Bei den damals noch unabhängigen NSU Motorenwerken ging man im Jahr 1965 neue Wege. Entwicklungschefs Ewald Praxl und der späteren Leiter der Designabteilung Claus Luthe machten sich daran, einen kleinen Bruder für den großen NSU Ro80 mit Wankelmotor (Ro für Rotationskolben) zu entwickeln. Die so entstandene viertürigen Limousine K70 (K für Hubkolben) sollte im März 1969 auf dem Internationalen Autosalon in Genf vorgestellt werden – was durch die Fusion der NSU AG mit der Auto Union verhindert wurde. Konzernmutter VW sagte die Weltpremiere einfach ab. Man wollte dem neuen Audi 100 nicht hausintern Konkurrenz machen. Viele potenzielle Käufer und treue NSU-Kunden liefen Sturm gegen diese Politik – mit Erfolg. Im Herbst 1970 lenkte VW ein und entschloss sich zum Bau des K70 im neuen Werk in Salzgitter.

Die Geschichte des VW-Werks: 60 Jahre Unabhängigkeit

VW K70
Zum 40. Geburtstag des K70 trafen sich die Fans am VW-Werk in Salzgitter.
Auf der Strecke blieben allerdings die bereits fertigen Versionen von Kombi und Fließheck – sie wurden wegen der Konkurrenz zum VW 411 zu den Akten gelegt. Neben den zeitgenössischen Produkten von Volkswagen (Käfer, Typ 3 und 411) wirkt der K70 wie aus einer anderen Welt. Als erster wassergekühlter Volkswagen hat er einen vorn längs eingebauten Vierzylindermotor, übernommen vom NSU 1200. Dieser ist nach rechts geneigt über dem Getriebe platziert, was eine gute Gewichtsverteilung, optimale Raumnutzung und hohe Wartungsfreundlichkeit bedeutet. So lässt sich die Kupplung beim K70 ohne Ausbau von Motor oder Getriebe wechseln. Eine obenliegende, fünffach gelagerte Nockenwelle mit Duplexkette rundete die fortschrittliche Technik ab.

Der große Bruder des K70: NSU Ro80

Solex-Doppelvergaser, innenliegende Scheibenbremsen vorn, einzeln aufgehängte Räder mit Federbeinen, Intervallwischer, Heckscheibenheizung, ein mehrstufiges Gebläse und mit 580 Litern einer der größten Kofferräume seiner Klasse – mehr Auto brauchte 1970 kein Mensch. Deshalb wurde der K70 während seiner nur fünfjährigen Bauzeit auch nur leicht überarbeitet. Die beiden Motoren mit 1,6 Liter Hubraum und 75 oder 90 PS bekamen 1973 noch einen größeren Bruder mit 1,8 Litern Hubraum und damals sagenhaften 100 PS, die dem ohnehin schon flotten K70 zu extrem sportlichen Fahrleistungen verhalfen.

1975 kommt das Aus

1972 bekam die Ur-Version neue einteilige Stoßstangen vom Audi 100 sowie eine etwas abgerundete Front zur Verbesserung der Aerodynamik. Die L-Ausstattung wurde mit Halogen-Doppelscheinwerfern ausgeliefert. Im Februar 1975 wurde die Produktion nach rund 211.000 Fahrzeugen eingestellt. Hausintern konzentrierte man sich seit 1973 auf den etwas kleineren VW Passat, der sich problemlos mit Teilen aus den VW-Regalen bestücken ließ. Ein Vorteil, mit dem der bei NSU entwickelte K70 nicht dienen konnte – seine Herstellung wurde für den Konzern unrentabel..





Von

Jens Tanz