Die Geschichte der Aerodynamik
Vom Winde verweht

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Autos mit gutem Cw-Wert sind keine Erfindung der Neuzeit. Schon unsere Urgroßväter wussten, dass weniger Luftwiderstand Autos schneller und sparsamer macht. Die Geschichte der automobilen Aerodynamik.
Die Erkenntnis ist älter als das Auto: Der Wind, der uns das Leben schwer macht, kommt immer von vorn. Je stärker er bläst, desto mehr müssen wir uns anstrengen. Dass dies auch auf den fahrbaren Untersatz zutrifft, leuchtet ein, und zwar nicht erst seit gestern. Luftwiderstand bremst – das wussten Autobauer schon vor 100 Jahren. Nur dass die Leute damals andere Sorgen hatten. Schnell fahren und dabei wenig Sprit verbrauchen, das war kein Thema, solange ungepflasterte Straßen bestenfalls Kutschendurchschnitt zuließen. Angesagt waren schon eher Vorrichtungen, um die Staubentwicklung zu verringern.
Nur Rennwagenkonstrukteure dachten in den 20er Jahren an Aerodynamik

Die Pioniere der Fahrzeug-Aerodynamik kamen aus dem Flugzeugbau
Windkanäle standen leer, Aerodynamiker drehten Däumchen, einem der prominentesten Zweige der Wissenschaft ging die Luft aus. Da war der noch sperrig im Wind stehende Motorwagen ein Geschenk des Himmels. Allerorten stürzten sich Pioniere der Luftfahrt auf die Technik der Kraftfahrt, allen voran Edmund Rumpler. Sein Rumpler Tropfen-Auto von 1921 sah nicht nur aus wie aus einer anderen Welt, es besaß auch überirdische Qualitäten: Nachmessungen im VW-Windkanal ergaben einen Cw-Wert von 0,28, da können heute noch viele Autobauer neidisch werden. Keine Einzelleistung übrigens, denn 100 Exemplare des Sechssitzers wurden gebaut.
Unterdessen feilte Ex-Luftschiffer Paul Jaray an seiner "Stromlinie", die sich alsbald zum Nonplusultra unter den windschlüpfigen Kreationen entwickeln sollte. Sein Trick: Zwei Tragflügelprofile – eines waagerecht, das andere vertikal obendrauf – bilden den Karosseriekörper, im Prinzip zumindest. Das brachte, sofern die Form hinten spitz genug auslief, den gewünschten Erfolg. Cw-Werte um 0,30 waren möglich, wie diverse Beispiele basierend auf Modellen von Adler, Audi, DKW, Maybach, Mercedes-Benz, Tatra und anderen vorführten.
Die Pseudo-Stromlinie machte Furore
Mittlerweile sorgte auch das Staatsinteresse am Schnellverkehr für Rückenwind. Die neuen Autobahnen machten hohes Tempo nicht nur für Rennfahrer, sondern auch für den Bürger erlebbar. Freiherr Reinhard Koenig-Fachsenfeld, der allseits geachtete Aerodynamik-Guru, sowie Wunibald Kamm erkannten, dass die unpraktische, weil zu lange Jaray-Form gewann, wenn man sie hinten einfach abschnitt – das sogenannte K-Heck war geboren. Und alles, was windschnittig aussah, war modisch plötzlich hochaktuell. Die Pseudo-Stromlinie machte Furore – schicke Fließhecks, die nur optisch Wirkung erzielten, unter anderem zu besichtigen am staatlich so verordnetem Volkswagen (Cw 0,50).

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