Mmähmäh-Brrzztchch, PENGGG! – jeden Morgen beim Kaltstart des Pontiac Firebird bricht ein neuer Mount St. Helens aus, meinetwegen auch der Pinatubo oder der Vesuv, mit dazugehörigem Erdbeben im Fahrzeug, Richterskala geschätzt 6,2. Der 7,5-Liter-Super-Duty-Motor könnte ganze Städte aufwecken, aber so bin ich nicht, ich lasse ihn nach der Initialexplosion im Leerlauf grummeln, wobei mich die Karosse hin und her schaukelt, als wär’ ich ein Baby in der Wiege. Der rabiate V8 läuft so herrlich unrund, dass er den Wagenkörper in rhythmische Taumelbewegungen versetzt. Das Motto des Motors lautet: Wo rohe Kräfte unkontrolliert walten. Der Pontiac Firebird Trans Am SD 455, zweite Generation, ist die Übersetzung des Prinzips Vulkan ins Automobil.

Teil 1 der Reihe "Deutsche Strecken entdecken": die Barockstraße

Er war eines der letzten Hardcore-US-Muscle-Cars überhaupt. 1974, als Amerika schon in den Klauen von Ölkrise und Abgasgesetzen steckte, produzierte Pontiac noch immer dieses archaische Gerät, schon damals total unzeitgemäß, insbesondere was den Verbrauch angeht. Wir kamen locker auf 25 Liter/100 km. Aber gegen die Vulkane kann er trotzdem nicht anstinken, die EU-Kommission müsste mit ihnen mal ein ernstes Wörtchen reden. Der Erdboden in Andernach hat höchstens Euro 0, denn CO2 sickert aus den Tiefen nach oben, und der höchste Kaltwasser-Geysir der Welt feuert seinen Strahl bis zu 50 Meter in die Luft über dem Rheintal, alle 100 Minuten ungefähr.

Teil 2: mit dem feuerroten Spielmobil auf der Spielzeugstraße

Kaltwasser-Geysir
50 Meter hoch sprüht der weltweit höchste Kaltwasser-Geysir bei Andernach.
Kaltwasser heißt, hier ist nicht vulkanische Hitze der Auslöser, die das Wasser da unten zum Kochen, ergo zum Sprühen bringt, unter Andernach lagert ein riesiges Kohlendioxidreservoir. Das Gas mischt sich mit dem Grundwasser, und wenn es gesättigt ist, dann passiert das, was wir von einer gut geschüttelten Champagnerflasche kennen. Nur dass das hier kein lustiges Society-Getränk ist. Wer das Geysirwasser trinkt, sollte besser eine unbesetzte Toilette in der Nähe wissen. Das CO2 stammt vom intensiven Vulkanismus. Die Eifel bis zum Rheintal ist Deutschlands brodelndste Region mit einem letzten Ausbruch am Ulmener Maar vor nur 11.000 Jahren, was in Erdzeitaltern gerechnet bloß als Wimpernschlag gilt.

Teil 3: auf der Schwedenstraße

Er ist der jüngste Vulkan Mitteleuropas. Die CO2-Lecks im Boden sind wirklich ein Problem. Im nahen Kloster Maria Laach am Laacher See, einer Vulkancaldera, sind vor gut 100 Jahren ein paar Mönche morgens nicht mehr aufgewacht. Vermutlich sickerte das geruchlose Gas aus dem Boden in die Schlafräume. Zu sehen ist der Vulkanismus auch in Mendig überall: Da gibt es die Pizzeria Vulcano, das Vulkanbad (Freibad), die Vulkan-Kulturarena (Veranstaltungshalle), den Lava-Dome (Museum), den Lavakeller (unterirdisches Museum) und das Vulkan-Brauhaus. Pech, dass wir ausgerechnet an einem Montag dort aufkreuzen. An diesem Wochentag sind Lava-Dome, Lavakeller und diverse Museen, die von öffentlichen Trägern unterhalten werden, geschlossen.

Vulkan-Brauhaus ist als einziges übrig

Lavakeller von Mendig
In den Lavakellern von Mendig wurden einst Mühlsteine gehauen und Bier gelagert.
So lädt uns der Besitzer des Brauhauses zu einer Führung in sein ehemaliges Bierlager ein, das genauso wie der offizielle Lavakeller des Museums 30 Meter unter der Erde liegt. Mendig ist nach Jahrhunderten des Basaltabbaus auf vier Quadratkilometern unterhöhlt, mit kathedralenartigen Hallen im Bauch der Erde, die vor der Erfindung künstlicher Kühlgeräte als Lagerraum für Bier dienten. 28 Brauereien gab es wegen der permanenten sechs bis acht Grad Celsius in den Tiefen, von denen ist nur noch das Vulkan-Brauhaus übrig. Tanks mit knapp einer Million Liter Fassungsvermögen befinden sich noch unten, leicht verrostet und schon lange nicht mehr in Betrieb.

Die Nürburg liegt auf einem Vulkanhügel

Vulkanische Maare
"Augen der Eifel" werden solche vukanischen Maare genannt. Die hier liegen bei Daun.
Nervös wird unser Feuervogel, als wir uns dem Nürburgring nähern. Zu gern möchte er seine rund 294 PS in Gummirauch-Eruptionen verwandeln, aber wir wollen die schlummernden Eifelvulkane nicht unnötig provozieren. Da gondeln wir lieber zur Nürburg, die wo liegt? Auf einem Vulkanhügel, geologisch genauer auf einem tertiärzeitlichen Basaltkegel. Im Bereich Daun hat sich unser grummelnder Pontiac aber wieder eingekriegt. Hier wimmelt es von malerischen Maaren, den meist kreisrunden Seen aus Vulkanzusammenbrüchen, genannt "Augen der Eifel", und weiter südlich beim Dorf Strohn finden wir die Strohner Bombe, die zunächst ein kleiner Lavabrocken war, aber in den Pudding heißer Lava rollerte und so immer dicker wurde.

Der Feuervogel zieht den Kürzeren

Der Knödel wiegt 120 Tonnen, 70-mal so viel wie unser gusseiserner Amerikaner. Zum Schluss der heißen Reise halten wir bei Hohenfels vor ein paar übrig gebliebenen Eifel-Exportschlagern aus dem Mittelalter. Gegen die einst weltweit begehrten Basalt-Mühlsteine aus erkalteter Lava nehmen sich die Goodyear Eagle GT+4 (255/60 R 15) des Feuervogels bescheiden aus. Aber auch wenn Charles Goodyear 1839 das Vulkanisieren erfunden hat, fürchte ich, die Vulkanstraße ist nicht die Lieblingsgegend des Kraft-Pontiac: Immer zieht er den Kürzeren.
Weitere Tipps und Übernachtungsangebote finden Sie unter www.kurz-nah-weg.de/Vulkan.