen Retromodelle ohne Ende. Ein Erklärungsversuch, warum wir Altes aufs Neue lieben.
Wahnsinn, was für ein Wundermittel! Während die Auto-Industrie schon seit Jahren drauf schwört, komme ich erst langsam auf den Geschmack: Retro statt Botox. Selbst über 40 Jahre alte Oldie-Entwürfe sehen plötzlich aus wie neu. Klinische Studien, die das belegen, gibt es keine. Der neue Chevrolet Camaro, den es bislang nur bei freien Importeuren in Deutschland zu kaufen gibt, parkt breitbeinig vor der Pfütze wie ein echtes Ponycar der 60er im Spiegel der Zeit. Tadamm, tadamm, das Herz beschleunigt, rast trotz schmuckloser Hinterhof-Kulisse. Birgit Gebhardt, Geschäftsführerin des Trendbüros in Hamburg, weiß auch, warum: "Mit Retro steht ein Lebensgefühl wieder auf. Anders als progressives Design, das erst einmal auf Ablehnung stößt, gefällt Retro sofort – ein riesiger Vorteil in der Überflussgesellschaft."

Die Top Ten der Retro-Autos gibt's in der Bildergalerie

Zurück in die Zukunft? Da war doch was ... In dem Kino-Kassenschlager spielt nicht nur Ewig-Zwanzig-Sonnyboy Michael J. Fox den Marty McFly, sondern auch ein DeLorean DMC-12 die Hauptrolle. Der extravagante Flügeltürer mit Mittelmotor wäre, wenn wir schon mal beim Thema sind, eine Neuauflage wert. Und die kommt wie bestellt. Auf der IAA 2009 präsentiert Mercedes den SLS, eine Reinkarnation des $(LB492436:300 SL Flügeltürers)$. Und da muss dann mehr gehen, als nur alibimäßig dem Namen neues Leben einzuhauchen. Scirocco, Maybach, Lancia Delta – alles ganz nett, um die Fantasie anzukurbeln. Die nächste Stufe zündet, wer wie Audi den großen Kühlergrill aus Auto-Union-Zeiten übernimmt. "Firmen greifen auch deshalb auf alte Bilder oder Namen zurück, weil es die Markenidentität stärkt", erklärt die Hamburger Trendforscherin Birgit Gebhardt. So entschuldigt ein Ford GT jeden Fusion, ein Beetle Cabrio wiegt jeden Jetta auf. Wie es sonst um die Gesellschaft der Gestrigen bestellt ist, zeigt unsere Hitparade auf den folgenden Seiten. Mein persönliches Retro-Experiment scheiterte übrigens kläglich. Statt in ein Beetle Cabrio zu steigen, musste es eine Jeans-Schlaghose sein. Darin sah ich aus wie meine Mutter – heute.
So hat AUTO BILD gewertet
Aller guten Dinge sind drei. Die besten Charaktereigenschaften, die ein Retro-Modell von Haus aus mitbringen kann, sind: Authentizität – möglichst viel vom historischen Vorbild sollte erhalten sein. Dabei darf der Neue im Retro-Anzug nicht verkleidet wirken (Coolness). Der dritte Punkt bewertet das Design, auf Formen und Materialien kommt es an. Maximale Punktzahl pro Kapitel: zehn.
Fazit
Schauen wir vorwärts, nicht rückwärts – das haben wir auf den letzten Seiten genug getan. Was davon hängen geblieben ist? Ein gutes Gefühl, das ist der Trick von Retro-Design. Es lässt uns in Erinnerungen schwelgen, die oft schöner sind als die Gegenwart. Deshalb hat diese Form auch Zukunft. Was nicht heißt, dass es keine neuen Linien geben wird. Elektro-Autos werden Trends setzen, garantiert. Aber die erleben in 50 Jahren womöglich auch schon ihre zweite Jugend.
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