Mercedes-Benz 190 E 2.3-16
Baby-Benz ganz groß

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Mercedes 190 E 2.3-16. Die erste echte Sportlimousine mit Stern. Optisch gewöhnungsbedürftig, technisch sehr schnell ganz weit vorn, schockte er sogar die Konkurrenz in München.
Ein kleiner Mercedes? Absurd. Anfang der 80er-Jahre klang das etwa so, als hätte die CDU/CSU gerade zur freien Liebe aufgerufen statt zur geistig-moralischen Wende. Immerhin war es dasselbe Jahr, in dem Helmut Kohl Kanzler wurde. Und kurz darauf, im Dezember 1982, kam der 190er-Mercedes, im Werksjargon W201 – ein Baby-Benz. Und dann noch ganz ohne Chrom. Und mit einem so hohen Hintern, dass ihn die Leute anfangs mit dem Heck zur Wand abstellten. Da half es wenig, dass die Werbetexter versuchten, das im Windkanal entstandene Hinterteil schön zu schreiben: An den "Feinschliff des Diamanten" fühlten sie sich erinnert. Na ja. Trotz allem: Der W201 wurde ein Volltreffer.
Die Nachfolger des 190 E 2.3-16: kompakte Kraft-Klasse

Erzfeind des 190 E 2.3-16: der BMW M3
Und davonfahren, das geht mit dem Viagra-Oldie immer noch, besonders auf kurvenreichen Strecken. Mit dem 1,70 Meter schmalen Sport-Benz über Land zu wetzen, ist mehr als nur ein nostalgisches Vergnügen, zumal er kein harter Bock ist. Die BMW-Techniker waren damals aus gutem Grund geschockt. Der 16-ventilige Zylinderkopf des Serienautos ist übrigens nicht – wie oft behauptet – das Werk von Cosworth. Aus England stammte nur die Vorlage, konstruiert und gefertigt wurde er in Untertürkheim. Eine gute Entscheidung, denn der starke Vierzylinder sollte mit legendären Laufleistungen glänzen. Am Mythos der Unzerstörbarkeit nagte lediglich die verschleißfreudige Einfachkette des Nockenwellenantriebs.
Einzelstück: der 190 CDI
1987 bekam der kleine Muskel-Mercedes mehr Hubraum und eine solide Duplex-Kette, was ihn auf 2,5 Liter und 195 PS erstarken ließ und den Abstand zum 190 E 2.6 wieder wahrte, nachdem zuvor ein Katalysator die Leistung auf 170 PS hatte schrumpfen lassen. Fans bevorzugen deshalb die frühen Varianten. Sie sind spritziger, zumal der 190er mit den Jahren Speck ansetzte. Dass die Dynamik-Variante ihren Status mit Heckflügel und Extrem-Schwellern in die Welt schrie, sorgte damals für schiefe Blicke, regt heute aber keinen mehr auf. Es sei denn, es handelt sich um eines der limitierten Evo-Modelle. Deren Brutal-Stilistik wirkt heute noch absurd.
Historie
1982: Der Mercedes 190 (W201) erscheint im Dezember. 1983: Vorstellung des 190E 2.3-16 für 43.500 D-Mark inklusive Fünfganggetriebe, Differenzialsperre und Niveauregulierung hinten. 1985: wahlweise mit geregeltem Katalysator erhältlich. Leistung dann nur 170 PS. 1989: Mehr Hubraum, Aufwertung zum 190E 2.5-16. Leistung mit Kat: 195 PS. 1989: Homologationsmodell Evolution I mit 195 PS. 1990: Evolution II mit 235 PS. 1993: Produktionsende.
Technische Daten
Mercedes-Benz 190 E 2.3-16
Vierzylinder-Reihenmotor • 2299 ccm • 136 kW (185 PS) bei 6000 U/min (ohne Katalysator • max. Drehmoment 235 Nm bei 4500/min • Fünfganggetriebe • Hinterradantrieb • Länge/Breite/Höhe 4430/1706/1361mm • Leergewicht 1200 kg • Reifen 205/55 R 15 • vorn und hinten Scheibenbremsen • vorn Einzelradaufhängung mit Federbeinen, hinten Längs- und Querlenker • Spitze 235 km/h • 0–100 km/h in circa 8 s • Verbrauch um 11,5 l Super/100 km • Neupreis 49.590 D-Mark (1984)
Vierzylinder-Reihenmotor • 2299 ccm • 136 kW (185 PS) bei 6000 U/min (ohne Katalysator • max. Drehmoment 235 Nm bei 4500/min • Fünfganggetriebe • Hinterradantrieb • Länge/Breite/Höhe 4430/1706/1361mm • Leergewicht 1200 kg • Reifen 205/55 R 15 • vorn und hinten Scheibenbremsen • vorn Einzelradaufhängung mit Federbeinen, hinten Längs- und Querlenker • Spitze 235 km/h • 0–100 km/h in circa 8 s • Verbrauch um 11,5 l Super/100 km • Neupreis 49.590 D-Mark (1984)
Plus/Minus
Eine Sportlimousine mit den Qualitäten eines Reisewagens: So feierten Tester den 16-Ventiler in den 80ern, und diese Rolle beherrscht er auch heute noch. Er ist schön kompakt, leicht und putzmunter. Und das Beste: Zur Krönung des Ganzen strahlt er die gute alte Mercedes-Qualität aus. So viel Licht geht natürlich nicht ohne Schatten: Wer moderne Drehmoment-Ballungen gewohnt ist, den werden die Muskeln des Vierzylinders nicht besonders imponieren. Und ein W 201 ist kein Raumwunder, schon gar nicht im Fond. Unzerstörbar ist er übrigens auch nicht: Ein 2.3-16 geriet oft an Heizer, die ihn jahrelang richtig ran nahmen. Das hält der stärkste Benz auf Dauer nicht aus.
Marktlage
Massenautos waren die 16-Ventiler schon als Neuwagen nicht: Nur 26.234 Exemplare gab es – bei 1,88 Millionen gebauten 190ern. Zugelassen sind hierzulande nur noch 1910 Exemplare, wobei gepflegte und geschonte Exemplare die Ausnahme sind. Viele Dritt- bis Zehntbesitzer hatten einfach nicht genug Geld für Wartung und Werterhalt. Wieviel kosten die Ausnahme-Autos? Für rund 8000 Euro gibt es einen guten Zweier, für bis zu 30.000 einen Evolution II. Das Gute daran: Sie werden nicht mehr billiger.
Ersatzteile
Mercedes lässt seine Alten nicht im Stich: Das gilt auch für die kompakten 16-Ventiler. Zu haben ist heute alles, was sie zum Weiterleben brauchen, inklusive der besonderen Anbauteile, also Schürzen, Radläufe, Beplankung und Schweller. Das beruhigt, geht aber auch ins Geld: Die hintere Stoßstange zum Beispiel kommt auf 1300 Euro. Auch die Motorspezialitäten sind auf Lager, so etwa das Kettenrad der Einlassnockenwelle, ein Verschleißteil – für 376 Euro.
Empfehlung
Geduld bei der Suche zahlt sich aus. Und nicht so sehr auf den Tachostand schauen, denn der lügt gern. Ist das Fahrwerk geräusch-, die Lenkung spielfrei? Funktioniert die Niveauregulierung? Sind Steuerkette und Kettenräder einwandfrei? Hat das Auto Kanten- und Radlaufrost oder durchgesessene Sitze? Das sollten Sie prüfen. Ansonsten gilt: Puristen mögen die frühen 2,3-Liter, auf Nummer sicher gehen Käufer des ausgereifteren 2,5-Liter.
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