Sondermodelle Youngtimer
Coole Modelle und schräge Typen

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Manche schmücken sich mit großen Namen (Opel Corsa Steffi Graf), andere zeigen Profil (VW Golf GTI Pirelli). Seit den 60er Jahren bringen die Hersteller Sondermodelle mit besonderen Ausstattungen auf den Markt.
Seit den 60er-Jahren gestalten die Hersteller individuelle Auto-Mode. Hier die Geschichte der schönsten Sondermodelle – und ihrer Fahrer.
Arne Möller und sein GTI Pirelli
Manchmal verlaufen Karrieren nicht so gradlinig wie eine Quartermile. Die Geschichte von Arne Möllers Golf GTI Pirelli ist mehr Nürburgring-Nordschleife als Dragstrip. Sie startet 1992, pubertär aufgeheizt. Arne macht eine Ausbildung als Kfz-Schlosser, als Kind der Generation Golf wünscht er sich einen GTI. Gern als Sondermodell: "Schließlich ist da mehr drin für den gleichen Preis." Bei einem Händler in Bargteheide, Schleswig-Holstein, entdeckt er das Sondermodell Pirelli als Gebrauchtwagen – neun Jahre alt, im reinen Weiß der frühen 80er, für 6400 Mark. "Das Geld dafür habe ich mir von meinem Chef gepumpt." Netter Chef. Aber nicht so selbstlos, dass er ihm auch noch die Spritrechnungen zahlt. "Ich musste feststellen, dass Benzin und Steuern ziemlich teuer waren." Arne spielt den Ernährer für sein Baby, versucht, die acht bis neun Liter Super plus durch einen Nebenjob zu verdienen. Am Wochenende packt er Pakete in einem Antiquitätenhandel. Aber der 112 PS starke GTI saugt Arnes Kasse gnadenlos leer. Es folgt der Boxenstopp. Arne meldet den Pirelli ab, fährt stattdessen Fiat Panda und verhätschelt den VW in den folgenden Jahren als Sonntagsauto. Damit der Wagen sich nicht die Räder platt steht. Natürlich nur im Sommer, bei schönem Wetter.
Der weiße Golf, der Gummi gab

Ford Granada Chasseur
Klar, dass alles seinen Preis hat. Einfach so kommen keine 23 Autos zusammen, nicht im Alter von 29 Jahren. Florian Füllkrug hat 22 Granada und einen Ford Scorpio. "Dafür habe ich gekämpft, da sind Schweiß und Tränen geflossen", sagt der junge Mann aus Bielefeld. Florian arbeitet als Maler von sieben bis 16.30 Uhr, eine halbe Stunde später steht er frisch geduscht im Granada-Center, um Gebrauchtwagen zu verkaufen. Tag für Tag, Abend für Abend. Feierabend open end. Der Laden an der Krackser Straße gehört ihm. Und ihm gehört seine Leidenschaft. Dabei führt der Name Granada-Center in die Irre. Denn Florian verdient sein Geld mit TÜV-fertigen Billig-Autos, die meisten kosten weniger als 1000 Euro. Was davon hängen bleibt, steckt er in sein Granada Center, einer bunten "Best of"-Hitparade aus 23 Jahren Ford-Bauzeit (1972 bis 1985). Dazu gehören ein Mk III, Baujahr 84, mit 220 PS dank Cosworth-Motor. Am Heck klebt "ganz prollig" 2.3 GL. Szenekreise stehen auf diesen Etikettenschwindel, um ihn an der nächsten Ampel mit rauchenden Reifen auffliegen zu lassen.
Auf der Jagd nach Luxus und Lifestyle

Norma C. Boschan und ihr Jeans-Käfer

Jeans sind alle ihre Kleider

Tomko Wolf und sein Citroën GS Basalte

Die Liebe zum Basalte bricht nicht
1988 entdeckte er den Basalte bei einem Autohaus in Bad Oeynhausen, da arbeitete er in der Nachbearbeitung von Karmann in Osnabrück. Der GS stand ziemlich fertig da. "Er fuhr, das war’s dann auch." Die Sonder-Sitze waren mürbe wie Keksteig, die Karosserie so klapprig wie der Körper von Soul-Diva Amy Winehouse. Die Besserungskur begann mit Sandstrahlen und Schweißen, anschließend verzinkte der heute 43-Jährige den Wagen. Die orangefarbenen Seitenstreifen, die den Basalte so besonders machen, waren damit natürlich unbrauchbar. "Ich habe die Streifen durch ganz Deutschland gejagt." Für 550 Mark fand Tomko welche, neue Sitze im speziellen Hahnentrittmuster entdeckte er in Ulm. Jetzt, mit fast 30 Jahren, steht der Basalte da wie neu. Vor allem unverwechselbar, denn in ganz Deutschland gibt es weniger als eine Handvoll. Mehr sind von den 1500 Wagen der Sonderserie nicht übrig geblieben. In der Anzeige hieß es 1978: "Machen Sie eine Anprobe". Ja, so ein Basalte muss zu einem passen: Ganz in Schwarz und Jägermeister-Orange, mit getönten Scheiben und Stahlschiebedach. Innen geht es betont französisch zu. Plüschige Sitze wie im Moulin Rouge, bequeme Armlehne hinten – nur die Ohrenstöpsel in der Mittelkonsole passen nicht ganz. "Es pfeift so, wenn das Schiebedach auf ist", sagt Tomko Wolf. So steht’s noch nicht in seinem Ideenbuch.
Robert Schirmer und sein VW T2 Silberfisch
Allein schon das Kennzeichen gibt Auskunft über Robert Schirmers dauerhaften Gemütszustand: BS-E. Entwarnung, kein Rinderwahn. Sondern die harmlose(re) Bulli-Seuche. Denn der Mann aus Braunschweig ist verrückt nach VW Bussen. "Ich hab’ mal durchgezählt, der Silberfisch ist mein 16. Bus. 13 waren T3, irgendwann musste es einfach das Vorgängermodell T2 sein." Den fischte der Siemens-Sachbearbeiter aus dem Internet, der Anbieter plante, seine Sammlung zu verkleinern. Nach einer Probefahrt fuhr Schirmer den silbernen VW auf eigener Achse nach Hause. Das war vor acht Jahren, heute ist der Bus immer noch nicht ganz fertig. Das Schiebedach klemmt, die Zierleisten fallen ab, aber "so, wie wir den aus der Scheune gezogen haben, hätte man ihn nicht vorführen können".
Bei diesem Bulli ist alles im Lack
Heute kann man. Vor gut 30 Jahren, gegen Ende der T2-Serie, ließ es VW richtig krachen. Über die Sitze spannt sich blaues Velours, die Heckscheibe heizt im Winter, Gepäckreling und Uhr gehören mit zur Serie. Vor allem: Ein Bus in vornehmem Silbermetallic – das gab es bis dahin nicht im Transporter-Wesen. Dazu passte der starke Zweiliter-Boxermotor mit 70 PS – viel Kraft für einen Nutz-Quader. Ganz sicher können sie sich bei VW nicht gewesen sein, die alten Werbetexte zeigen es. Steif klingen sie, himmelweit weg von Hippie-Kultur und Wasserpfeifen-Romantik: "Der Pkw unter den Transportern ist Altmeister und Jungborn zugleich". Von Silberfisch stand da nichts, natürlich nicht. Den Spitznamen verdiente sich der T2 unter Liebhabern, die nichts Anrüchiges dabei fanden. So wie Robert Schirmer, der ihn kurz "Fisch" nennt. Kilometer rechnet der 37-Jährige in "Smiles per hour". Auch und gerade wegen der vielen Marotten. Die teilt der T2 mit „Bulli“, dem Bus aus dem Zeichentrickfilm "Cars", der als Modellauto, von der Sonne ausgebleicht, Insassen vom Armaturenbrett zuzwinkert. Gerade macht der Anlasser Kummer. Mal springt der Fisch an, mal nicht. Egal. Schieben wir halt. Am liebsten natürlich die seitliche Schiebetür. "Spätesten wenn das Schloss klackt, entspanne ich", sagt Robert Schirmer – ein Geräusch wie Campingurlaub. Den er seinem Bulli nie zumuten würde. "Sobald es regnet , nehme ich den Stadtbus."
Peter Weiher ist der Mann, der die Sondermodelle erfand
Nach Jahren des Aufschwungs stagnierte 1967 das Wachstum der jungen Bundesrepublik zum ersten Mal. Ford Köln reagierte darauf mit einem Sondermodell, dem ersten in Deutschland. Erfunden hat es Peter Weiher. Der 71-Jährige leitete von 1964 bis 1967 die Marketingplanung in Köln. Weiher, der ein neunmonatiges Trainingsprogramm bei Ford in Detroit absolviert hatte, guckte sich die bis dahin in Deutschland unbekannte Verkaufsförderung in Amerika ab. "Dort machten Warenhäuser nach Weihnachten den sogenannten White Sale." Weiße Ware wie Bettwäsche und Handtücher sollten in der konsumarmen Zeit das Geschäft ankurbeln. Genau richtig, um in Deutschland 1967 aus der Flaute zu fahren. Der "White Sale" wurde zur "Weißen Serie" – 5000 weiße Ford 17M/20M mit besonderer Ausstattung zum besonderen Preis. Zu den Extras zählten unter anderem vier Gänge, Einzelsitze, Bremskraftverstärker und Steinschlagleisten zum Preis von 7500 statt 7880 Mark. Weiher: "Ich war absolut dagegen, Autos nur über den Preis zu verkaufen. Ein Sondermodell muss einen Mehrwert bieten." So kam der Spruch 1968 zur Einführung der Mehrwertsteuer auch noch in die Werbung.
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