1982 erschien der Mercedes 190 (W 201), auch Baby-Benz genannt. Doch schon in den 50er-Jahren investierte Mercedes Zeit, Geld und Energie, um ein Modell unterhalb des Ponton zu entwi­ckeln. Mercedes entging nicht, dass Opel 1952 allein vom Olympia fast 44.000 Stück baute – mehr, als Mercedes insgesamt an Pkw herstellte (knapp 37.000).Auch bei Ford liefen über 30.000 Taunus vom Band. Ein gro­ßer, schnell wachsender Markt! Also beschloss Daimler-­Benz Anfang 1953: Wir bringen eine zu­sätzliche Baureihe – kleiner als der Ponton (W 120), 15 bis 20 Prozent billiger herzustellen als der alte 170.

Am Ende ging der W 122 doch nicht in Serie

Mercedes W 122
Eine Limousine mit großem Stern im Grill: Das traute Mercedes sich in Serie erst 2007 bei der C-Klasse.
Bild: Daimler AG
W 122 hieß das Modell intern. Ein langes Hin und Her der Entscheidungsträger folgte, und viele verschiedene Karosserie-Designs: Diskutiert wurden Entwürfe vom Isabella-Stil (zweitürige Variante) über den SL-Stil (mit Leuchten vom 300 SL Roadster) und Flossen-Stil (Version mit Heckflossen) bis hin zum Sowjet-Stil (Bogenlampen und flacher Grill). Am Ende ging der Benz aber nicht in Serie.
Die Gründe für das Scheitern des Projekt W 122 sind vielfältig und lassen sich in den Protokollen des Daimler-Archivs in Fellbach nachlesen.

Ein paar 122er-Details haben überlebt

Mercedes W 122
Vorn und hinten ragt Blech über die Leuchten. Unter den Stoßstangenhörnern hängen separate Reflektoren.
Bild: Daimler AG
Zum einen hatte Daimler zu wenige Entwickler für zu viele Projekte. Zum anderen zauderten wichtige Entscheidungsträger zu lange. Der Termin der ursprünglichen Markteinführung im Jahr 1957 wurde immer wieder verschoben. Am Ende waren die Entwicklungskosten von 62 Millionen Euro dem Entwicklungschef Fritz Nallinger zu teuer. Sehr sichtbare Details des ge­scheiterten und vergessenen Ba­by-­Benz immerhin haben über­lebt: 1959 und 1961 erscheinen die sogenannten Heckflossen W 111 ("große Flosse") und W 110 ("klei­ne Flosse") als Nachfolger des gro­ßen und des kleinen Ponton – und ihre Gesichter ähneln doch sehr denen, die Fritz Nallinger, Designer Her­mann Ahrens und Karosserie-Entwickler Karl Wilfert schon 1956 vorgestellt hatten.

Der lange Weg zum 190er

Mercedes W 118/119
W 118/W 119: Idee eines Fronttrieblers als Zwei- und Viertürer mit Boxer oder hochverdichtetem Reihenmotor.
Bild: Daimler AG
Im April 1958 übernahm die Daimler-­Benz AG die Mehrheit an der Auto Union GmbH. Für Fritz Nallinger war der Zeitpunkt gekommen, den Baby-­Benz zu entwickeln, den er nebenbei schon mal anstoßen wollte: eine Version mit Frontantrieb – als ge­meinsame Plattform für Modelle von Mercedes und von Auto Uni­on, interner Code: W 118. Doch auch dieses Auto ging nicht in Serie. Das Projekt "Baby-Benz" flammte im W 115 Mule wieder auf. Wegen der ersten Ölkrise begannen im Februar 1974 die Arbeiten am 190er. Dieser Technikträger ("Mule") aus Blechen des /8 half intern, die Größe abzuschätzen. Als Bruno Sacco 1975 Designchef wurde, brach er solche Experimente mit vorhandenen Teilen ab, seine Leute sollten mit klarem Blick neu anfangen. Mit radikalen Entwürfen tastete sich das Design an den 190 (W 201) heran. 1982 erschien er: konventionell mit Hinterradantrieb, aber fortschrittlich mit Raumlenker-Hinterachse und einem cw-Wert von 0,33. Anders als beim W 122 befürchtet, galt der W 201 nie als Billig-Benz, sondern wurde zum Erfolg, mit dem sich Mercedes eine Stammkundschaft in der Kompaktklasse erschloss. (Hat Mercedes mit dem Einstieg bei VW den Volkswagen-Konzern gerettet? Stimmen Sie hier in unserem Pro & Kontra ab!)