Als Simon Templar zum ersten Mal im Volvo P1800 über westdeutsche Mattscheiben kurvt, ist Fernsehen auf teuren Röh­rengeräten noch ein familiäres Ereignis. Damals gibt es drei Programme, und was dort zu sehen ist, prägt das Bild von der Welt. Als da wären: Roger Moore alias Simon Templar als Frauenschwarm und moder­ner Robin Hood. Später folgt Columbo, dessen Peugeot 403 Cabrio zu ihm passt wie der zerknitterte Mantel. In den 80ern, als das laute Privatfern­sehen kommt, müssen Charaktere und Autos auffälliger werden. In "Miami Vice" fährt Sonny Crockett eine Art Ferrari Ca­brio. K.I.T.T. in "Knight Rider" ist hel­denhafter als sein Fahrer Michael Knight. Und ein weißes Golf Cabrio macht Sascha Hehn noch sascha-hehniger, als es ohnehin schon ist. Hier kommen automobile TV-Helden!

Volvo P1800: Der heilige Volvo

Volvo P1800
Volvo P1800: Roger Moores Filmauto aus der Serie "The Saint" vor dem "The George Hotel" in Bewdley.
Bild: Richard Newton
Das Filmset sieht aus wie ein englischer Pub aus den 60ern, und der smar­te Typ im dunklen Anzug sieht aus wie Roger Moore. Und ist es auch. Vor seiner Zeit als Bond spielte Moore den halbwegs geläuterten Krimi­nellen Simon Templar, genannt "The Saint", der Heilige. Und der fährt einen Volvo P1800, das Fotoauto. Das flache Coupé mit den Heckflossen war Moores Wahl als automobiler Wegbegleiter. Von 1962 bis 1969 bleibt der schneeweiße P1800, in insgesamt vier Exemplaren zum Drehen das unverwechselbare, bereif­te Erkennungszeichen von "The Saint". Einfach nur als Gentleman’s Coupé.

Acht Jahre lang restauriert

Das Fotoauto verkauft Roger Moore 1965, dann verliert sich dessen Spur. Zufällig entdeckt Kevin Price, Ingenieur und Begründer des Volvo Enthu­siasts Club den originalen Dienstwagen von "The Saint" und rettet ihn. "Jemand gab mir den Tipp mit dieser walisischen Farm", erzählt Kevin. "Und dort, eingewachsen in einer Hecke, stand tatsächlich Roger Moores Volvo P1800!" Durch das Kennzeichen war der Wagen leicht zu identifizieren. "Das hatte Rostlöcher, wohin du schautest. Rot übergemalt, der Motor in Einzelteilen auf dem Rücksitz, das Getrie­be im Kofferraum, das Interieur verrottet." Jeden anderen P1800 hätte man auf einem Elch-Friedhof begraben. Diesen nicht. Acht Jahre dauerte die Restaurierung. Die Innensei­te der Heckklappe haben viele Mitwirken­de der Fernsehserie signiert. Roger Moore schickte ein Foto von sich samt Widmung.

Peugeot 403 Cabriolet: Der treue Peugeot

Peugeot 403 Cabriolet
Peugeot 403 Cabriolet: Mehr als 30 Jahre ermittelte Inspektor Columbo mithilfe dieses Autos.
Bild: Götz von Sternenfels
Columbo ermittelte von Los Ange­les aus, meist in besseren Kreisen, wo die reichen Mörder gerne neue, große Mercedes, BMW oder auch Rolls-Royce fahren. Und dann schep­perte Columbo an, in seinem alten Peugeot 403 Cabriolet, das an eine stark gebrauchte Plastiktüte erinnerte.
In mindestens zwei verschiedenen Wagen dreht Co­lumbo über die immerhin 35 Jahre, in denen die Serie gefilmt wurde. Anfangs, so heißt es, habe sich Peter Falk dem Thema Auto widerwillig genähert. Doch dann stieß er auf dem Gelände der Universal Studios auf ein 1959 gebautes Peugeot 403 Cabrio – über zehn Jahre alt, völlig verbraucht, bereits ohne Motor und nur deswegen so besonders, weil in den USA niemand solch ein Auto kannte.

Unaufdringliche Eleganz

Ein Peugeot galt seinerzeit als französischer Merce­des, von haltbar und solide. Ein 403 fuhr mit dem im Cabrio stets 58 PS starken und 1,5 Liter großen Vierzylin­der zwar nie schnell, doch sicher ans Ziel. Dass sie ihn gerade in Afrika so liebten, beweist es. Außen prägte den 403 seine Unaufdringlichkeit. Pininfarina zeichnete die Form von Limou­sine und Cabrio. Sie zeigt, dass Eleganz keine schmachtenden Linien, keinen formalen Schmelz benötigt. So gelang eine stim­mige, unaufgeregte Balance der Proportionen. Peter Falk alias Columbo pfiff darauf, ihm ging es nicht um Frank­reich, nicht um Schönheit, nicht um Pininfarina. Er pflegte ihn nie, blieb schusselig hier und dort hängen, fuhr auf andere auf. Aber er mochte ihn sehr – und rettete ihn über die Zeit.

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Citroën SM
Citroën SM
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Klassiker mit Problem-Image: Sieben zähmbare Zicken

Pontiac Trans Am "K.I.T.T.": Der vorlaute Pontiac

Pontiac Trans AM
Knight Rider: Zwischen 1982 und 1986 enstanden 90 Episoden vom sprechenden Wunderauto.
Bild: Roman Raetzke
"Er kommt. Knight Rider. Ein Auto, ein Computer, ein Mann." Diese Ankün­digung genügte 1982, um Millionen an die Mattscheibe zu fesseln und den neuen Privatsender RTLplus bundesweit bekannt zu machen. Die Zuschauer sahen, wie irgendwo in der Wüste Kaliforniens in der Dämmerung ein schwarzer Pontiac Trans Am auf sie zuhält. Am Steuerhorn aus einem Gull­wing-Flugzeug: David Hasselhoff als Mi­chael Knight von der "Foundation für Recht und Verfassung". Seine Mission: Ein Mann und sein Auto kämpfen gegen das Un­recht. Kämpfen? Ein Auto? Es passt Anfang der 80er zur allgemeinen Technikgläubig­keit, einem Haufen Blech die Fähigkeiten eines Lebewesens anzudichten. Heute ist ein Teil von dem, was die Fernsehmacher ihrem Wunder­auto K.I.T.T. ("Knight Industries Two Thousand") an fiktiven Talenten mitga­ben, Realität geworden.

Fiktive Talente wurden Realität

Der Vorläufer des einstellbaren Motor­sounds funktionierte bei "Knight Rider" noch andersherum, hieß "silent mode" und machte die bollrige Krawall-Kiste leise wie ein E-Mobil. Adaptiver Tempomat und Lenkungsas­sistent waren im Programm "Auto Cruise" kombiniert. Das Highlight war jedoch die künstliche Intelligenz, mit der K.I.T.T. noch heute jeden Bordcomputer mit Sprachsteuerung alt aussehen lässt. Statt reiner Befehls­empfänger zu sein, setzte er auf Dialog, dachte und fühlte mit. Eine Molekularversiege­lung machte K.I.T.T. unzerstörbar, und der "Super Pursuit Mode" katapultierte ihn notfalls auf über 480 km/h. In der Realität holten selbst die frühen Topmodel­le namens Trans Am aus ihrem Fünfliter-V8 gerade mal 165 PS: Firebird fahren blieb immer mehr Schein als Sein. Dennoch haben die Produzenten mit ihrer Fahrzeugwahl ins Schwarze getrof­fen. Das Coupé könnte mit seinem kantig-reduzierten Design und den Schlafaugen- Schweinwerfern kaum zeitgeistiger sein. Schlichtes Schwarz ist die perfekte Bühne für die Technikfantasien einer ganzen Generation.

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VW Golf Cabrio Quartett: Der schnöselige Golf

VW Golf Cabrio Quartett
Golf Cabrio Quartett: In der "Schwarzwaldklinik" spielte dieser arztkittelweiße VW eine Hauptrolle.
Bild: Sven Krieger
Udo Brinkmann (alias Sascha Hehn) fährt in der TV-Serie "Schwarzwaldklinik“ einen Arzt­kittel auf Rädern: ein Golf Cabrio, Sonder­modell "weiß". Die Türen öffnet der Frauenschwarm selten. An Frontscheibenrahmen und Überrollbügel festhalten, sich sportlich-elegant hineinschwingen und die Sneaker mit den weißen Tennissocken in den Fuß­raum rutschen lassen – das ist viel cooler und wird zum Running Gag. Die 72 PS im Golf mögen für die Kamera ausgereicht haben. Die Realität ist aber dann doch nicht ganz so schwungvoll wie Sascha Hehn.

Schnell ist anders

Die serienmäßigen Sportsitze sind bequem und straff, ihre Bezüge haben aber nur dekorative Funktion. Und weil es angesichts der langen Schaltwege im Käfer-Stil nichts nützt, wenn man den dritten Gang zwar präzise, aber erst jenseits der Reichweite des rechten Arms antrifft, muss man sich oft nach vorne beugen. Sein maximales Drehmoment erreicht der Motor schon bei 2500 U/min. Wirklich elastisch wirkt der sterile Vierzylinder aber trotzdem nicht. Außerdem ist bei 140 km/h Schluss. Doch während das Fahrvergnügen vor allem darin liegt, die richtige Drehzahl zur gewünschten Entspannung zu finden, will bei offenem Verdeck sowieso niemand so schnell kurven.

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McBurnie: Der falsche Ferrari Daytona

McBurnie Ferrari Replik
McBurnie: Weil der Sportwagen auf Corvette-Technik basiert, ist er solide und in Maßen alltagstauglich.
Bild: Martin Meiners
Man muss nicht drumherum reden: Dieses Auto funktioniert ausschließ­lich über die Fernsehserie "Miami Vice". Drogenfahnder Sonny Crockett (Don Johnson) trug darin Sakkos mit hoch­gekrempelten Ärmeln und wohnte mit dem Alligator Elvis auf einem Segel­boot. Er fuhr in der Biscayne Bay Powerboat und auf der Collins Avenue Ferrari, jedenfalls fast. Crockett hat es nie thematisiert, sondern immer von seinem "Ferrari" gespro­chen. Aber er fuhr nie einen 365 GTS/4 Daytona Spider, sondern eine Replica der Karosseriebaufirma McBurnie. Die hatte nur Blinker, Stoßstangen und Türgriffe aus dem Ferrari-Regal genommen und ansonsten GFK-Karosserien in Daytona-Optik über alte Corvette der 70er-Jahre-Baureihe C3 gestülpt.

Ideal zum Cruisen

Der Ferrari-Ferrari ist mit sei­nem schweren Zwölfzylinder auf der Vor­derachse ein Gran Turismo für schnelle Strecken. Bei nieder­tourigem Herumgejuckel wirkt er laut und eckig. Die Lenkung ist unsportlich. Cruisen kann nur dieser Corvette-Ferrari, das muss jetzt nicht einmal hei­ßen, dass er langsam ist. Kick­down ist möglich, und wenn die Automatik den Zweiten eingelegt hat, kommt der Wagen auch schnell genug auf Touren, um eine Ver­folgungsjagd mit Anstand zu absolvie­ren. Ab 110 km/h macht sich allerdings die Fahrwerktechnik aus dem Land der begrenzten Geschwindigkeiten mit Blattfedern hinten bemerkbar. Auch die Bremsen sind nicht für Raserei gemacht. Dreiecksfenster an den Tü­ren gibt es auch keine; bei herunter­gelassenem Fenster zieht es kräftig. Kurz: Dieser Ferrari fühlt sich nicht nach Ferrari an. Das ist der Witz: Sonny Crockett hat im kollektiven Gedächtnis die Fälschung über das Original erho­ben. Sie ist heute originaler, als es das Original je sein könnte.