Rolls-Royce Silver Shadow Drophead Coupé
—Rolls-Royce zum Golf-Tarif
Unbezahlbar, so ein Auto? Stimmt nicht, sagt AUTO BILD KLASSIK-Mitarbeiter Michael Rohde. Und rechnet vor, wie ein Rolls-Royce-Cabriolet gerade noch so ins Normalbudget passt.
Liberace fuhr einen. Und Tom Jones. Und Curd Jürgens hatte mehrere, als die restlichen Deutschen noch Käfer fuhren. Und irgendwie kam auch ich zur Überzeugung, dass ich einen Rolls-Royce haben muss, obwohl mir die Bühnenkunst nicht liegt. Es war eher die Perfektion alter Mercedes, die mich langweilte, und die schludrige Verarbeitung mancher alter Porsche, die mich störte. Mich reizte die Rolls-Royce-Idee vom Auto, das ohne Rücksicht auf Kosten entstand und vom Besitzer höchsten Einsatz fordert. Inzwischen habe ich ihn, obwohl ich von Natur aus nicht reich bin. Sie können das vielleicht auch. Denn nur ein Teil meines Rolls-Royce-Fahrens hat mit Glück zu tun, der Rest mit Recherche. Gekostet hat der Wagen so viel wie ein neuer VW Golf 2.0 TDI mit mittelguter Ausstattung, wenn wir nur den Kaufpreis rechnen. Mit Fracht, Steuern und TÜV war es etwas teurer, vergleichbar mit einem Golf GTI Cabriolet, das Metallic und Leder mitbringt, aber nicht viel mehr.
Mit dem Rolls-Royce Silver Shadow auf der Silberstraße
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Am nächsten Tag habe ich 50 Fotos eines rasentreckergrünen 1969er Silver Shadow H. J. Mulliner Park Ward DHC, denn Corniche heißen die offenen Rolls-Royce erst ab 1971. Der sonstige Kontakt mit dem Händler ist eher zäh, Fragen beantwortet er nur unvollständig. Aber wenn er nicht das gewünschte Bild vom Kofferraumboden neben der Batterie schickt, dann wird da wohl Rost sein. Gibt es auf die Frage nach einer "Service History" nur Schweigen, dann fehlen die Belege wahrscheinlich. E-Mail löschen und gut is'. Es sei denn, der Interessent ist mutig genug, seinen Augen zu trauen. Ein Vierteljahrhundert mit alten Mercedes schult den Blick, seit Jahren flattern mir fast täglich Altwagen-Bilder auf den Monitor, ich rate zum Kauf oder warne, speziell bei Blindkäufen aus dem Ausland. Und jetzt widersetze ich mich den eigenen Prinzipien. Ja, bin ich irre? Das Auto in New York sieht klasse aus. Lackbild, Fluchten und Spaltmaße perfekt, cremefarbenes Leder-Interieur wie neu, dazu ein Motorraum, der die angeblichen 31.000 Originalmeilen glaubhaft macht. Keine Spuren von Rost, Schweißarbeiten oder Sprühnebel, stattdessen: Stoßstangen-Innenseite grau, Halter schwarz, Schraube silber. Und Schrauben, deren Schlitze allesamt in die gleiche Richtung zeigen, zum Beispiel rund um den riesigen Hydraulikflüssigkeitsbehälter. Wer so was macht, gießt keine Schweller mit Beton aus. Oder doch? Und überhaupt: Ich kaufe vielleicht nicht blind, aber taub, denn ob irgendwas klappert oder quietscht, bleibt Glückssache. Parallel befrage ich Leute, die sich mit so was auskennen. Ein Freund mit USA-Erfahrung meint, ein Gutachter würde auch keine besseren Fotos machen. Andere halten schon die vulgären Nachrüst-Schutzleisten an der Flanke für ein K.-o.-Kriterium. Ich. Kaufe. Ihn.
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Die Anmeldung zur ersten Frühjahrsausfahrt ist trotzdem Makulatur: Find erst mal einen Lackierer, der eine doppelte Zierlinie ziehen kann. Ansonsten bringt das erste Treffen viel Licht und wenig Schatten zum Vorschein. Technisch ist alles in Ordnung: Motorlauf ohne Rauch und Geräusch, Bremsscheiben und Beläge neuwertig, die Hydraulikflüssigkeit klar und die elektrischen Helferlein funktionstüchtiger als erwartet. Und die Karosserie ist so gut, wie man es sonst aus Kalifornien kennt, jeder Falz neuwertig, keinerlei Aufquellen, und die Spaltmaße sind selbst unter heutigen Gesichtspunkten sensationell. Wie schon auf den Bildern grob zu erkennen war, sind sämtliche Schrauben und Gestänge am Unterboden noch gelb verzinkt. Die Lackierung im Originalton British Racing Green II ist nicht die erste, aber nach ihrem Gesamtzustand und dem Alter der verbauten Gummidichtungen schon vor langer Zeit sehr sorgfältig ausgeführt. Auch das Leder der Sitze wurde schon einmal erneuert, aber bis auf die oberen Ecknähte der Vordersitzlehnen in hervorragender Qualität. Selbst der Duft ist ein Genuss, das Auto riecht wie ein teurer Schuhladen. Und ja: Der fest einkalkulierte Rostschaden um die flammneue Batterie bleibt aus.
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Und der Schatten? Sagen wir’s so: Die Jungs vom Stammtisch haben recht – fast alles an einem Rolls-Royce ist so wartungsfeindlich wie nur möglich gebaut. Ein schönes von vielen Beispielen ist der Auspuffhalter mit Metallbügeln, Federn und Dämpfungsstahlwolle. Er kostet 150 Euro und hat gegenüber einem Gummiring für 1,50 Euro den Vorteil einer handgeschriebenen Seriennummer. Dafür kann das Billigteil nicht klappern und ist in einem Bruchteil der Zeit zu montieren. Aber gut, ich habe es so gewollt. Natürlich gelingt es der alten Diva, ihre Generalprobe zu verpatzen. Bei der Anreise zum ersten Rolls-Royce-Treffen verabschiedet sich beim Linksabbiegen die linke Antriebswelle und wütet im Ausrollen gegen Auspuff und Differenzialträger. Der Kabelbaum bleibt nur knapp verschont, die erste große Fahrt endet auf dem Abschleppwagen. Wenn es auch manchmal am Fahren hapert, das Rolls-Royce-Besitzen kann mir keiner nehmen. So wie das Heldengefühl, wenn es beim Schrauben glückt, ein ganz besonderes Stück Technik zu bezwingen. Einer wie Curd Jürgens hätte das verstanden.
Das kostet der Spaß | |
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Kaufpreis | 28.500 Euro |
Verschiffung (www.rinkens.com, www.shipafl.com) | 1079 Euro |
Transportversicherung (1,5 % des kaufpreises) | 460 Euro |
Abholung beim Händler | 212 Euro |
Treuhandservice | 387 Euro |
Handlingsgebühr (Hafen) | 251 Euro |
Transport vom Hafen (geschlossener Lastwagen) | 1500 |
Einfuhrsteuer (über Frankreich) | 1995 Euro |
Bankgebühren | 89 Euro |
Vollabnahme inkl. H-Gutachten, Fahrzeugpapiere, Anmeldung | 250 Euro |
Kleinteile | 1500 Euro |
Mitgliedsbeitrag "The Other Club" (TOC, speziell RR/Bentley) | 50 Euro |
Gesamtpreis | 36.273 Euro |
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