Klassiker für Ästheten: Lincoln Continental
Reich und schön

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Reich sein war Bedingung, wenn es in den 60ern ein Lincoln sein sollte. Der Continental, der als amerikanische Stilikone gilt, kostete rund 7000 Mark mehr als der Germanen-Stolz Mercedes 300 SEL.
Bild: C. Bittmann
Jeder kennt ihn, genau wie den Adenauer-Mercedes. Der Lincoln Continental, der 1961 auf den Markt kam, ist jenes Modell, das durch die Schüsse auf US-Präsident John F. Kennedy in Dallas zum Automobil der Zeitgeschichte wurde. Der Kennedy-Lincoln wurde übrigens repariert, mit festem Dach und Panzerung versehen und steht heute im Henry-Ford-Museum. Ganz abgesehen von den Ereignissen in Texas stellt der Lincoln einen Meilenstein in der Geschichte der Ford-Edelmarke dar. Er gilt als eine der stilistisch gelungensten Limousinen aus US-Produktion. Seine schlichte Formgebung erschütterte die Welt der Straßenkreuzer, die sich Ende der 50er in immer gewagtere Flossen-Kreationen verstrickte und Anfang des neuen Jahrzehnts nur widerwillig zu weniger exaltierten Formen und reduziertem Chromballast fand.
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Die Formgebung des Continental erweist sich als wegweisend.
Bild: C. Bittmann
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Beim 66er-Modell des Lincoln Continental sind die Heckleuchten in die fette Chromstoßstange integriert.
Bild: C. Bittmann
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Der ganze Wagen ist geradlinig – bis hin zum Bandtacho. Auf der rutschigen Sitzbank können drei Passagiere einander Halt geben.
Bild: C. Bittmann
Technische Daten

Die sehr flach gehaltene Motorhaube ist vorn angeschlagen, deshalb steht das Luftfiltergehäuse seitlich vom 7,5-Liter-Achtzylinder.
Bild: C. Bittmann
Historie
Die Vorgänger des Continental sind technisch fortschrittlich mit ihren selbsttragenden Karosserien und dem beim Cabrio vollständig im Kofferraum verschwindenden Verdeck – aber ihr Design zeigt eine ins Extrem getriebene Schwülstigkeit, die selbst beim diesbezüglich nicht verwöhnten US-Publikum schlecht ankommt. Ford-Präsident Robert McNamara – später Verteidigungsminister der Vereinigten Staaten – beschließt deshalb das gemeinsame Ende der beiden Ford-Marken Edsel und Continental. Das Edsel-Ende ist bekannt, aber Continental überlebt dank des genialen Designs von Elwood Engel, das die dahinsiechende Marke wieder in Schlagdistanz zum übermächtigen General Motors-Konkurrenten Cadillac bringt. Die Formgebung des Continental erweist sich als so wegweisend, dass sich Lincoln bis zum Ende der 60er-Jahre auf leichte Modifikationen beschränken kann. Als spiritueller Nachfolger des Continental gilt Lincolns Town Car, das seine größten Erfolge auf dem Mietwagen-Markt in den USA feiert. Die Produktion dieses letzten Ford-Straßenkreuzers mit V8-Motor und starrer Hinterachse endet erst 2011.
Plus/Minus

Der Umstand, dass der Lincoln als Präsidenten-Auto dient, verschaffte dem Continental Renommee, pushte aber nicht die Verkaufszahlen.
Bild: C. Bittmann
Ersatzteile
Weil der Continental nicht zu den klassischen US-Sammlerstücken wie Chevrolet Corvette und Pontiac GTO gehört, kann sich die Suche nach Karosserie- und Ausstattungsteilen problematisch gestalten. Beim Kauf empfiehlt es sich daher, auf Originalität und guten Erhaltungszustand zu achten. Im Bereich der Mechanik hat der Käufer weniger Probleme, obwohl sich der MEL-Motor (Mercury-Edsel-Lincoln) in Details vom gängigen Ford Big Block unterscheidet. Teile für die Dreistufenautomatik sind leicht zu beschaffen, unter anderem bei den klassischen US-Großhändlern wie summitracing.com. Auch ein Besuch bei Kanter Parts (www.kanter.com) verspricht oft ein erfreuliches Ergebnis.
Marktlage
Cabrios gibt’s reichlich, Limousinen schon weniger, vorallem in Europa wird man fündig, in den USA hilft ein Besuch auf der Hemmings-Website (www.hemmings.com). Der Dollar-Preis darf getrost eins zu eins in Euro übernommen werden, bis das Auto inklusive Transport, Steuern und TÜV-Umrüstung in Deutschland angekommen ist.
Empfehlung
Der Continental wurde immer nur in einer Motorvariante gebaut, verschiedene Ausstattungsvarianten gab es nicht. Bleibt die entscheidende Frage: welches Baujahr? Weil sie die ursprünglichen Vertreter des Stylingkonzepts von Elwood Engel sind, verdienen die Modelljahre 1962 bis 1965 besondere Beachtung. Spätere Modelljahre sind meist etwas preisgünstiger und unterscheiden sich nur in Details.
Der Designer
Elwood Engel (1917–1986) ist der Chef eines siebenköpfigen Teams bei Ford, das für die Linien des Lincoln Continental verantwortlich zeichnet und dafür vom Industrial Design Institute mit einer Medaille ausgezeichnet wird. Engel gilt als Gegner der Heckflossenmode. Stilelemente eines Entwurfs für den 58er Ford Thunderbird finden sich im britischen Ford Anglia wieder. 1961 wechselt er zum Chrysler-Konzern, wo er in den 60er-Jahren viele Modelle mit betont kantigen Linien entwirft.
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