Dass gerade das Schräge als geradezu geradlinig gilt, ist eines der Paradoxe im Verhältnis zwischen Mensch und Auto. Aber so war das in den 70ern, als Limousinen, die bis dahin nach dem ehernen Gesetz klassischer Auto-Architektur vorn flach, in der Mitte hoch und am Schwanz wieder flach sein mussten, plötzlich hinten keilförmig aussahen. Als käme es auf den cW-Wert beim Rückwärtsfahren an. Aber die Revolution des Renault 16 war bis in die obere Mittelklasse durchmarschiert. Das Motto lautete: Weg mit den Symbolen verstaubter Eitelkeit. Der neue Mittelstand, der sich Audi 100, Citroën CX, Lancia Gamma und Rover 2600 leisten konnte, wollte anders sein, fair, geradlinig eben.
Audi 100 Avant 5E
Wenig Feuer, jedoch viele Tugenden und kaum Schwächen: Der Audi 100 Avant 5E holt in diesem Vergleich einen schönen zweiten Platz.
Bild: S. Krieger
Eines der Merkmale dafür ist das schräge Heck, das sich nicht zu schade war, auch noch praktisch zu sein. Ein Kombi mit Steilheck wäre zwar noch pragmatischer und umstürzlerischer gewesen, aber so weit waren wir dann doch nicht. Das Schrägheck, im Grunde ja eine banale Idee, wurde nun an alle möglichen Autos geklatscht. Desto mehr kam der einzelne Charakter jeder Marke zum Tragen, sodass in unserem Test sehr unterschiedliche Fahrzeuge am Start sind: vier schräge Typen aus vier Ländern. Dreimal Vorderrad-, einmal Hinterradantrieb. Zwei Vierzylinder, ein Fünfer, ein Sechser. Ein Boxer, ein V-Motor, zwei Reihenmotoren. Zweimal Automatik, zweimal Fünfgang per Hand. Zwei Erfolgsmodelle, zwei Misserfolge. Über die Buntheit unserer Mischung kann sich also keiner beklagen. Hier die Einzeltests: Unsere vier Eurofighter aus den 70ern und 80ern haben immerhin eines gemeinsam: Sie sind schon so modern, dass das Fahren mit ihnen keine Rätsel aufgibt, auch wenn der skurrile Citroën zunächst für Kopfschütteln sorgt. Man gewöhnt sich aber schnell an ihn. Seltsam ist nur, dass Lancia und Citroën es versäumten, die neuen Chancen des schrägen Hecks zu nutzen, also Klappe auf und hinein mit dem Sessel, den Skiern, dem Rasenmäher. Die beiden besitzen nur kleine Kofferräume! Das liegt auch daran, dass Fiat und Citroën damals bei der Entwicklung zunächst kooperierten und sich auf genau so ein Schrägheck festlegten. Die pragmatischeren Autos im Test sind daher Audi und Rover. Beide haben auch schon umklappbare Rücksitze. Da passt dann wirklich viel hinein, sofern nur maximal zwei Personen mitfahren. Der Rover macht ansonsten mit Abstand am meisten Freude, wenn auch das alltagstauglichere Auto der Audi Avant ist. Denn eines verbindet unsere drei Ausländer: Es fehlt ihnen die humorlose Solidität der Ingolstädter Limousine.
Rover 2600
Feiner Sechszylinder, tolle Straßenlage, klares Design innen und außen, Riesenkofferraum mit Heckklappe. Für den Rover 2600 gibt's Platz 1.
Bild: S. Krieger
Fazit:
Wir haben einen Überraschungssieger – den Rover 2600 Vanden Plas. Nicht weil er so ein ausgewogenes Auto wäre, er hat einfach am meisten Charakter. Der Audi ist dagegen fad und wäre beinahe noch vom psychedelischen Citroën CX geschlagen worden, dem aber dann die Variabilität einen Strich durch die Addition gemacht hat. Und der Lancia? Ein Auto mit Schwächen, aber doch eines zum richtig Liebhaben.
Eindrücke von unserem Vergleichstest finden Sie oben in der Bildergalerie!