Der Barkas B 1000 ist ein bescheidener Held. Mit seinem sanften, turbinenhaften Motorklang, dem freundlichen Gesicht, den gemütlichen Rundungen und der Silhouette sieht er ein bisschen aus wie ein fleißiger Hamster, der eilig zum nächsten Weizenspeicher strebt. Fleißig, o ja, das war der Barkas B 1000 – es ging auch nicht anders, denn er war der einzige Eintonner der späten DDR. Doch er hatte zu kämpfen, nicht nur mit seiner Beladung. Problem Nr. 1: Erich Honecker.
Barkas B 1000  (1961 -1972)
Der Kleinbus KB zählt zu den Grundformen. Daneben gab es: Kombi KO, Krankenwagen KK, Pritschenwagen HP und Fahrgestell mit Kabine (FR).
Bild: Harald Almonat

Keine Traktionsprobleme beim Barkas dank Frontantrieb

Honecker trat an als der junge Wilde, der den verstaubten Mauerbauer Ulbricht gestürzt hatte – er war der Erneuerer. Dumm nur, dass er kaum was erneuerte, im Gegenteil: Er erstickte allen Fortschritt in der DDR. Auch der Barkas hätte eine Ablösung gebraucht. 1961, als er sich vorstellte, war er auf der Höhe der Zeit: Niederrahmen-Fahrgestell, mittragende Karosserie, Einzelradaufhängung rundum, Frontlenkerkabine und Frontantrieb – besonders der löste elegant das Problem des wechselnden Ladezustands. Mal lasten nämlich null Kilo auf der Hinterachse, mal eine Tonne – unbeladene Bullis hatten daher gerne mal erstaunlich wenig Traktion. Dem Fronttriebler B 1000 verhalf das Gewicht von Motor und Getriebe zu ausreichend Grip. Der frühe Barkas hatte mehr PS als der T1-Bulli (und kam ohne dessen lästigen Motorkasten im Heck aus), sein Wartburg-Dreizylinder war mit einem Schwerlast-Getriebe gekoppelt, und die Räder hingen einzeln an Drehstabfedern. Mehr zum Thema "Ost-Bulli": Der Barkas B 1000 von Andreas Gärtner
Barkas B 1000  (1961 -1972)
Weitere Ableitungen des Barkas: der Hochkombi SMH,
die Feuerwehr-Drehleiter FR/DL, ein Wohnmobil und der gruselige Gefangenentransporter FR/GTW.
Bild: Harald Almonat

SED-Zentralkomitee verhinderte den Nachfolger Barkas B 1100

Es gab einen Nachfolger, aber kaum jemand erinnert sich an ihn. Denn das Projekt wurde beendet, bevor er eine Bewährungschance gehabt hätte. Name: Barkas B 1100, genauso durchdacht, ein bisschen nüchterner anzusehen, dafür noch vielseitiger. Und er viertaktete, weshalb er auch im nichtsozialistischen Ausland Chancen gehabt hätte. Drei Prototypen waren in der Erprobung, dann verfügte 1972 das allmächtige Zentralkomitee (ZK) seinen Tod – kommentarlos wie immer. Der Nachfolger verschwand. Jahre später wagten Wartburg- Ingenieure den Versuch, aus ihrem Zwei- einen Viertakter zu machen. Das gelang, 1984 war der Motor produktionsreif, er hätte perfekt in den Barkas-Motorraum gepasst und auch dem Wartburg geholfen – aber Honecker ließ auch ihn töten.
Barkas B 1000  (1961 -1972)
So viel Luxus bot nicht jeder Barkas-Bus. Dieser war das VIP-Shuttle des Thüringer SED-Organs "Volkswacht".
Bild: Harald Almonat

Gegen den VW T4 hatte der Barkas B 1000-1 keine Chance

Aber warum? Das kann Carl Hahn erklären, ab 1982 VW-Chef und auf der Suche nach neuen Märkten. Ah, die DDR! Hahn ließ nachfragen, und siehe da, das ZK zeigte sich zugänglich und verfügte 1984 den Einbau von VW-Motoren in DDR-Autos. VW duldete aber keine Konkurrenz, deshalb musste der Eisenacher Dreizylinder verschwinden. Doch das mit der VW-Maschine war nicht so einfach. Ein großes Murksen hob an, denn Ost und West mochten sich nicht zusammenfügen. Die Operation dauerte volle vier Jahre – und half trotzdem nichts. Denn 1990 stand unser fleißiger Hamster ziemlich bedröppelt da. Zwar konnte er jetzt viertaktend rennen – aber neben ihm strahlte der neue VW T4, der war vierzig Jahre jünger und ohne Lieferzeit erhältlich. Honecker brütete entmachtet im Militärhospital Beelitz, in Frankenberg montierten die Barkas-Werker ihre Transporter und studierten in der Mittagspause fieberhaft Kleinanzeigen für gebrauchte Westautos. Der darin enthaltene Widersinn ging ihnen zu spät auf. Am 10. April 1991 war Schluss mit Barkas – nicht mehr zu verkaufen. Ein paar Jahre später kehrte die Besinnung zurück, IFA-Freunde fanden zusammen und entdeckten ihre Wertschätzung auch für den fleißigen Hamster.

Barkas B 1000. technische Daten und Historie

Technische Daten Barkas B 1000

Motor: Dreizylinder-Zweitaktmotor AWE 353/1, Wasserkühlung • ein BVF-Flachstromvergaser • Bohrung x Hub 73,5 x 78 mm • Hubraum 992 cm³ • Verdichtung 7,5:1 • Gemisch 1:50 • 34 kW (46 PS) bei 3500/min • max. Drehmoment 103 Nm bei 2500/min
Antrieb/Fahrwerk: Einscheiben-Trockenkupplung • Vierganggetriebe mit sperrbarem Freilauf • Frontantrieb • Mittelkastenrahmen, mittragende Karosserie • Einzelradaufhängung an Schräglenkern und Drehstäben • Trommelbremsen • Reifen 6.70-13
Maße: Radstand 2400 mm • L/B/H 4595/2124/1910 mm • Leergewicht 1240 kg, Nutzlast 1000 kg
Fahrleistungen/Verbrauch: Spitze 100 km/h, 0–100 km/h 32 s • Verbrauch 12 l/100 km •
Neupreis: 18.310 DDR-Mark (1970).

Die Historie des Barkas B 1000

Am Anfang dieser Geschichte steht DKW-Genius Jørgen Skafte Rasmussen, der 1923 in Frankenberg/Sachsen ein Werk für Motorrad-Zubehör gründete. Daraus entstand 1924 ein Transport-Dreirad, aus dem sich 1926 die Marke Framo mit eigenständigen Transporter-Konstruktionen entwickelte. Den Weg zum Barkas schlug 1940 der Vierrad-Kleinlaster Framo V 500 ein, ab 1951 mit Dreizylinder als V 901 erhältlich.
1958 nannte man Hersteller und Produkt in Barkas um, und im Sommer 1961 stand der B 1000 bereit. Damit endet eigentlich die Historie, denn fortan gab es Myriaden von Entwicklungen, aber immer nur in Details. Der Nachfolger B 1100 wurde 1972 gestoppt, und der Barkas wechselte in dasselbe Schattenreich des ewig verlängerten Lebens wie Trabant, Wartburg und andere. Daran änderte auch der Gewaltakt nichts, mit dem er einen VW-Motor transplantiert bekam.
Der erste Viertakt-B 1000-1 stand 1989 auf der Leipziger Messe, aber spätestens mit der Währungsunion 1990 hatte er keine Chance mehr gegen West-Transporter. Das Ende des Barkas kam im April 1991 nach 178.839 Stück.

Welche Stärken, welche Schwächen hat der Barkas B 1000?

Eine Tonne Zuladung, 6,4 Kubikmeter Laderaum, niedrige Ladekante, Frontantrieb, Drehstabfederung – diese Vorzüge kannten DDR-Praktiker schon vor 50 Jahren. Heute sind schöne Oldtimer-Eigenschaften hinzugekommen: intakte Ersatzteilversorgung, große Auswahl in allen Zuständen, vertretbare Preise und nicht zuletzt eine freundliche IFA-Szene, die sich natürlich auch um den Barkas kümmert. Wie stets empfiehlt sich die Suche über einen Club: Die IFA-Szene ist regional organisiert, man suche also den nächstgelegenen oder sympathischsten Club. Einziges mögliches Minus für Wessis: der Zweitaktmotor. Doch ob Zweitakt wirklich das schwächere System ist, darüber ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Sagen Zweitakt-Anhänger.

So steht es um die Ersatzteile

Hier haben wir einen der größten Vorzüge des Barkas: Er ist prima versorgt. Eine Handvoll Spezialisten hält fast alle Teile bereit, viele davon sogar aus Originalproduktion. Es gibt sogar hier und dort noch neuwertige Karosseriebleche, ein Umstand, den man beileibe nicht bei vielen Marken antrifft. Die Technik ist auch gut erhältlich, der Motor samt Peripherie entspricht im Wesentlichen dem des Wartburg 353. Das Getriebe nicht, aber das lässt sich problemlos regenerieren. Und natürlich haben IFA-Freunde immer allerlei rumliegen.

Nützliches für Oldtimer-Fans

Ausgewählte Produkte in tabellarischer Übersicht
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Wie sieht die Marktlage aus?

Ordentlich – doch es kommt drauf an, was man sucht. Im Prinzip ist jeder Traum-Barkas verfügbar, ob es nun ein Polizeiauto ist oder ein Bestattungswagen. Man muss dann halt länger suchen und eventuell restaurieren. Überraschend viele Barkas haben in gutem Zustand überlebt, der Kontakt zu Enthusiasten kann die Suche erheblich erleichtern.
Barkas B 1000  (1961 -1972)
Die Luxus-Bestuhlung kam vom Fahrzeugbauer Fleischer in Gera, Innenverkleidung nebst Gardinen fertigten die Werktätigen der "Volkswacht" selbst an.
Bild: Harald Almonat

Diese Barkas-Varianten sind zu empfehlen

Für maximalen Nutzwert: ein Kleinbus KB oder der halb verglaste Mehrzweckwagen KM. Die sind allerdings auch die begehrtesten Varianten und stehen deshalb nicht so oft zum Verkauf. Denselben Nutzwert mit echtem Kleinlaster-Flair bietet der Pritschenwagen HP, am besten natürlich mit Plane und Spriegel. Der Viertakter B 1000-1 hat 58 PS, was unter Umständen hilfreich sein kann – er ist aber selten.

Von

Lukas Hambrecht