Erst war der 924 teuer, als Gebrauchter dann lächerlich billig. Doch jetzt entdecken Youngtimer-Liebhaber ohne Standesdünkel den besten aller Einsteiger-Porsche neu, und die Preise steigen weiter.
Bild: Angelika Emmerling
Wer waren die Kunden, die ihn kauften? Die im Sommer 1988, ganz kurz vor Schluss, noch 52.950 Mark für ein Auto bezahlten, dessen erster öffentlicher Auftritt bereits 13 Jahre zurücklag? Die ein 924 S-Exklusivmodell mit dem klangvollen Beinamen "Le Mans" erwarben, aber für ihr Geld weder ein Übermaß an Sportlichkeit noch an Image geliefert bekamen? Wer waren diese etwas über 16.000 Käufer eines Porsche 924 S, die sich in den Jahren 1985 bis 1988 für einen großen Motor in einer kleinen Karosserie entschieden? Die freiwillig auf Prestige und Sozialneid verzichteten? Waren sie technikverliebte Anhänger des Transaxle-Prinzips, Freunde bedingungslosen Understatements, Porsche-Enthusiasten mit dem Platz fürs Drittauto? Oder waren sie nur wohlhabende Knauser?
Die zeitlose Form des 924 mit der großen Glaskuppel am Heck trugen noch Porsche 944 und 968 auf.
Bild: K.-U. Knoth
Etwas von allem müssen sie wohl in sich getragen haben, denn Ende der 80er-Jahre musste auch Porsche eingestehen, dass der 924 am Ende seiner Möglichkeiten angekommen war. Außerdem existierten längst Alternativen, einige teurer, viele günstiger: wuchtige 944 als Sauger oder Turbo, oder der fantastisch-komplexe 928 S4, Mazda RX-7, Toyota Celica, Mitsubishi Starion. Es gab viele Gründe, keinen 924 S zu kaufen. Nicht dass jemand zu dieser Zeit an der technischen Kompetenz eines 924 S noch gezweifelt hätte. Mit Antrieb und Fahrwerk des erwachsenen 944 war er der Einsteiger-Porsche, den sich der Hersteller zu Beginn der Transaxle-Laufbahn nicht leisten konnte. Damals, Mitte der 70er-Jahre, musste sich der von Porsche übernommene VW-Entwicklungsauftrag (EA) 425 mit den überzogenen Erwartungen einer vom 911 geprägten Umwelt und allzu viel Volkswagen-Technologie herumschlagen. Motor von Audi, Hinterachse aus dem Käfer, Bremse vom K70, Antriebswellen vom Typ 181 Kübelwagen, Türgriffe vom Golf und, und, und. Das verzerrte das Bild des dynamisch gezeichneten Porsche.
Als "Le Mans"-Sondermodell hat der 924 eine sportlich gestylte Sitzgruppe mit goldgelben Kedern.
Bild: K.-U. Knoth
So furchtbar ernst der 924 auch konstruiert war, so wenig für voll nahm ihn die Öffentlichkeit. Das böse Wort vom Hausfrauen-Porsche machte unverdient und viel zu oft die Runde – und wollte auch nicht verstummen, als die Zuffenhausener nachlegten. Erst bliesen sie den 924 mittels Turbolader auf, damit war er stark genug, auch einem 911 SC zu folgen. Dann wurde der Carrera GT daraus, mit brachialen 210 PS und breiten Backen, sauteuer, sauschnell und Basis des kaum getarnten Rennwagens 924 GTS. Den höchsten Reifegrad, die finale Evolutionsstufe, erreichte der 924 im Spätsommer 1985. Statt des aufgeladenen VAG-Motors verbaute Porsche das 2,5-Liter-Leichtmetalltriebwerk eigener Konstruktion. Endlich! Mit einem Schlag ersetzte der neue 924 S seine diversen Vorgänger. Um den leichten und schlanken 924 S nicht am Organspender 944 vorbeiziehen zu lassen, wurde nur der 150-PS-Motor des US-Modells installiert.
1988 kam das Ende, doch das Design des 924 lebt weiter
Der Vierzylinder und das Fünfganggetriebe aus dem 944 machten den 924 S endgültig zum Edelmetall-Porsche.
Bild: K.-U. Knoth
Das Ergebnis war der perfekte 924, so wie ihn sich alle seit 1976 gewünscht hatten. Ihm reichte Normalbenzin, um auf 215 km/h Spitze zu kommen. Er war schnell, sparsam, sorgfältig gefertigt und konnte nur dadurch noch besser werden, dass zum Modelljahr die Leistung auf 160 PS stieg. Der S war gut, aber es gab ihn einfach schon zu lange. Die Kunden wollten etwas Neues sehen, und so ernannte Porsche die letzten 924 S zu Exklusiv-Modellen, und als sie fertig waren, fiel der 924 still und leise aus dem Programm. Dank der Summe seiner Qualitäten wurden gut 150.000 Stück gebaut, das hatte noch keine 911-Baureihe geschafft – aber das wurde künftig gern und lange überhört. Doch das ist vorbei. Dem märchenhaften Aufstieg zum Liebling der Massen und dem tiefen Absturz als billiger 911-Ersatz für sorglose Endverbraucher folgt aktuell eine neue Welle der Beliebtheit. Porsche 924 fahren ist kein Zufall mehr. Wer einen S kauft, weiß warum: Es gibt keinen besseren 924. Und der Preis stimmt auch.
Historie
3. November 1975: Produktionsbeginn des Porsche 924 bei Audi in Neckarsulm. Frühjahr 1976: Markteinführung mit Vierzylinder von VW/Audi, 125 PS und Transaxle-Bauweise (Motor vorn, Getriebe an der Hinterachse), ab Oktober auf Wunsch mit Dreistufenautomatik. 1977: Sondermodell "Martini". 1978: optionales Fünfganggetriebe. 1979: Debüt des 924 Turbo mit 170 PS (7225 Stück), 14-Zoll-Aluräder beim 924 Serie. 1980: Überarbeiteter 924 Turbo mit 177 PS (5441 Stück), 924 Carrera GT mit 210 PS (406 Stück) und 924 Carrera GTS mit 245 PS (59 Stück) kommen auf den Markt, Sondermodell "Le Mans". 1981: Sondermodell "Ferry Porsche", die 924-Karosserie ist voll verzinkt. Der stärkere Porsche 944 mit 163 PS kommt auf den Markt. 1985: Der 924 S mit dem 2,5- Liter-Vierzylinder des 944 und 150 PS ersetzt den 924 und 924 Turbo, ab 1986 auch mit Kat erhältlich. 1987: letzte Ausführung des 924 S mit 160 PS. Zwei Sonder- bzw. "Exklusiv"-Modelle ("Le Mans") in Schwarz/Türkis und Weiß/Ocker. 1988: Ende der S-Baureihe nach 12.195 Stück mit 150 PS und 4079 Autos mit 160 PS.
Technische Daten
Das S-Modell krönte die lange Laufbahn des Porsche 924.
Bild: K.-U. Knoth
Porsche 924 S: Reihenvierzylinder, vorn längs • oben liegende Nockenwelle, Zahnriemen, zwei Ventile pro Zylinder • Bosch L-Jetronic • Hubraum 2479 ccm • Leistung 110 kW (150 PS) bei 5800/min • max. Drehmoment 190 Nm bei 3000/min • Fünfgang-Schaltgetriebe, auf Wunsch Dreistufenautomatik • Hinterradantrieb • Einzelradaufhängung, vorne an McPherson- Federbeinen, hinten an Schräglenkern u. Drehstabfedern • Reifen/Räder 195/65 VR 15 auf 6 J x 15 • Radstand 2400 mm • L/B/H 4212/1685/1275 mm • Leergewicht 1210 kg • 0–100 km/h in 8,5 s • Spitze 215 km/h • Verbr. 9,0 l N pro 100 km • Neupreis 1985: 41.950 Mark.
Plus/Minus
Freunde des dezenten Auftritts werden mit dem schlank gebauten und breit motorisierten 924 S glücklich, konsequent trägt er den Nerz nach innen. Die Qualität der letzten 924-Ausgabe ist über jeden Zweifel erhaben, das Blech schützt eine Zinkschicht. Noch mehr Lob? O ja! Das Platzangebot ist für zwei Passagiere mehr als ausreichend, der Verbrauch gering, und sollte eine Klimaanlage an Bord sein, steht dem Alltagseinsatz nichts mehr im Weg. Und das Allerschönste: Der beste kleine Vierzylinder-Transaxle-Typ wird (noch!) zu vierstelligen Preisen gehandelt und empfiehlt sich deshalb als idealer Einstieg ins Porsche-Hobby. Kenner greifen jetzt zu und stören sich nicht daran, dass der schmale 924 in der breiten Öffentlichkeit immer noch viel zu oft als Hausfrauen-Modell wahrgenommen und allzu gern belächelt wird. Das wird bald vorbei sein.
Ersatzteile
Freie Händler und das Internet sind bei der Ersatzteilsuche die ersten Adressen für 924-Liebhaber, allerdings sind auch hier die Zeiten des Verramschens vorbei. Noch sind die Preise nicht auf ungesundem 911-Niveau, aber sie ziehen analog zur Beliebtheit der Trans-axle-Typen stetig an. Viele Technik-Teile des 924 S sind baugleich mit solchen aus dem 944, das erhöht bei der Suche die Trefferquote. Unschön und absolut nicht ersetzbar: von der Sonne zersetzte Kunststoff-Armaturenträger.
Marktlage
Im Vergleich zum 924 mit VAG-Triebwerk (121.510 Exemplare) hat der 924 S mit Porsche-Motor (16.274) Seltenheitswert. Trotzdem: Attraktive Angebote gibt es durchaus, ab 5000 Euro sind für gepflegte Fahrzeuge mit nachvollziehbarer Laufleistung anzulegen. Nur für Spitzenstücke werden fünfstellige Summen verlangt, aber in diesen Regionen tut sich ein 924 S schwer. Für das Geld gibt es schon gute 944 und weniger ordentliche 968. Mit ein wenig Geduld sollte der Wunsch-924 S passend zum Portemonnaie zu finden sein.
Empfehlung
Der Porsche 924 ist im Aufwind, der Deutsche Oldtimer Index (DOX) führt ihn auf der Liste der Fahrzeuge mit dem stärksten Wertzuwachs auf Platz drei. Da Reparaturen schnell teuer werden können, schont das bessere Auto langfristig die Kasse und dürfte in Sachen Wertsteigerung eine sichere Bank sein. Porsche eben. Großer Tipp für kleines Geld: eines der letzten, 160 PS starken, gut ausgestatteten "Exklusiv"- bzw. "Le Mans"-Modelle nehmen, beim Kauf auf die Vollständigkeit aller speziellen Teile achten, genießen und behalten. In zehn Jahren will so was jeder.