Südafrika, na klar: Hitze, Townships, Löwen. Daktari, Hatari. John Wayne und Hardy Krüger, beide unvergessen. Ebenso Land Rover, Toyota Land Cruiser, Nissan Patrol. In den urbanen Zentren viele dunkle Limousinen, dazu seltsam wirkende Abwandlungen europäischer Modelle. Und auf den Steppenpisten die verbrauchten Pick-ups, VW Transporter und Mercedes W124, die wir Europäer nicht mehr haben wollen. Hier drüben, auf dem Schnittpunkt 33,55° südliche Breite und 18,22° östliche Länge, werden sie noch sehr lange unentbehrliche Helfer der Einwohner sein. Das ist, in Kurzform, das mobile Gesamtbild am Kap der Guten Hoffnung. Richtig? Richtig! Und falsch: Zwar ist nicht alles, was die Straßen und Behelfswege Südafrikas befährt, fabrikneu. Im Gegenzug gilt jedoch auch: Nicht alles, was Schrott ist, fährt noch.

Im Wald der toten Wagen: Das letzte Paradies

Wijnland Auto Museum
Einer der Jüngeren auf dem Schrottplatz: BMW 2004, entstanden auf der Basis des Glas 1700.
Wer dies nicht glaubt, wird knapp außerhalb Kapstadts eines Besseren belehrt. Im Wijnland Auto Museum von Les Boshoff. Biegen Sie lieber nie zu Les ab, wenn Sie entweder bekennender Freund der Besser-als-neu-Restaurierung oder militanter Umweltschützer sind. Ihnen würde in beiden Fällen nur schwindelig werden. Und dies ausnahmsweise nicht wegen der Hitze. Stolze 77 Lenze zählt der schrullige Les mittlerweile. Die vergangenen 25 davon hat er mit der Anhäufung von – na ja – automobilem Kulturgut verbracht. Direkt an der Autobahn gelegen, die Kapstadt mit den traditionellen Weinanbaugebieten verbindet, birgt sein Wijnland Auto Museum einen Fundus von über 400 klassischen Zeitzeugen Südafrikas. Vierhundert. Wracks der Guten Hoffnung? Wohl eher nicht mehr.

Wracks als Kulturgut: Der Friedhof im Wald

Wijnland Auto Museum
Im Autokino vergessen? Eine Reihe Ami-Schlitten aus den 1950er-Jahren.
Hier ist Endstation, und dies im wahrsten Sinn des Wortes. Denn Les und sein Sohn Louis würden niemals auch nur eine Schraube verkaufen. "I don’t sell", sagt der rüstige Senior trocken und verschränkt die massiven Arme unmissverständlich vor seiner Brust. Geld verdient er mit seinen Wracks nur vereinzelt: Wenn sich jemand von der Autobahn N1 Richtung Paarl bei Kraaifontein in sein El Dorado unter ewig sengender Sonne begibt. Und die 50 Rand Eintritt bezahlt, umgerechnet 5,20 Euro. Manchmal kommen auch Filmfirmen vorbei, um ein paar der dekorativen Schrotthaufen für Film- oder Fotosequenzen zu mieten. Das Geld ist gut angelegt: Man bekommt viel Auto dafür. Hudson, Morris, Austin. Belvederes, Monaco, Skylark und Impala. De Soto, Mercedes /8, Jaguar 420G. Sie alle sind hier versammelt, nein – eingesammelt wurden sie, von Les. Einem "Gasoline Head", wie sie hier sagen. Benzin im Blut, 0W-10-Leichtlauföl in den Gelenken.

Ein Lebenswerk

Bei den Ortsansässigen ist Les bekannt wie ein bunter Hund. "They don’t make them like this any more", sie bauen sie nicht mehr so wie einst, sagt der Herr über Südafrikas vergehendes Freilichtmuseum mit einem Blick über verrostete Wagendächer. Und natürlich hat er recht. In der Sonne schmilzt ein Renault 4CV "Cremeschnittchen" dahin, weiter hinten räkelt sich ein Jaguar MK II in den wärmenden Strahlen. Ein Pontiac Chieftain scheint mit der tief im Gras vergrabenen Nase Witterung aufzunehmen, nebenan hat ein Studebaker Hawk mit gerupfter Karosserie seine letzte Landung hingelegt. Was machen die alle hier? Auf bessere Zeiten hoffen? Les zuckt die Achseln, schaut dabei aber nicht ein Fünkchen ratlos oder gar verlegen aus: Die stehen halt herum. Hätte er sie nicht aufgehoben, ihnen quasi Unterschlupf gewährt auf seinem Areal, das der Größe zweier Fußballfelder entspricht – man hätte sie doch längst verschrottet. Selbst hier, wo niemand das Wort "Abwrackprämie" kennt.

Nicht alles ist Schrott, es gibt auch fahrbereite Klassiker

Wijnland Auto Museum
Jammervoll: völlig poröser VW Bulli T2a.
"Gasoline Head" – das ist nur zu verstehen, wenn man die Familiengeschichte des Sammlers kennt. Denn bereits Onkel und Großvater des jungen Les verdienten ihren Lebensunterhalt mit Autos. Sie importierten DKW nach Südafrika und mit ihnen wohl auch die Auto-Obsession, der Les nachhaltig verfallen ist. So ist er noch heute tagein, tagaus in seinem Overall zu sehen, wie er durch die große Werkstatthalle schreitet, die das Museums-Freigelände mit seinem Wohnzimmer verbindet. Werkstatt, richtig gelesen. Wer es als Auto hier hinein geschafft hat, ist gerettet. Denn neben den unzähligen, restlos verlorenen Gnadenbrötlern auf den Boshoff-Weiden besitzen Vater und Sohn tatsächlich auch noch passable, fahrbereite Klassiker. Vor die Kamera haben wir weder Junior noch Senior bewegen können. Eitelkeit lassen sich die beiden nicht vorwerfen.

Kein Schrottplatz, sondern ein Museum

Wijnland Auto Museum
Sammlerstück für Nostalgiker – aber so unverkäuflich wie alles andere auch.
Also zurück nach draußen, zu den noch schweigsameren und doch viel gesprächigeren Zeugen der Geschichte. Wären es Menschen, wir wären wahrscheinlich neidisch auf ihre exakt im richtigen Farbton gebräunten Körper. So aber wirken die bunt durcheinander gewirbelten Marken, Jahrzehnte und Karosserietypen – hier ein Coupé, dort mehrere Limousinen, Pick-ups, Kombis, ein Feuerwehrfahrzeug – eher wie Patienten. Kaputte Typen, die im Wartezimmer einer Spezialpraxis für Wiedererweckung sitzen. Immer wieder muss man sich dabei bewusst machen: Das hier ist kein Schrottplatz! Nichts von dem, was du siehst, wird in fünf, in zehn Jahren anders aussehen. Unausweichliche Einflüsse einmal ausgenommen. Und damit meinen wir weder das nicht existente Umweltamt noch Les‘ voranschreitendes Alter. Selbst wenn eines Tages sein mit John Wayne sprechender Geist durch das Wijnland Auto Museum streifen wird – mit Sohn Louis ist ein würdiger Erbe vorbestimmt. Bis dahin wird Les noch viel Altmetall gesammelt haben. In der Abendsonne stiefelt er zurück ins Haus – hindurch zwischen zwei Cadillac-Leichenwagen, die sich ihrerseits zur letzten Ruhe begeben haben.

400 Oldtimer und Endzeit-Stimmung

Das Wjnland Auto Museum am Rand von Kapstadt ist immer einen Zwischenstopp wert. Hier herrscht beinahe schon andächtige Ruhe. Nur der Wind streicht durch die Reihen dicht gestapelter Landesgeschichte auf Rädern, zupft hier an einem Fetzen Bezugsstoff, bringt dort eine schräg stehende Chromleiste zum Wimmern. Zwar gibt es auch gepflegte Vorkriegswagen und gut erhaltene Fahrzeuge der 50er- und 60er-Jahre zu bestaunen, doch der wahre Reiz dieses wohl einmaligen "Museums" liegt in dessen Wracks. Die Adresse: Wijnland Auto Museum, 60 Tarentaal Street, Joostenbergvlakte an der N1, Ausfahrt Kraaifontein. Telefon: 0027-21-9884203. Eintritt 50 Rand, werktags geöffnet von 10 bis 16 Uhr.