Na ja, wahr­scheinlich eher später. Denn ein verbissener Traditionalist befasst sich mit solchem 90er-Jahre-Plunder nicht. Peugeot 306? Pöh. Plastikeimer, voll mit elektro­nischem Teufelszeug. Moooment, meine Herren. Erstens sagt ja niemand, dass ihr eure schönen Schnauferl weg­schmeißen sollt, um euer Leben dem 306 Cabrio zu widmen. Immerhin entlastet das kleine Cabrio den Hauptoldie der Familie oder schenkt euch ein paar schöne Stunden in der Sonne, wenn euer Kilometerfresser-Die­sel das nicht kann. Zweitens wird sich zwar nach dem 306 Cabriolet kaum jemand umdrehen und den Daumen re­cken, wie Oldti­merfahrer das so gern sehen – aber das liegt daran, dass der Wagen subtil elegant aussieht, statt mit blit­zenden Reizen zu protzen.
Peugeot 306 Cabriolet
Die fröhlichste Version des Peugeot 306 ist nicht gerade zuverlässig. Aber wer kann ihr böse sein?
Seht mal genauer hin: die feine Linie im Blech auf Höhe der Türgriffe ähnlich wie beim Peugeot 304 Cabrio, der Verzicht auf Schnickschnack, überhaupt die klassischen Pro­portionen – die Pininfarina hin­bekam, indem er das Heck ge­genüber dem kompakten 306 um 15 Zentimeter verlängerte. Genau, Pinin­farina, wie einst bei den Cabrios von 404, 504, 304 und 205. Drit­tens nämlich ist der 306 das letzte Pininfarina-Cabrio von Peugeot, bevor die Scheinwerfer in die A-Säulen und die A-Säulen über die Köpfe der Insassen gewachsen sind. Al­lein das wird eines Tages zu sei­nem Klassikerstatus beitragen. Viertens zwingt der 306 Schnauferlfahrer nicht zu radikaler Umgewöhnung. Zu­gegeben, er fährt sich modern und unkompliziert, lässt sich locker durch den Stadtverkehr quirlen und leise über Landstraßen lenken, selbst ABS und Air­bags sind unverschämterweise bei den meisten an Bord.
Peugeot 306 Cabriolet
Übersichtlich: das Armaturenbrett mit Holz von der Polyesterwurzel. Modelle bis Mai 1997 haben eine Tastatur für die Wegfahrsperre.
Viele Exemplare haben ein elektrohy­draulisches Verdeck, sodass der Fahrer sitzen bleiben kann, nur zwei Hebelchen lösen und einen Knopf drücken muss. Ehrenrüh­rig für einen gestandenen Cabrio-Lenker – aber: Ein 306 ist kein Corolla, die Liste üblicher Defekte ist lang. Da freut sich jeder, der gern Autos restauriert: Am besten erst mal der französischen Elektrik zu Leibe rücken, den Kabelbaum rausrupfen, Wegfahrsperre in die Tonne werfen. Dann die Brem­sen gangbar machen und alle Gummiteile von der Achsman­schette bis zum Wasserschlauch tauschen – herrlich. Schade, dass es nichts zum Schweißen gibt. Fünftens hört die Cabrio-Kon­kurrenz in seiner Alters- und Preisklasse auf die Namen Golf III, Astra, Escort, R19, Rover 214i. Nach welchem Eimer, glauben Sie, werden sich in zehn Jahren die Leute umdrehen und ihre Daumen recken?

Historie

Im März 1994 erscheint ein Jahr nach der 306 Limousine das Cabriolet – zunächst als 1.8 (101 PS, ab Juli auch mit ZF-Automatik) und 2.0 (121 PS). Der 2.0 hat serienmäßig ABS und elektrohydraulisches Verdeck. Dezember 1994: Fahrerairbag serienmäßig. Mai 1996: 1.6er mit 89 PS. Juni 1996: ABS Serie. Mai 1997: Facelift, 1.8 nur noch mit Automatik, 2.0 jetzt mit 16 Ventilen und 132 PS. Januar 1999: neue Ausstattungslinien, 2.0 auch mit Automatik. Juli 2000: Elektro-Verdeck Serie. April 2000: 1.8 16V mit 110 PS. Oktober 2000: 2.0 entfällt. Januar 2002: 1.6 entfällt. September 2003: Der 307 CC löst das 306 Cabriolet ab. Insgesamt wurden 77.834 306 Cabrios verkauft, davon fast 20.000 in Deutschland – es ist erfolgreicher als das 205er-Bügelcabrio.

Technische Daten

Peugeot 306 Cabriolet 2.0: Reihenvierzylinder, vorn quer • zwei oben liegende Nockenwellen über Zahnriemen angetrieben, zwei Ventile pro Zylinder, elektronische Einspritzung • Hubraum 1998 ccm • Leistung 89 kW (121 PS) bei 5750/min • maximales Drehmoment 176 Nm bei 2750/min • Fünf­gangschaltgetriebe • Vorderradantrieb • vorn Einzelradaufhängung an Federbeinen, Dreiecksquerlenker, hinten Verbundlenkerachse, Längslenker, Drehstabfederung • Reifen 185/55 R 15 • Radstand 2540 mm • Länge/Breite/Höhe 4144/1689/1356 mm • Kofferraum 274 l • Tankinhalt 56 l • Leergewicht 1260 kg • Zuladung 350 kg • 0–100 km/h in 10,8 s • Spitze 194 km/h • EU-Verbrauch 8,4 l S pro 100 km • Neupreis 1994: 46.740 D-Mark.

Plus/Minus

Für wenig Geld bekommt der Cabrio-Freund einen Wa­gen mit grüner Feinstaub-Plakette, der – bis auf den Auspuff – ganz ordentlich vor Rost geschützt ist. Aber: Die hinteren Radbremszylinder können klemmen – dann sitzt die Trommel­bremse fest. Oft wird hinten auch die Bremskraft ungleich nach rechts und links verteilt, oder die Nadellager der Radschwingen gehen kaputt. Vorn schlagen die Führungen der Spurstan­genköpfe gern aus. Überhitzungen kommen oft vor – sei es wegen defekter Lüftermotoren, streikender Thermo­schalter, undichter Wasserbehälter oder Kühlwasserschläuche. Die Zünd­spulen brennen schon mal durch, eben­so Zündkabel, Lichtmaschine, Anlasser, Wegfahrsperre. Und dann waren da noch wellige Bremsscheiben, gerissene Gaszüge und Kupplungsseile, ausge­hängte Schalthebel, spröde Verdeck-Gummis. Gut: Euro-1-Autos lassen sich auf Euro 2 umschlüsseln.

Ersatzteile

Die meisten stammen vom Großse­rien-306 – günstigen Ersatz bieten Ver­tragswerkstätten, freie Ketten und Bör­sen. Neuer Verdeckstoff kostet ab 500 Euro. Bei Fragen: peugeotforum.de.

Marktlage

Vom 200.000-Kilometer-Bock für nicht mal 1000 Euro bis zum gepflegten Garagen-Drittwagen für 7000 Euro: Rund 200 Autos sind immer im Ange­bot. Die Zweiliter-Varianten sind nicht sehr verbreitet, ganz wenige 306 ha­ben ein Automatikgetriebe. Prima: Bastler und Tuner haben sich nur sel­ten am 306 Cabrio versündigt.

Empfehlung

Den 306 kauft man am besten mit durchgestempeltem Kundendienstheft und beim Händler, schon wegen der Gewährleistung. Tipp: Anschlussgarantie abschließen. Ab Mai 1998 waren Front- und Seitenairbags serienmäßig, am zuverlässigsten sol­len die späten Baujahre (ab 1999) sein. Die Motoren sind alle okay. Hardtops gibt es gebraucht ab rund 600 Euro.