Erinnern Sie sich noch an den cw-Wert? War mal ganz groß im Gespräch, echtes Stammtisch-Thema. Damals, vor 20 Jahren oder so. Und heute? Vergessen. Kaum einer nimmt ihn mehr in den Mund, nicht einmal die Autofirmen. Unbegreiflich. Alle reden von CO2 und Verbrauch, von Gewicht und mHybrid, aber der cw-Wert fällt unter den Tisch. Als ob sich die Luft oder viel mehr ihr Widerstand wortwörtlich in Luft aufgelöst hat. Dabei ist der cw – besser gesagt: der Luftwiderstand – der Schlüssel zum Spritsparen. Weniger davon, und das Auto schluckt nicht nur weniger Fossiles, sondern fährt obendrein schneller. Toll. Doch warum wird das Thema dann so stiefmütterlich behandelt? "Logisch, weil der Luftwiderstand nur auf der Autobahn bei hohem Tempo eine Rolle spielt", schallt es da üblicherweise von den Rängen. Wie falsch.
Windkanal
Ob SUV oder Sportwagen, Kombi oder Limousine, klein oder groß: 17 Modelle wurden im Windkanal getestet.
Wahr ist: Schon zwischen 50 und 80 km/h (je nach Auto) geht die nutzbare Energie im Tank mehrheitlich zur Überwindung jener Kraft drauf, mit der sich der Fahrtwind dem Gefährt entgegenstemmt – gegen den Luftwiderstand also. Der andere große Brocken, der Rollwiderstand, spielt mit zunehmendem Tempo eine immer geringere Rolle. Umso rätselhafter, dass selbst Experten heute vorwiegend über die Kilos eines Autos und kaum über die Aerodynamik diskutieren. Des Rätsels Lösung: Geht es um Verbrauch und CO2, schielen alle immer nur auf die offiziellen Normwerte auf NEFZ-Basis (Neuer Europäischer Fahrzyklus). Das sind die Zahlen, mit denen zurzeit jeder um sich wirft: die Politik, die Werbung, Lieschen Müller. Doch bei diesem Normwert liegt das Durchschnittstempo gerade mal bei 33 km/h. Klar, dass der Rollwiderstand und dessen wichtigster Faktor, das Gewicht, bei dieser Schleichfahrt die erste Geige spielen. Aber wie realistisch ist das? Fakt ist: Wer es mit dem Spritsparen wirklich ernst meint, der braucht ein windschlüpfiges Auto. Wie das aussieht (oder nicht) und was es bringt, ließ AUTO BILD im Windkanal untersuchen. Ob SUV oder Sportwagen, Kombi oder Limousine, klein oder groß – wir zeigen, worauf es ankommt. Damit Sie bei der Urlaubsfahrt gut durch den Wind kommen. Alle weiteren Informationen und Testergebnisse gibt's in der Bildergalerie.

Aerodynamisch sparen

Entscheidend ist der Luftwiderstand. Denn für die Kraft des Fahrtwinds, der uns bremst, sind sowohl der cw-Wert als auch die Stirnfläche (A) des Autos maßgebend. Erschwerend kommt hinzu: Der Luftwiderstand hängt vom Quadrat der Geschwindigkeit ab. Sprich: Je schneller, desto steiler geht die Widerstandskraft nach oben. Doch lässt sich das aerodynamische Spritsparpotenzial im Vergleich zu anderen Maßnahmen relativ preisgünstig nutzen. Beispiel: Sinkt der cw-Wert von 0,29 auf 0,28, entspricht der Verbrauchsvorteil einer Gewichtsreduktion um knapp 100 Kilogramm. Die aber wäre erheblich aufwendiger. Und das schon bei Tempo 100. Darüber müsste noch viel mehr Gewicht gespart werden.
Der cw-Wert beschreibt die Windschlüpfigkeit des Autos, die aerodynamische Qualität der Form. Keine Messgröße, sondern ein theoretischer Wert, der aus dem im Windkanal gemessenen Luftwiderstand errechnet wird. Gute Serienautos liegen im Bereich von cw 0,30, die Besten kommen heute auf 0,26. Eine künftige Absenkung auf 0,20 gilt als machbar, würde aber Kompromisse bei der Karosserieform verlangen. Der alleinige cw-Wert ist hier aber nicht maßgebend. Der Luftwiderstand wird in der Krafteinheit Newton gemessen und gibt evidenten Aufschluss über den Spritverbrauch. Maßgebend für den Luftwiderstand ist die Fläche, mit der sich der Wagen gegen den Fahrtwind stellt (üblicherweise Stirnfläche A genannt), multipliziert mit dem cw-Wert. Daraus folgt: Viel Breite und Höhe sowie dicke Reifen und große Außenspiegel sind bei einem Auto genauso verbrauchsschädlich wie ein schlechter cw-Wert.

Von

Wolfgang König