Porsche 911 SC Targa
—Der Unsterbliche
Wer kann schon behaupten, einer Autogattung ihren Namen gegeben zu haben? Porsche! Den Targa! Früher war das "Sicherheits-Cabriolet" eine Revolution, heute ist es die klassischste Art, Elfer zu fahren.
Lassen wir Technik, Form und Mythos jetzt mal beiseite: Dass ein Porsche 911 SC Targa glücklich macht, liegt an seinem Karma. Er kann nicht anders, denn er ist ein Glückskind. Warum? Weil es ihn fast nicht gegeben hätte. Den Targa nicht, weil ein Cabrio geplant war. Und den SC nicht, weil der Elfer am Ende angekommen schien. Und dann wurde ein Volltreffer daraus, in doppelter Hinsicht. Glücksgriff Nr.1: der 911 Targa. "Offener Wagen 901". Diesen zweckmäßigen Arbeitstitel trug der 356-Nachfolger, der Ende 1962 auf dem Papier erste Formen annahm. Ein Cabriolet gehörte zwingend zur Porsche-Palette, aber es gab auch Pläne und Zeichungen, die einen Überrollbügel enthielten, wie er bisher nur aus dem Rennsport bekannt war. Karmann sollte prüfen, ob die Idee Substanz hatte und in der Großserie realisiert werden könnte. Ein Porsche mit Bügel, warum nicht?
Oder lieber doch ein 901 Vollcabrio? Was sprach eigentlich dagegen? Vieles, fast alles. Die Konstruktion, die Form, die Kosten. Ohne Dach fehlte der Coupé-Karosserie die notwendige Stabilität. Geöffnet baute die Windschutzscheibe zu hoch, und das Faltdach türmte sich auf der rückwärtigen Motorhaube. Chef-Stilist Ferdinand A. Porsche versagte dem Schrägheck-Cabrio seinen Segen. Für einen stilistischen Neuanfang aber fehlte das Geld, an eine von Butzi Porsche favorisierte Stufenheck-Version oder neue Karosserieteile war nicht zu denken. Das Cabrio fiel durch, aber die Alternative mit Überrollbügel, Dachteil und Faltheckscheibe löste alle Probleme auf einmal. Der Überrollbügel stützte die Karosserie, schützte die Insassen und bot mit herausnehmbaren Dachteil und Kunststoffheckscheibe vier Frischluftstufen, "je nach Laune und Witterung". Im September 1965 stellte Porsche sein "Sicherheits-Cabriolet" vor, Anfang 1967 tauchten die ersten Bügel-Elfer im Straßenverkehr auf. Targa, auf Deutsch: "Schild" – das passte zur Schutzfunktion und wurde weltweit imitiert.
Klassiker mit Blick zum Himmel | ||
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BMW 318is Baur TC | Ferrari 308 GTSi | Jaguar XJ-SC |
Lancia Montecarlo Spider | Nissan 280ZXT Turbo |
Der wahre Porsche: 911er-Vergleichstest
Autos mit Bügel wurden Mode. Volltreffer, der erste. Glücksgriff Nr. 2: der 911 SC. "Super Carrera" tauften sie ihn, weil 1977 das Ende des Elfers in Sicht war und ein Superlativ deshalb Sinn machte. Porsche-Chef Ernst Fuhrmann plante, den 911 noch zwei, drei Jahre durchzuschleppen, bevor endgültig der neue 928, Thronfolger und Königsmörder gleichermaßen, übernehmen würde. Geld und Entwicklungskapazitäten flossen in Richtung Transaxle, deshalb wurde der neue Elfer kein neues Auto. Als Weiterentwicklung des G-Modells sowie des Carrera 3.0 ersetzte er beide Vorgänger auf einen Schlag. Anstelle des am Ende 165 PS starken 911 mit 2,7-Liter-Motor und des kurzlebigen Carrera mit Dreilitertriebwerk und 200 PS gab es nun nur noch den 911 SC mit der auf Normalbenzin ausgelegten 180-PS-Dreilitermaschine, die weltweit für alle Märkte obligatorisch war. Der SC war eine Mischung aus bewährten Komponenten: Er bediente sich der im Vergleich zum alten 911 breiteren Karosserie des Carrera 3.0, trug aber immer noch – mittlerweile leicht verstaubt wirkend – Chrom an Fensterrahmen und Scheinwerferringen sowie die ebenfalls bereits bekannten silbernen ATS-"Hackmesser"-Druckgussräder.
Heiße Cabrio-Klassiker: Sportcabrios aus fünf Jahrzehnten
Fuchs-Felgen blieben ein Extra, ebenso mattschwarzes Chrom und Eloxalteile. Ohne sie wirkte der Elfer gestrig, der Targa mit seinem mattsilber glänzenden Überrollbügel schien sich überhaupt nicht verändert zu haben. Aber der Wind begann sich zu drehen, er trieb den Elfer wieder voran. Weder die Familie Porsche noch die Kunden wollten ein Leben ohne den 911 akzeptieren. 1979 musste Fuhrmann gehen, der Elfer blieb. 911 SC und SC Targa verkauften sich prächtig, selbst dann noch, als mit dem offenen SC 1983 das erste Elfer-Cabrio hinzustieß. 57.800 bzw. 60.620 Mark kosteten 911 SC Coupé und SC Targa zum Schluss. Der enorme Preissprung von fast 20.000 Mark in sechs Jahren zeigte, dass den Porsche-Fahrern ihre Ikone lieb und teuer war und ein 928 den 911 nicht ersetzen konnte. In die Ära des 911 SC fiel der Moment, der den Elfer, aber nicht den Targa unsterblich machte. 1993 ersetzte erstmals ein XXL-Schiebedach das prägende Ur-Konzept, doch dieser Fehler wird demnächst korrigiert: Der nächste Targa der Generation 991 trägt wieder Bügel. Glück gehabt.
Technische Daten
Historie
Plus/Minus
Noch heute zählt der in großen Stückzahlen gefertigte 911 SC zu den ebenso populären wie robusten Typen des 911-Stammbaums. Der Elfer der Modelljahre 1978 bis 1983 gilt als ausgereifte Konstruktion. Haltbare Dreiliter-Einspritzmotoren, eine in Teilen oder komplett verzinkte Karosserie, drei verschiedene Karosserieformen (Coupé, Targa, Cabriolet) sowie das vergleichsweise günstige Preisniveau machen ihn attraktiv, gerade auch für Einsteiger in die 911-Materie. Und nächstes Jahr bekommt der letzte SC ein H-Kennzeichen! Allerdings ist Rost trotz Feuerverzinkung ein ernstes Thema, vor allem beim Targa. Außerdem sind Ersatzteile traditionell teuer, und wo derart viel Nachfrage herrscht und Geld verdient werden kann, nehmen es die Verkäufer mit der Wahrheit nicht immer so genau. Augen auf beim Elfer-Kauf. Oder noch besser: einen Profi zu Rate ziehen.
Ersatzteile
Gut erhaltene und komplette Innenausstattungen, vor allem solche mit Sitzmittelbahnen aus Stoff, sind schwer zu bekommen, aber ansonsten ist die SC-Generation sehr ordentlich versorgt. Sowohl beim Blech wie der Mechanik gibt es kaum Engpässe, allerdings kosten auch Kleinigkeiten viel Geld – ein neuer Ölthermostat etwa rund 800 Euro. Der Umbau von mechanischen auf hydraulische Kettenspanner (circa 250 Euro pro Seite) ist eine in Fachkreisen akzeptierte Modellpflege. Sparen an der falschen Stelle macht gerade beim Elfer keinen Sinn. Wer heute einen originalen Endtopf für rund 1200 Euro kauft, wird wohl nie mehr einen weiteren brauchen.
Marktlage
Große Auswahl, große Nachfrage. Immer mehr klassische Elfer, auch 911 SC, kehren aus dem Ausland nach Deutschland zurück. Das füllt den Markt, sodass der Käufer beinahe nach Farbe sortieren kann. Billig ist der Spaß trotzdem nicht: Ab 25.000 Euro aufwärts kosten gute Autos. Schnäppchen sind selten, Blender gibt es reichlich.
Empfehlung
Ein 911 SC ist uneitel, sieht auch ohne Leder und Fuchs-Räder gut aus. Und er ist ein Elfer für den Alltag. Warum also nicht den guten Gebrauchtwagen mit nachvollziehbarer Lebens- und Wartungsgeschichte statt des Sammlerstücks nehmen und Geld sparen? Und wem der Targa nicht offen genug ist, dem sei das Cabrio empfohlen: Diese SC-Variante, das erste Elfer-Cabrio überhaupt, ist selten und erstaunlich unterbewertet.
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