Ein Tag in Detroit
Eine Stadt ganz unten

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Leere Fabrikhallen, verwaiste Straßenzüge: Detroit geht am Stock! In der einstigen Auto- und Musikmetropole sind die Lichter längst aus – doch die Einwohner lassen sich nicht unterkriegen.
Es ist grau, kalt, düster. Das Wetter passt zur aktuellen Wirtschaftslage in der "Motor City": Ein Hauch von Apokalypse liegt in der versmogten Luft. Die USA stecken in der Krise, Detroit steckt bis zum Hals mit drin: kein Geld, keine Jobs, keine Zukunft. Und das schon seit Jahren. Wie gehen die Einheimischen damit um? Wie reagieren sie auf die jetzt nochmals verschärfte Krise in der einst so blühenden Auto-Metropole? Einer, der es wissen muss, ist Billy Weaver, unser Chauffeur und hier in Detroit geboren. Billy arbeitete von 1965 bis 1982 für General Motors (GM), kennt die Stadt und ihren Verfall bestens. Längst ist der 61-Jährige in Rente, verdient sich durch gelegentliche Jobs als Fahrer ein bisschen Kleingeld dazu. Er erklärt: "In den 60er Jahren war Detroit eine Weltstadt mit jeder Menge Entertainment und Power. Wir nannten die Stadt 'Little Italy'. Alle hatten einen Job, alle hatten Geld, alle waren schick angezogen. Manche wechselten die Kleidung dreimal am Tag."
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Heute ist alles anders. Kaum einer lebt mehr freiwillig hier. Die drei großen Autobauer GM, Ford und Chrysler produzieren jetzt hauptsächlich im Süden der Vereinigten Staaten oder "offshore", zum Beispiel in Mexiko. Es gibt nicht mehr viel zu tun in Detroit. "Früher herrschten hier Musik, Tanz und Lebenslust, heute Depression", erklärt Billy sichtlich enttäuscht. Neben der gewaltigen Auto-Industrie – vor genau hundert Jahren begann in Detroit die Massenproduktion von Automobilen mit dem Ford Modell T – war die Stadt Dreh- und Angelpunkt der Musikszene. 1959 gründete Berry Gordy Jr. die Produktionsfirma Motown Records. In den Studios im Norden Detroits nahmen Stars wie Stevie Wonder, die Jackson Five, Marvin Gaye oder Diana Ross ihre Welthits auf, waren Dauergäste in der Stadt. 1972 zog das das Unternehmen nach Los Angeles um, 1988 wurde es an MCA/Universal verkauft, der Firmensitz ist heute in New York. Das frühere Studio ist jetzt ein Museum. Besucherströme erwartet aber keiner. Auch Billy nicht. "Keine Arbeit, keine Show – heute kommt keiner mehr freiwillig nach Detroit." Billy ist Realist.
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Bald wird alles gut – Obama sei Dank
Autohändler Doug Dalgleish sagt: "Nicht nur die die Auto-Industrie, alle Geschäftszweige sind betroffen. 2009 geht es mit Sicherheit aber wieder aufwärts." 2009? Aufwärts? Richtig gelesen! Den Kopf lässt man hier in Detroit nämlich nicht so schnell hängen. Keiner tut das. Egal, wen man fragt – die Einwohner von Detroit – und scheint es ihnen auch noch so schlecht zu gehen – sind sich einig: Wird schon wieder. Bald sogar. Die großen Autobauer werden irgendwann wieder kommen und in Detroit viele neue Autos produzieren. "Think positive" ist hier das Motto. Wie das funktionieren soll – da gibt es keine allgemein gültige Patentlösung. Die meisten hoffen, dass der neue Präsident der große Heilsbringer sein wird. God save Barack Obama.
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