Karosseriebauer Deutsch
—Aufschnitt für Feinschmecker
Exklusive deutsche Karosseriebauer: Hebmüller, Rometsch, Deutsch, Autenrieth. Wo sind sie geblieben, die deutschen Nobelkarossiers? Eine Geschichte über vergangene Karosserie-Kunst aus Deutschland. Teil 3: Karl Deutsch GmbH.
Keine Frage: Die Karl Deutsch GmbH zählte zusammen mit Hebmüller in den 30er-Jahren zu den Großen der Branche. Die Keimzelle, sozusagen, war die J. W. Utermöhle GmbH: "Das war ein Kutschenbauer mit Betrieben in Köln und Berlin, der ab 1901 Horch-Automobile einkleidete – ein Pionier im Karosseriebau! Betriebsleiter in Köln war mein Großvater, der technische Kaufmann Karl Deutsch, der 1913 Utermöhle übernahm und als Westdeutsches Karosseriewerk weiterführte. 1916 gründete er die Karl Deutsch GmbH in Köln-Braunsfeld", erzählt der heute 60-jährige Heribert Deutsch, der als junger Mann die Entwicklung des Familienbetriebs hautnah miterlebte. Sich ausgerechnet im Kriegsjahr 1916 als Karosseriebauer selbstständig zu machen, das klingt nicht nach einer cleveren Idee. Aber die Karl Deutsch GmbH baut Anhänger fürs Militär und kommt so heil über die Runden.
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Richtig bergauf geht es ab 1927, als Citroën ein Montagewerk in Köln-Poll eröffnet und mit Karl Deutsch ins Geschäft kommt. Das bietet sich an, seine Firma liegt praktisch um die Ecke. Rund 1000 Fahrgestelle des B14 liefert Citroën, sie verlassen die Deutsch-Werkstätten als Taxis, Lieferwagen und Cabriolets. Hut ab! Und das ist künftig wörtlich zu nehmen, denn Deutsch macht sich speziell mit offenen Autos einen Namen. Bald arbeitet er für Ford, auch das liegt nahe; denn die US-Marke verlagert ihre deutsche Produktionsstätte 1930 von Berlin nach Köln. Wieder hat es Karl Deutsch nicht weit, und wieder profitiert er davon: Bereits 1932 erscheint der erste Ford mit Deutsch-Karosserie, ein offenes Modell B, das nach dem Willen der braunen Machthaber ab August 1933 Ford Rheinland heißt und offiziell zum "Deutschen Erzeugnis" erklärt wird.
Selbsttragende Karosserien erschweren die Cabrio-Umrüstung
Rasch wächst die Karl Deutsch GmbH zum Haus-und-Hof-Lieferanten für Cabrios, die im Ford-Programm geführt und bei jedem Vertragshändler bestellt werden können. Nach 1945 gelingt es Deutsch, die alten Verbindungen zu Ford zu beleben und mit attraktiven Offen-Versionen der Taunus-Modelle zu glänzen. Etwas allerdings hat sich verändert: Immer mehr Autos setzen auf selbsttragende Karosserien ohne separates Fahrgestell – was den gekonnten Aufschnitt kompliziert und teuer macht.
Da ändert es wenig, dass Karosserie-Profi Johannes Beeskow (er arbeitet 1949/50 und von 1953 bis 1956 in Köln-Braunsfeld) als Werksleiter anheuert: Die Stückzahlen sacken dramatisch ab. Also geht die Karl Deutsch GmbH fremd, fertigt ab 1955 Cabrios auf Basis von Borgward Isabella und Isabella Coupé (alles in allem sollen es rund 1000 gewesen sein) und lässt sich sogar mit Opel ein. Alles vergebens: Als sich das 1969 gezeigte und für Crayford in England gebaute Ford Capri Cabrio längst nicht wie gewünscht verkauft und ein fettes Spaniengeschäft angeblich am Veto des Staatschefs Franco scheitert, schließt die Karl Deutsch GmbH 1972 ihre Tore. Enkel Heribert pflegt heute das Andenken an die großväterliche Firma, aber keinen der Klassiker, die bei Deutsch das Dach verloren.
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