Über 14 Jahre ließ Peugeot das 504 Coupé von Pininfarina bauen. Unter dem eleganten Blech steckt problemlose Großserientechnik. Einst ausgebremst durch den hohen Preis, gibt es gute Coupés heute für kleines Geld.
Nun soll es ja Menschen geben, die mit dieser französischen Weichheit nichts anfangen können. Und andere, die beim uritalienischen Drang zum Design nur abwinken: zu viel heiße Luft. Sollen sie doch. Zu seinem Glück kann man niemanden zwingen, und das Peugeot 504 Coupé wäre sich sowieso eine Nummer zu fein dafür. Schließlich ist es Karossier Pininfarina meisterhaft gelungen. Die Linien, die Proportionen: Sie sind stimmig und ausgewogen. Sportiv. Und tragen dann in sich doch so viel Spannung, dass dieses Auto bis heute nicht langweilig wirkt – oder gar alt.
Zurück zu alter Größe? $(LC1263217:Vergleich Peugeot 504 und Peugeot 508)$
Ein Aufreger will das 504 Coupé nicht sein. Pininfarina hat ja auch unzählige Ferrari entworfen. Doch sie gehören zu einer anderen Welt, sind viel energischer. Dramatischer. Da gibt sich das 504 Coupé deutlich volksnäher. Sie haben fast alles richtig gemacht bei Peugeot, damals, 1969. Die großen Coupés und Cabriolets mit dem Löwen führen eine gute Tradition nahtlos fort. Nur rund ein halbes Jahr nach dem Debüt der Limousine stehen beide Zweitürer auf dem Genfer Salon. Pininfarina schweißt die Karosserien im Auftrag, zur Endmontage kommen sie ins französische Peugeot-Werk Sochaux. "Schön und sanft" titelt das Fachmagazin "auto motor und sport" nach der ersten Begegnung: Denn etwas träge sei der elegante Franko-Italiener allemal.
In der Tat reichen die Wurzeln des 1,8-Liter-Vierzylinders in die Ära des legendären 404 zurück. Der Motor gilt als sehr robust, nicht umsonst bewegt er halb Afrika. Eine Kugelfischer-Einspritzung verhilft ihm nun zu 97 PS, nicht genug, um Bäume auszureißen. Zudem taugt das Fahrwerk nicht für Kurvenhatz. Warum auch? Viel wichtiger ist, dass es sich im 504 Coupé kommod sitzt. Sogar elektrische Fensterheber sind an Bord, typisch Franzose eben, der zudem eine Menge Platz bietet – ein 2+2 de luxe: Für lange Reisen zu viert taugt er nicht, doch immerhin herrscht hinten keine kriminelle Enge. Eine ziemlich runde Sache sind sie also, die Pininfarina-Versionen des 504. Dass die Kunden dennoch zögern, liegt nicht zuletzt an der Preispolitik der Franzosen: Für das, was der Motor bietet, ist ein 504 Coupé schlicht zu teuer. Beispieljahr 1973: Peugeot zählt nur magere 200 Neuzulassungen in Deutschland. Was tun? Preise senken?
Besser die Leistung steigern: Ab 1975 schiebt der 136 PS starke 2,7-Liter-Euro-V6 das Coupé an. Das Gemisch produziert eine Kombination zweier unterschiedlicher Solex-Vergaser mit der ersten kontaktlosen elektronischen Zündung, die es in Serie gibt. So ein richtig feiner, eleganter Lauf ist nie das Thema des Euro-V6 gewesen. Dennoch habe das Coupé mit ihm "ganz erheblich gewonnen", schreibt ein Tester – denn endlich gibt’s genug Kraft zum Laufen. Außen ändern sich Details: Die Doppelquadrate der Scheinwerfer überdeckt nun ein breites Deckglas, und das Rücklicht hat seinen eleganten Dreistrich verloren. Ab sofort sitzen am Heck ebenfalls große Gläser.
Gelassener Gleiter
Doch der Charakter wandelt sich nicht. Ein Sportwagen ist aus dem 504 nicht geworden: "Zu ausgesprochen forcierter Fahrweise reizt das relativ weich gefederte Auto nicht – zumindest nicht auf kurvenreichen Landstraßen", schreibt Tester Götz Leyrer 1975. Dann doch lieber schnelles Reisen auf der Autobahn. Dazu passen die vier Scheibenbremsen. Komfort-Fans können zudem seit 1971 eine Dreistufenautomatik ordern. In den Mittsiebzigern kommt das 504 Coupé bereits in die Jahre. Nicht außen, Pininfarinas Linie hat bis heute Gültigkeit. Gemäkelt wird nun jedoch über eine antiquierte Sitzposition, das hoch stehende Lenkrad, die unpraktische Bedienung von Scheibenwischer, Blinker, Licht und Hupe. Dieses Fingerballett geht nur Peugeot-Kennern flüssig von der Hand.
Einst bremste der hohe Preis den Erfolg des 504 Coupés aus
Schon 1977 kehrt der Vierzylinder überarbeitet zurück – viel kultivierter. Mit ihm ist das Coupé kaum langsamer als mit dem Euro-V6, der jedoch im Programm bleibt – nun mit K-Jetronic, 144 PS, fünf Gängen und, als letztem Schrei, TRX-Reifen. Ganz klar Oberliga: Das V6 Coupé kostet 34.310 D-Mark. Einen Mercedes 280 CE gibt es günstiger. Schade, zu teuer? Das ist längst Geschichte. Selbst exzellente Coupés dümpeln heute im vierstelligen Bereich herum. Seltsam: Jeder kennt das 504 Coupé, doch kaum einer will es. Vielleicht, weil ihm diese entspannte Form von Reife anhaftet? Weil es in sich selbst ruht? Für halbstarke Heizer taugt der Franzose nicht. Und eitle Geld-Gecken kann er auch nicht glücklich machen. Es ist eben eine Frage der eigenen Haltung. Wer sich in einem 504 Coupé wohlfühlen möchte, der trägt ein simples Polo-Shirt. Aber am besten so lässig, als käme er aus dem Jachthafen. Und nicht vom Campingplatz.
Historie
Mit soliden Limousinen und Kombis errang Peugeot seinen guten Ruf. Erste luxuriöse Cabriolets und Coupés ergänzten schon in den 1930er-Jahren das Programm. In der Nachkriegszeit startete Peugeot 1956 seine elegante Linie dann neu: Der Cabrio-Ableger des 403 stammte (wie der Entwurf der Limousine selbst) von Batista "Pinin" Farina. 1963 folgte ein vornehmes Duo: Peugeot bot als Varianten der 404-Limousine ein Cabriolet und ein Coupé an. Alle drei waren ebenfalls auf Pininfarinas Zeichenbrettern entstanden. Eine Stufe darunter fuhren 204 und 304 als Coupé und Cabriolet. 1969 zeigte Peugeot, nur ein halbes Jahr nach der Limousinen-Präsentation, das Modell 504 als Coupé und Cabrio. Trotz seiner Eleganz schickte Peugeot das Coupé gar auf Rallye-Pisten – mit großem Erfolg in Afrika. Bis 1983 hielten sich die 504-Spielarten tapfer im Modellprogramm. Als ideeller Erbe darf das Peugeot 406 Coupé gelten: von Pininfarina entworfen, von Pininfarina gebaut. Mit ihm ging eine lange Liaison zu Ende – sein Nachfolger, das 407 Coupé, ist ein komplettes Peugeot-Eigengewächs.
Technische Daten
Peugeot 504 Coupé V6
V6, vorn längs • je eine oben liegende Nockenwelle über Kette angetrieben, zwei Ventile pro Zylinder, ein Fallstrom-Einfachvergaser und ein Fallstrom-Doppelvergaser • Hubraum 2664 ccm • Leistung 100 kW (136 PS) bei 5750/min • max. Drehmoment 207 Nm bei 3500/ min • Viergangschaltgetriebe (auf Wunsch Dreistufenautomatik) • Hinterradantrieb • Einzelradaufhängung, vorn Querlenker/Federbeine, hinten Dreieckschräglenker/Schraubenfedern • Länge/Breite/Höhe 4360/1700/1360 mm • Leergewicht 1300 kg • 0–100 km/h in 10,5 s • Spitze 186 km/h • Verbrauch 11,8 l Super/100 km• Neupreis 1976: 27.290 D-Mark.
Plus/Minus
Das Peugeot 504 Coupé, ein großer Wurf: meisterhaft gezeichnet, elegant und würdevoll; ein bequemer, erwachsener Reisewagen für zwei, der zudem in seiner Zuverlässigkeit auf Augenhöhe mit Mercedes liegt. Das alles gibt es heute zu einem äußerst moderaten Preis – den das 504 Coupé in jedem Fall wert ist, wenn die Substanz stimmt. Einen kleinen Punktabzug gibt es für den Innenraum, dem ein Tick mehr Hochwertigkeit und Luxus – zum Beispiel an Oberflächen, im Finish – gut gestanden hätte. Großes Thema ist, wie nicht anders zu erwarten, der Rost: Viele Exemplare leiden unter nachlässig reparierten Schäden. Die Technik dagegen gilt als solide, allerdings sollte man die Zylinderkopfdichtungen im Auge behalten. Sie brennen überdurchschnittlich oft durch.
Ersatzteile
Dank der engen Verwandtschaft zu den Limousinen-Modellen 504 und 604 lösen Technik-Teile meist keine allzu lange Suche aus. Eine Ausnahme ist die „Schlumberger Alltronic“, die kontaktlose elektronische Zündung. Auch bei den Fünfganggetrieben kann es eng werden, teuer sind zudem die Auspuffanlagen der V6-Version. Deutlich problematischer ist die Lage beim Blech: Hier muss man oft lange stöbern – und viel zahlen. Schweller werden beinahe in Gold aufgewogen, eine Tür kostet um 1200 Euro, ein Kotflügel um 700 Euro, ein Seitenteil um 1000 Euro.
Marktlage
Es mag sein, dass die 504 Cabrios präsenter scheinen als die Coupé-Version – doch die Zahlen sprechen eine ganz andere Sprache: Peugeot verkaufte zwischen 1969 und 1983 nur 8188 Cabriolets, dagegen 26.547 Coupés (davon 5929 V6). Der Markt kennt nicht allzu viel Bewegung, Angebot und Nachfrage sind in Deutschland sehr begrenzt. Wer auf der Suche nach einem rostfreien Exemplar ist, hat im Süden Frankreichs größere Chancen auf Erfolg. Allerdings stehen schöne 504 Coupés auch an der Côte d’Azur längst nicht mehr bei jedem zweiten lokalen Peugeot-Händler auf dem Hinterhof.
Empfehlung
Die richtige Wahl des Baujahres ist nicht einfach: Die optisch reizvollen frühen Modelle sind träge, die erste V6-Version mit Vergasern durstig – besser ist hier die K-Jetronic-Ausführung (ab 1978). Im Betrieb preiswerter ist die zweite Vierzylinder-Ausführung (ebenfalls ab 1978). Ob einem die opulenten Stoßstangen (ab 1979) gefallen – Geschmacksache. Sicher ist: "Ein gutes Auto ist der deutlich bessere Kauf", rät Peugeot-504-Experte Ludwig Biewen aus Saarburg: "Rost kann enorm teuer werden."