Opel Senator 2.8 S im Klassik-Test
—Der Aufsteiger
Senator, die Spießer-Kutsche? Von wegen: Der Groß-Opel begeistert als fahraktive, handliche Limousine ohne große Schwächen. Doch gegen die (viel teureren) Rivalen in unserem Test kommt er nicht an. Die spielen doch in einer anderen Liga.
Blicken wir in die 70er-Jahre zurück: Als Folge der ersten Ölkrise 1973/74 ließen sich große und durstige Autos nur schwer verkaufen. Bei Opel traf es Admiral und Diplomat. Sie fuhren 1977 ins Museum, die Nachfolger wurden mit spitzem Bleistift gerechnet: Commodore und Senator, beides nahe Verwandte des einfachen Rekord. Die Opel-Entwickler hatten einfach dessen Vorderwagen verlängert, dem Senator ein drittes Seitenfenster spendiert und bewährte Sechszylinder unter die Haube gehängt. Innen mussten Holzfolie und eine Velours-Ausstattung reichen, um betuchte Kunden zu locken. Der Rest ist weitgehend mit dem Mittelklasse-Rekord identisch, wobei wir nicht die aufwendige Doppel-Schräglenkerachse unterschlagen wollen, die dem Senator ein exzellentes Fahrverhalten bei gutem Komfort beschert.
Mit einem Seitenhieb auf Stuttgart und München tönte es aus Rüsselsheim ganz selbstbewusst: "Nicht Traditionalismus oder sportliche Ambitionen prägen seinen Charakter, sondern Funktionalität und technischer Fortschritt." Hm. Mal sehen. Auf den ersten Blick funktioniert tatsächlich alles prima. Der 2,8-Liter-Vergasermotor hängt wunderbar am Gas, dreht schön gleichmäßig hoch, und die Dreistufenautomatik schaltet sanft. Allerdings ist das Drehzahlniveau recht hoch. Bei 130 km/h orgelt der Sechszylinder mit munteren 4100 Touren, hektischer geht nur der Mercedes 280 SE zu Werke. Der 2.8er ist das schwächste Senator-Aggregat (es gab auch Varianten mit 150 und 180 PS), aber was der Opel aus den versprochenen 140 PS macht, ist kaum zu glauben: Mit 11,1 Sekunden für den 100er-Sprint verliert der Senator selbst den starken BMW 728i nicht aus den Augen – Respekt!
Chef-Limousinen | ||
---|---|---|
Audi 200 5T | BMW 728i | Mercedes 280 SE |
Volvo 264 GLE | Vergleichstest |
Der Opel, der alles verändert hätte: Opel Omega V8
Der zweite Trumpf sticht beim Bremsen: Hier hängt der Opel alle ab. 43,2 Meter aus 100 km/h – das ist fraglos eine tolle Leistung für einen Klassiker. Konnten die in Rüsselsheim etwa zaubern? Natürlich nicht. Aber sie haben ihr Vorzeigestück klug abgespeckt und nicht mit unnötigem Firlefanz belastet. Resultat sind 1402 Kilogramm Leergewicht – und die lassen sich viel leichter beschleunigen und abbremsen als ein 1700-Kilo-Brummer. Aus heutiger Sicht ist das technischer Fortschritt. Halten wir Opel zugute, dass es auch damals mit Absicht geschah. Der Rest des Senator ist kaum mehr als Durchschnitt: ausreichend Platz, weiche Sitze und mittelprächtige Detailqualität. Doch wir wollen fair sein: Zum Preis eines Senator lieferte Mercedes gerade mal einen 230er mit vier Zylindern und 109 PS. Dennoch, manche Opel-Details wirken allzu einfach. Seine Motorhaube muss mit einer dürren Stange arretiert werden. Der Blinkerhebel fasst sich an, als würde er abbrechen. Und die Innenraum-Ablagen sind mickrig. Ganz zu schweigen von den Türgriffen: fummelige Hebeplatten – aber die hat auch der 7er. Eines hat sich seit den späten 70er-Jahren übrigens nicht verändert: Der Senator ist ein Schnäppchen. Günstiger lässt sich heute kaum ein Klassiker mit sechs Zylindern fahren.
Fahrzeugdaten | Opel Senator 2.8 S |
---|---|
Motor | Reihensechszylinder |
Ventile/Nockenwellen | 12/1 |
Nockenwellenantrieb | Kette |
Hubraum | 2784 ccm |
Bohrung x Hub | 92,0 x 69,8 mm |
kW (PS) bei U/min | 103 (140)/5200 |
Nm bei U/min | 214/3400 |
Höchstgeschwindigkeit | 185 km/h |
Getriebe | Dreistufenautomatik |
Antrieb | Hinterrad |
Bremsen vorn/hinten | Scheiben/Scheiben |
Testwagenbereifung | 195/70 R 14 H |
Verbrauch (Werksangabe) | 16,0 Liter/100 km |
Tankinhalt/Kraftstoffsorte | 75 Liter/Super |
zulässiges Gesamtgewicht | 1925 kg |
Vorbeifahrgeräusch | 73 dB (A) |
Abgas CO2 (berechnet nach Werksverbrauch) | 379 g/km |
Messwerte | |
Beschleunigung 0-50/-80 km/h | 4,1/7,6 s |
0–100/-130 km/h | 11,1/19,1 s |
Zwischenspurt 60–100/80–120 km/h | 5,9/8,1 s |
Bremsweg aus 100 km/h | 43,2 m |
Leergewicht/Zuladung | 1402/523 kg |
Gewichtsverteilung vorn/hinten | 53/47 Prozent |
Wendekreis (links/rechts) | 10,5/10,2 m |
Innengeräusch bei 50/100 km/h | 60/70dB (A) |
Testverbrauch - CO2 | 15,0 Liter – 356 g/km |
Reichweite | 500 km |
Kosten | |
Steuern pro Jahr | 191 Euro |
Versicherung (HPF/100 %) | 99 Euro |
Werkstattintervalle | 10.000 km |
Kosten Ölwechsel/Inspektion | 240/480 Euro |
Zeitwert (Zustand 2, Stand 2/2012) | 4700 Euro |
Anzeige